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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick D. Cowden
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das berühmt ist für eine kreative Arbeitsatmosphäre und selbstbestimmtes Arbeiten. Als ich anfing, war ich bis in die Haarspitzen motiviert.
    Ich dachte mir nicht viel dabei, als ich am ersten Arbeitstag erfuhr, dass kurz zuvor in meiner Abteilung die Hälfte der Leute gekündigt hatte und meine eigentliche Chefin gerade dabei war sich zu verabschieden. Neue Leute kamen und die eine verbleibende Mitarbeiterin übernahm die Aufgabe, unsere Jobs zu koordinieren. Zugleich war sie auch für meine Einarbeitung zuständig, da ich ihren Aufgabenbereich übernahm. Die eigent­liche Leiterin unseres Bereichs, die zugleich weitere Teams an anderen Standorten in Deutschland führte, begrüßte mich sehr freundlich. Wenn ich Fragen habe, solle ich mich melden. Dann war sie auch schon wieder weg. Termine, Termine. Geht ja emsig zu hier, dachte ich mir. Sah nach einem guten Karriere-Sprungbrett aus, wie erhofft.
    Mit der Welle, die mich dann überrollte, hatte ich nie und nimmer gerechnet. Bereits nach einer Woche fluteten täglich bis zu 200 E-Mails meinen Firmen-Account. Ich konnte nicht einmal meine To-do-Liste so schnell aktualisieren, wie die An­fragen reinkamen. Anfragen aus anderen Abteilungen, die Informationen oder meinen Rat brauchten. Dazu gab es meine Zielvorgaben von der Abteilungsleiterin, die einzig und allein aus Zahlen bestanden. Ab der zweiten Woche blieb ich fast jeden Tag bis 23 Uhr. Ich schrieb es meiner Unerfahrenheit zu. Sobald ich den Dreh raus hätte, ginge mir alles besser von der Hand, so meine Vermutung. Aber denkste. Es wurde einfach immer nur mehr.
    Als ich meine Vorgängerin und neu eingesetzte Job-Koordinatorin fragte, was ich besser machen könne, gab sie mir Tipps. Auf die Frage, ob denn Überstunden die Regel seien, sah sie mich überrascht an. Was ich denn erwartet hätte? Das gehöre hier eben dazu. Ich wunderte mich, schließlich hatte ich den Eindruck, dass in allen anderen Abteilungen die Lichter längst aus waren, wenn wir das Gebäude verließen. Was waren wir denn, der Bereitschaftsdienst? Waren für meine Abteilung die Unternehmenswerte ausgesetzt worden, ohne dass man mir das gesagt hätte?
    Als man mir riet, Prioritäten zu setzen, tat ich das. Aber in der Folge wurde der noch zu erledigende Berg einfach immer höher. Als einmal innerhalb weniger Minuten 30 E-Mails mit arbeitsintensiven Anfragen eingingen, hatte ich das Gefühl, um meinen Hals zöge sich eine Schlinge zu. Ich merkte, wie ich nach Luft rang. Eine Panikattacke. Es war der negative Höhepunkt, nachdem ich sowieso schon wochenlang kaum geschlafen hatte. Wenn das die viel gerühmte Arbeitsatmosphäre war, dann musste ich etwas falsch verstanden haben. Das hier war kein Karrieresprungbrett. Das war eine Trainingsanstalt für Workaholics.
    Daraufhin vereinbarte ich ein Treffen mit meiner Bereichsleiterin. Ich sagte ihr, dass es so nicht weitergehen könne. Ich sähe kein Land mehr. Sie meinte nur, vielleicht würde es irgendwann besser werden. Jetzt müsse ich da jedenfalls erst einmal durch. Andernfalls … Sie sprach nicht weiter, aber ich verstand. Ich war am Boden. Gleichzeitig wuchs der Widerstand in mir: Das konnte es doch nicht sein – innerlich ausgebrannt, nur Monate nach dem Studium?
    Auch die anderen Neuen in meinem Team stöhnten. Kollegen aus anderen Abteilungen und Standorten dagegen berichteten mir begeistert, wie entspannt und zugleich aufregend ihre Arbeit sei. Als sie mir von ihren Arbeitszeiten erzählten, meinte ich zuerst, sie sprächen von einem anderen Unternehmen.
    Als mir klar wurde, dass ich im richtigen Unternehmen, aber in der falschen Abteilung gelandet war, suchte ich nach einem Ausweg. Aber daran hatte meine Oberchefin kein Interesse. Ich spürte, dass ich meiner Gesundheit zuliebe keine andere Wahl hatte: Ich kündigte. «
    Peter B., Business Development
    Ein Unternehmen kann noch so sehr von einem kollegialen wie ethischen Geist durchdrungen sein, letztlich kommt es auf den direkten Vorgesetzten an.
    Chefs haben die Möglichkeit – im Guten wie im Schlechten – innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs ihre eigene Kultur zu etablieren. Mit eigenen Regeln und eigenen Erwartungen, die der eigentlichen Firmenkultur zuwider laufen können.
    In diesem Fall hatte die Bereichsleiterin wahrscheinlich über Jahre hinweg auf Mitarbeiter gesetzt, die bereit waren

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