Mein feuriges Herz
geschrieben.
Mittlerweile wusste Corrie, dass sie damals schwanger und gewiss mit ihren Gedanken an das Kind beschäftigt war, das in ihr heranwuchs. Aber sie hatte sich Corrie nie anvertraut und hartnäckig verschwiegen, dass sie ein Kind erwartete.
Durch einen Tränenschleier las Corrie einen ihrer Briefe, datiert vom 20. März, als Laurel Vorbereitungen traf, Selkirk Hall zu verlassen.
Ich fühle mich ruhelos und bin von Ungewissheit geplagt. Ich hatte so wunderbare Träume für meine Zukunft, die mir nun von Schmerz und Verzweiflung verdüstert erscheint. Und dennoch habe ich die Liebe kennengelernt. Ich bin nicht imstande, dir diese Gefühle zu schildern. Aber die Liebe hilft über alle Trennungsschmerzen hinweg.
Corrie entsann sich, dass sie diesen Brief umgehend beantwortet und Laurel Fragen nach dem Mann gestellt hatte, in den sie sich verliebt hatte und warum sie ihn nicht heiraten konnte, wenn sie einander liebten. Selbstverständlich hatte sie ihre Schwester auch nach dem Namen des Mannes gefragt.
Laurels nächster Brief aus East Dereham erreichte sie erst einen Monat später. Sie erwähnte Corries Fragen mit keinem Wort, schilderte stattdessen ausführlich das Leben auf der Farm ihrer Tante.
Damals hatte Corrie unterstellt, die Gefühle ihrer Schwester wären abgeflaut und ihre Liebe sei nur ein Strohfeuer gewesen. Zu dieser Zeit war Corrie zu sehr mit ihrem eigenen Leben, ihrem Beruf als Journalistin beschäftigt, und das Thema wurde nie wieder angeschnitten. So selten Laurel auch schrieb, ihre Briefe wurden wieder vergnügter und unbeschwerter. Am 18. September hatte sie geschrieben:
Dieses Jahr haben wir einen ungewöhnlich schönen Herbst, mit strahlendem Sonnenschein. Die Bäume vor meinem Fenster leuchten in bunten Farben. Die Luft ist erfüllt von Vogelgezwitscher und dem Zirpen der Grillen, dass es nur so eine Freude ist. In letzter Zeit erscheint mir die Welt fröhlicher, und ich begrüße jeden Morgen mit einem Gefühl der Andacht für die Wunder, die Gott erschaffen hat.
Corrie war sich schon damals bewusst, dass sich etwas in Laurels Leben zum Guten gewendet hatte. Nun, da sie wusste, dass ihre Schwester ein Kind erwartet hatte, las sie deutlich zwischen den Zeilen, wie sehr sie sich auf ihr Baby freute und wie hoffnungsvoll sie in die Zukunft blickte.
Der Gedanke, wie wenig Zeit ihr noch bleiben sollte, machte Corrie das Herz schwer.
Sie las alle Brief noch einmal, ohne einen Hinweis darauf zu finden, wer der Mann gewesen sein mochte, den Laurel geliebt hatte.
War Gray Forsythe dieser Mann? In seiner Nähe fiel es Corrie schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Als ginge eine magische Kraft von ihm aus, ein mysteriöser Bann, dem sie kaum widerstehen konnte. War es Laurel ähnlich ergangen?
Bei ihrem Besuch im Dorf vor zwei Tagen hatte Corrie sich beiläufig nach den Umständen von Laurels Tod erkundigt, hatte wie zufällig die junge Frau aus Selkirk Hall erwähnt, die vor einigen Monaten im Fluss ertrunken war, und wie nicht anders zu erwarten, hatten die Leute bereitwillig ihre Meinung darüber geäußert.
„Das arme Ding ist ins Wasser gegangen“, hatte die Frau des Fleischers ihr zugeflüstert. „Sie soll sich mit einem Mann eingelassen haben und hat die Schande nicht ertragen, die sie über ihre Familie gebracht hat.“ Die rotwangige dicke Frau hatte traurig den Kopf geschüttelt. „Jammerschade, dass ein so junges Mädchen ein so tragisches Ende finden muss.“
Die Geschichte der Hutmacherin klang ähnlich. „Es muss ein furchtbarer Schock für den Vater gewesen sein, dass seine wohlerzogene Tochter nicht so rein und unschuldig war wie frisch gefallener Schnee.“ Die pummelige Frau, die ein Blumengesteck an einem Hut festnähte, beugte sich über den Ladentisch. „Sie soll ein lediges Kind gehabt haben“, flüsterte sie. „Das hat sie mit in den Tod genommen.“
In Corries Trauer hatte sich Zorn über die Dorfbewohner gemischt, die so schlecht über Laurel dachten, was sie sich allerdings nicht anmerken ließ. Mit schreckensweiten Augen hatte sie nachgehakt. „Was für eine schreckliche Tragöde. Weiß man, wer der Vater des Kindes ist?“
Die Hutmacherin steckte eine Feder in das blaue Samtband. „Manche behaupten, es könnte der Sohn des Vikars sein, aber die meisten vermuten, es war einer der vornehmen Herren im Schloss.“
Corries Magen krampfte sich zusammen. „Und welcher?“
Die Frau zuckte die Achseln. „Das weiß niemand so genau. Der
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