Mein feuriges Herz
Schwarzhaarige hat jedenfalls den Ruf, ein Weiberheld zu sein. Und das stimmt zweifellos.“
Ja, zweifellos, dachte Corrie bitter.
„Sein Bruder ist verheiratet, und seine Frau hat ihn ordentlich unter dem Pantoffel.“ Die Hutmacherin glättete die Feder mit ihren dicken Fingern und zupfte das Band zurecht. „Dann gibt es noch einen, den jungen Lord Jason. Von dem munkelt man, er habe fast alle Mägde in der Grafschaft rumgekriegt. Wie gesagt, niemand weiß etwas Genaues, und das wird wohl auch so bleiben.“
Corrie aber war anderer Meinung. Nachdem sie sich von der Frau verabschiedet hatte, war sie mehr denn je davon überzeugt, dass ihr Verdacht nicht unbegründet war.
Dem Dorfklatsch zufolge war einer der Schlossbewohner der Vater von Laurels Kind. Corrie wollte auch den Sohn des Vikars überprüfen sowie Thomas Morton, einen der vier Söhne von Squire Morton, von dem Tante Agnes gesprochen hatte. Aber ihr Hauptverdächtiger blieb Gray Forsythe, dessen Gemahlin im gleichen Fluss ertrunken war wie Laurel.
Nun saß Corrie auf dem breiten Bett, umgeben von Laurels Briefen, und dachte an den Earl, mit dem sie an jenem Nachmittag, als sie sich den Knöchel verstaucht hatte, zurück ins Schloss geritten war. Sie dachte an die Hitze, die er ausgestrahlt, an seine kraftvollen Arme, als er sie ins Haus getragen hatte. Der Gedanke war keineswegs abwegig, dass er ihre unschuldige Schwester verführt hatte.
Corrie warf einen Blick auf die Kaminuhr. Sie hatte begonnen, die ersten Versatzstücke des Puzzles zu sammeln. Bei nächster Gelegenheit wollte sie sich im Haus umsehen.
7. KAPITEL
Auf Charles’ Drängen willigte Rebecca ein, Letty Moss durchs Haus zu führen, obwohl ihr der Sinn keineswegs danach stand. Dennoch behandelte sie die vermeintliche Cousine mit distanzierter Höflichkeit, die Corrie natürlich erwiderte, da sie sich keine Gelegenheit entgehen lassen wollte, um Informationen einzuholen. „Das Schloss wurde 1233 erbaut“, erklärte Rebecca in der riesigen Halle, die im Mittelalter als Burgfried diente. Eine Stirnseite wurde von einem mannshohen, grob gehauenen Steinkamin eingenommen. Die mächtigen geschnitzten Balken trugen die oberen Stockwerke. Der mittelalterliche Kern des Schlosses war über die Jahrhunderte erhalten geblieben und diente nun als Speisesaal bei offiziellen Anlässen.
„Das Schloss wurde natürlich im Laufe der Zeit immer wieder umgebaut und erweitert. In erster Linie sorgte Grays Mutter für die großen Umbauten und die Modernisierung des Hauses. Und auch ich ließ einige Veränderungen vornehmen.“ Rebecca sprach mit Stolz über ihre Erneuerungen. Aus einer mittelalterlichen Burg war ein prachtvolles Schloss geworden, mit allem modernen Luxus ausgestattet und in vornehmer Eleganz eingerichtet.
„Seit wann bewohnt die Forsythe-Familie dieses Schloss?“, fragte Corrie.
„Das Schloss ist seit über zweihundert Jahren in Familienbesitz.“
„Dann hat der Earl wohl seine Kindheit hier verbracht.“
„Ja.“
„Hatten Gray und sein Bruder Charles eine sehr glückliche Kindheit?“
Rebecca wirkte einen Moment unschlüssig, bevor sie wieder sprach. „Es waren drei Brüder, aber keine Schwester. James, der älteste Sohn, war der Augapfel seines Vaters. Auch der jüngste Sohn Charles wurde von ihm verwöhnt.“
„Und Gray?“
Rebecca schüttelte den Kopf, und ihre goldenen Löckchen wippten an den Schultern ihres rosa und weiß gestreiften Seidenkleides auf und ab. Mit ihrem hellen makellosen Teint und den kornblumenblauen Augen glich sie einer englischen Rose. Aber Corrie spürte einen harten Kern in der schönen Frau.
„Gray war anders“, fuhr sie fort. „Er unterschied sich mit seinen schwarzen Haaren und dunklen Augen vom Rest seiner blonden Familie. Er nahm kein Blatt vor den Mund und war oft störrisch und eigensinnig. Sein Vater und er … verstanden sich nicht besonders gut.“
„War das der Grund, warum er zum Militär ging?“
„Er war der Zweitgeborene“, meinte Rebecca achselzuckend. „Es ist üblich, dass der Zweitgeborene eine Militärlaufbahn einschlägt.“
„Wie ich hörte, war er lange in Indien.“
Rebecca nickte, während sie einen endlosen Flur entlangschlenderten. „Er war drei Jahre in Indien stationiert, bevor James erkrankte. Gray drängte es wohl nicht, nach England zurückzukehren. Er war immer ein ruheloser Geist und Weltenbummler. Als er den Titel erbte, war er gezwungen, sich hier niederzulassen und seinen Pflichten
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