Mein Boss, die Memme
sehr angenehm. Wenn wir für einen Kundentermin eine Präsentation anfertigen, hat er zu Recht immer das letzte Wort. Da vertrauen wir ihm voll und ganz. Mischt sich aber doch mal der Inhaber ein und lässt sich die Präsentation vorstellen, nur um sie mit Gebrüll in der Luft zu zerreiÃen, hören wir von unserem Chef, der sie vorher freigegeben hatte, kein Sterbenswörtchen. Er überlässt es seinem Mitarbeiter, seine Ideen zu verteidigen. In solchen Momenten fühlt man sich einfach nur allein gelassen.
Der traurige Höhepunkt des Sklaventheaters war unsere Weihnachtsfeier. Wir genossen unseren gemeinsamen TeamÂabend, um dann umso erstaunter festzustellen, dass wir am Ende alles selbst bezahlen mussten. Warum? Weil unser Boss Angst hatte, die Rechnung einzureichen. Obwohl die meisten anderen Teamleiter genau das taten.
In unserem Team sind wir uns einig: Unser Chef fühlt sich dem Inhaber, mit dem er selbst immer in regem Kontakt steht, mehr verpflichtet als uns, seinen Mitarbeitern. Vor lauter Ehrfurcht traut er sich nicht, ihm auch mal Contra zu geben und eine eigene Haltung zu entwickeln. Damit ist er für uns aber eines nicht: ein Geschäftsführer, den wir respektieren können. Er ist so abhängig von der Gunst des Inhabers, dass er sich vor Angst in die Hosen macht, etwas könnte ganz oben nicht auf Wohlgefallen stoÃen. «
Kathrin F., Projektleiterin
Was für eine Memme, oder?
Ein Team steht und fällt mit seinem Chef.
Ob wir als Team eine Identität besitzen, uns gemeinsam stark fühlen und selbstbewusst auftreten, hängt nicht zuletzt von der Statur unseres Chefs ab.
Ein Chef, der unsicher auftritt, weil er nicht weiÃ, was er darf oder nicht, der aus Angst vor seinen eigenen Vorgesetzten glaubt, Entscheidungen nicht selbst treffen zu können, der verunsichert seine Mitarbeiter und schwächt mit seinem Verhalten das ganze Team. Gut für das Geschäft? Ganz und gar nicht. Aber soweit denkt die Memme nicht. Ihr eigener Postenerhalt geht vor.
Mitarbeiter brauchen keinen perfekten Chef. Sie sind bereit, so manches Scheitern ihrer Vorgesetzten zu akzeptieren. Etwa, wenn sich seine Entscheidung im Nachhinein mal als die falsche entpuppt. Sie haben Verständnis für einen Rückzieher, wenn sich eine Idee aufgrund zu groÃer interner oder äuÃerer Widerstände nicht so umsetzen lässt. Sie akzeptieren selbst die gröÃten Macken an ihrem Boss, wenn sie wissen, dass er oder sie im Ernstfall die Hand für sie ins Feuer legt.
Was Mitarbeiter von einer Führungskraft aber auf jeden Fall erwarten, ist ein bestimmtes Maà an selbstbewusster Eigenständigkeit â selbst, wenn er oder sie über sich eine ganze Reihe von weiteren Bossen sitzen hat.
Führungskräfte fühlen sich oft wie der Käse in einem Sandwich â von oben drückt die Chefetage, von unten die Mitarbeiter. Gegenüber beiden Parteien gilt es Position zu beziehen und wahrhaftig aufzutreten.
Das ist ein Balanceakt der besonderen Art.
Im Idealfall vertritt der Manager seine Mitarbeiter mutig nach oben. Legt sich für sie ins Zeug. Verteidigt ihre Ideen und Anliegen. Nicht bis zum bitteren Ende, aber doch in einem solchen MaÃ, dass er in der Diskussion mit seinem Boss auch mal Federn lässt. Aus Respekt auch vor seinen MitÂarbeitern, die letztlich die Entscheidungen der Führung ausbaden müssen.
Seinen Mitarbeitern wiederum muss die Führungskraft im Auftrag ihres eigenen Chefs schlechte Botschaften überbringen. Das bedeutet aber nicht, dass sie gegenüber ihrem Team die eigene, kritische Meinung verschweigen sollte.
Damit wir eine Führungskraft akzeptieren, muss sie eine grundlegende Bedingung erfüllen: Unser Chef muss ehrlich und authentisch handeln. Nur dann wirkt er oder sie wahrhaftig und glaubhaft. Als eine unabhängige, wiedererkennbare Persönlichkeit, ausgestattet mit Ecken und Kanten, an denen sich die Mitarbeiter, aber auch die Führungsetage reiben können. Führungskräfte aber, deren unangepasster Widerstandswille im täglichen Konkurrenzkampf und dem Druck der hierarchischen Mühlsteine glatt gerieben wurde, bringen irgendwann nicht mehr die Kraft auf, sich den notwendigen Freiraum zu erkämpfen, den sie und ihre Mitarbeiter brauchen. Bei ihnen hat das Memmen-Biotop ganze Arbeit geleistet.
Chefs sind auch nur Angestellte
Führungskräfte im unteren und mittleren
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