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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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kam Josseles Stimme:
    »Ultimo!« Und er nahm die zwanzig Pfund an sich. Schluchzend brach ich zusammen. Jossele streichelte meine Hand und belehrte mich, dass nach dem sogenannten Hoyleschen Gesetz derjenige Spieler, der als erster »Ultimo« ansagt, auf jeden Fall und ohne Rücksicht auf die Ziffer gewinnt. Das sei ja gerade der Spaß im Poker, dass man innerhalb weniger Sekunden - »Zwanzig Pfund!«
    Aufwimmernd legte ich mein letztes Geld in die Hände des Schicksals.
    Josseles zwanzig Pfund lagen daneben. Auf meiner Stirn standen kalte Schweißperlen. Ich fasste Jossele scharf ins Auge. Er gab sich den Anschein völliger Gelassenheit, aber seine Lippen zitterten ein wenig, als er fragte:
    »Wer sagt an?«
    »Du«, antwortete ich lauernd. Und er ging mir in die Falle wie ein Gimpel.
    »Ultimo«, sagte er und streckte die Hand nach dem Goldschatz aus.
    Jetzt war es an mir, seinen Griff aufzuhalten.
    »Einen Augenblick«, sagte ich eisig. »Golda!« Und schon hatte ich die vierzig Pfund bei mir geborgen. »Golda ist noch stärker als Ultimo«, erläuterte ich. »Aber es wird spät. Wir sollten Schluss machen.« Schweigend erhoben wir uns. Ehe wir gingen, unternahm Jossele einen kläglichen Versuch, sein Geld zurückzubekommen. Er behauptete, das mit Golda sei eine Erfindung von mir. Ich widersprach ihm nicht. Aber, so sagte ich, darin besteht ja gerade der Reiz des Pokerspiels, dass man gewonnenes Geld niemals zurückgibt.

Ideale Nummer
    Die Wettervorhersage für Beersheba und die Negevwüste lautete »Schwül, dunstig, Temperaturanstieg«.
    In Tel Aviv war der Anstieg bereits erfolgt. Bei solchem Wetter ertrage ich nur einen einzigen Menschen: Jossele. Ich kroch zum Telefon und rief ihn an. »Die von Ihnen gewählte Nummer ist geändert«, sagte eine monotone Stimme. »Bitte entnehmen Sie die richtige Nummer dem neuen amtlichen Telefonbuch. Danke.«
    Es musste sich um einen Irrtum handeln, denn ich hatte die neue Nummer gewählt, und das ausgediente amtliche Telefonbuch lag bereits im Müll. Sicherheitshalber sah ich im neuen nach.
    Die Nummer stimmte: 40759. Ich wählte sie noch einmal - und bekam noch einmal zu hören, dass ich falsch gewählt hatte und im neuen Telefonbuch nachschauen sollte, danke.
    Der Staat Israel hat viele Vorzüge. Sein Telefonsystem gehört nicht zu ihnen. Nach einem dritten erfolglosen Versuch mit der neuen richtigen Nummer beschloss ich, die Auskunft anzurufen.
    »Ja, leider, ab und zu gibt es noch Schwierigkeiten«, gestand die Auskunft. »Bitte, haben Sie Geduld. Wir werden sofort kontrollieren, was mit der von Ihnen gewählten Nummer los ist.«
    Die sofortige Kontrolle dauerte eine Stunde. Dann meldete sich die Auskunft von neuem:
    »Es tut uns leid, aber wir sind ein kleines, von Feinden umringtes Land, und unser Netz kann die vielen Änderungen nicht sofort bewältigen. Versuchen Sie's jetzt einmal mit der alten Nummer.
    Vielleicht hilft's. Man weiß ja nie . . .« Ich tat, wie mir geheißen. Das Ergebnis lautete: »Die von Ihnen gewählte Nummer . . . bitte entnehmen Sie . . . danke.«
    Ich machte mich auf die Jagd nach dem Leiter der Telefonzentrale. Er klang, als ich ihn endlich an den Apparat bekam, zugleich erschöpft und wütend:
    »Schon wieder 40.759? Wir machen seit Stunden nichts anderes, als diese verdammte Nummer zu überprüfen. Sie bringt den ganzen Verkehr zum Erliegen. Unzählige Teilnehmer haben sich beschwert. Einige behaupten, dass man nach dem Abheben Radiomusik hört. Unser Schweizer Chefingenieur hat soeben gekündigt. Der Krisenstab tagt. Ich werde verrückt. . .«
    Dann hörte ich, wie er seiner Sekretärin den Auftrag gab, einen letzten Versuch zu machen.
    Dann hörte ich die nun schon vertrauten Worte: »Die von Ihnen gewählte Nummer, Fräulein . . .«
    Und dann brauchte ich nichts mehr zu hören. Der Groschen war gefallen. Ich fuhr zu Jossele.
    Vor dem Haus standen zwei Gerätewagen der Telefongesellschaft. Die Straße war zum Teil aufgegraben. Vier schwitzende Mechaniker machten sich an Masten und Drähten zu schaffen.
    »Leitungsdrähte in Ordnung«, meldete einer. »Sollen wir die Schaltstellen überprüfen?« fragte ein anderer.
    Als ich bei Jossele eintrat, lümmelte er in einem Fauteuil, die Beine auf dem Tisch, das Radio zur Seite und die Hand lässig am Telefonhörer.
    »Meine alte Nummer war ein Traum - 303.030«, seufzte er. »Und jetzt haben sie diese Idioten in 40.759 geändert, was sich kein Mensch merken kann. Dass sollen sie mir büßen!

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