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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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rief er uns zu. »Der Rumäne ist pleite gegangen. Alle Welt hat über den armen Kerl so schlecht gesprochen, dass keine Gäste mehr kamen. Und es war das beste Restaurant in ganz Tel Aviv!« Betrübt machten wir kehrt.
    »Wer hätte gedacht«, sagte Jossele nach längerem Schweigen, »dass es bei den Eskimos auch Bumerangs gibt?«

Tragisches Ende eines Feuilletonisten
    Haben Sie in der letzten Zeit den bekannten Feuilletonisten Kunstetter gesehen? Sie hätten ihn nicht wiedererkannt. Denn dieser Stolz der israelischen Publizistik, dieser überragende Meister der Feder ist zu einem Schatten seines einst so stolzen Selbst herabgesunken. Seine Hände zittern, seine Augen flackern, sein ganzes Wesen atmet Zusammenbruch.
    Was ist geschehen? Wer hat diesen Giganten von seinem Piedestal gestürzt?
    »Ich«, sagte mein Freund Jossele und nahm einen Schluck aus seiner Tasse türkischen Kaffees, gelassen, gleichmütig, ein Sinnbild menschlicher Teilnahmslosigkeit. »Ich konnte diesen Kerl nie ausstehen. Schon die aufdringliche Bescheidenheit seines Stils war mir zuwider.«
    »Und wie ist es dir gelungen, ihn fertigzumachen?« »Durch Lob . . .«
    Und dann enthüllte mir Jossele eine der abgefeimtesten Teufeleien des Jahrhunderts:
    »Nachdem ich mich zur Vernichtung Kunstetters entschlossen hatte, schrieb ich ihm einen anonymen Verehrerbrief. >Ich lese jeden Ihrer wunderbaren Artikel, schrieb ich. >Wenn ich die Zeitung zur Hand nehme, suche ich zuerst nach Ihrem Beitrag. Gierig verschlinge ich diese unvergleichlichen kleinen Meisterwerke, die so voll von Weisheit, Delikatesse und Verantwortungsgefühl sind. Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen aus ganzem Herzen, ich danke Ihnen . .
    .<
    Ungefähr eine Woche später schickte ich den zweiten Brief ab: >Meine Bewunderung für Sie wächst von Tag zu Tag. In Ihrem letzten Essay haben Sie einen stilistischen Höhepunkt erklommen, der in der Geschichte der Weltliteratur nicht seinesgleichen hat.< Du weißt ja, wie diese eitlen Schreiberlinge sind, nicht wahr. So verstiegen kann ein Kompliment gar nicht sein, dass sie es nicht ernst nehmen würden, diese selbstgefälligen Idioten. Hab' ich nicht recht?«
    »Möglich«, antwortete ich kühl. »Aber Komplimente haben noch keinen Schriftsteller umgebracht.«
    »Wart's ab. Insgesamt schickte ich Kunstetter etwa zwanzig Lobeshymnen. Ich philosophierte in seine banale Zeilenschinderei alle möglichen Tiefsinnigkeiten hinein, ich pries seine albernen Kalauer als stilistische Finessen, ich zitierte wörtlich seine Formulierungen, mit Vorliebe die dümmsten. Als ich ganz sicher war, dass meine täglichen Begeisterungsausbrüche zu einem festen, unentbehrlichen Bestandteil seines Lebens geworden waren, bekam er den ersten, leise enttäuschten Brief: >Sie wissen, wie sehr ich die Meisterwerke Ihrer Feder bewunderen schrieb ich. >Aber gerade das Ausmaß meiner Bewunderung berechtigt - nein, verpflichtet mich, Ihnen zu sagen, dass Ihre letzten Artikel nicht ganz auf dem gewohnten Niveau waren. Ich bitte Sie inständig: nehmen Sie sich zusammen!< Eine Woche später kam der nächste, schon etwas deutlichere Aufschrei: >Um Himmels willen, was ist geschehen? Sind Sie ein andrer geworden? Sind Sie krank und lassen Sie einen Ersatzmann unter Ihrem Namen schreiben? Was ist los mit Ihnen?!<
    Kunstetters Feuilletons wurden um diese Zeit immer länger, immer blumiger, immer ausgefeilter. Er machte übermenschliche Anstrengungen, um sich wieder in meine Gunst zu schreiben. Vergebens.
    Gestern bekam er den Abschiedsbrief: >Kunstetter! Es tut mir leid, aber nach Ihrem heutigen Artikel ist es aus zwischen uns. Auch der beste Wille des verehrungsvollsten Lesers hat seine Grenzen. Mit gleicher Post bestelle ich mein Abonnement ab. Leben Sie wohl . . .< Und das war das Ende.«
    Jossele zündet sich eine Zigarette an, wobei ein diabolisches Grinsen ganz kurz über sein Gesicht huschte. Mich schauderte. Kleine, kalte Schweißperlen traten mir auf die Stirn. Ich muss gestehen, dass ich mich vor Jossele zu fürchten begann. Und ich frage mich, warum ich ihn eigentlich erfunden habe.

Geteilte Rechnung
    »Noch nie«, sagte Jossele, kaum dass wir in Gustis Cafe Platz genommen hatten, »noch nie im Leben wurde ich so aufs Kreuz gelegt wie von dieser Person.«
    Das klang nach einer längeren Geschichte, und ich bestellte zwei große Mokka. Jossele nahm einen kräftigen Schluck.
    »Sie hieß Libby«, begann er. »Ich lernte sie vor etwa zehn Tagen kennen und hatte den

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