Mein Freund Jossele
Sergeant Lefkov von der Kriminalpolizei und Mussa von »Wer winkt, gewinnt«. Ort der Handlung: vor dem überfallenen Bankhaus. Zeit: früher Nachmittag.
Sergeant Lefkov steht inmitten einer Menge von Bewunderern und gibt dem Fernsehreporter einen zusammenfassenden Bericht:
Lefkov: »Es handelt sich hier um einen der verwegensten Banküberfälle, die jemals in Groß-Tel-Aviv während der letzten vierundzwanzig Stunden verübt wurden.« (Mussa kommt von rechts ins Bild und arbeitet sich nach vorn, Blick und Grinsen starr auf die Kamera gerichtet.) Lefkov: »Die Räuber waren mit Masken, automatischen Schusswaffen und einem Flammenwerfer ausgerüstet.« (Mussa hat die zweite Reihe Mitte erreicht, macht halt und fragt den Kameramann, auf Lefkov deutend, in allgemein verständlicher Gebärdensprache: »Wer ist das?«) Lefkov: »Als der Kassier Widerstand leisten wollte, feuerte einer der Gangster gegen die Decke und verursachte erheblichen Mörtelschaden.« (Mussa springt hoch, winkt, ruft »Schweppes!« und wendet sich plötzlich nach links, von wo ihn der Regisseur des Fernsehteams mit heftigen Bewegungen auffordert, sofort zu verschwinden. Mussa, erstaunt: »Wer? Ich?«) Lefkov ist verwirrt, tritt zögernd zur Seite, bleibt stehen, setzt fort: »Die Räuber zwangen die im Bankraum anwesenden Kunden mit vorgehaltener Waffe zum Absingen eines Kinderliedes und schossen zwischendurch wahllos gegen die Fensterscheiben.« (Mussa befindet sich jetzt auf gleicher Höhe mit dem Sergeanten; seine Lippen formen unhörbar, aber deutlich die Worte: »He, das bin ich! Ihr seht mich doch? Hier!«)
Lefkov: »Einige Passanten wurden durch umherfliegende Glassplitter verletzt und auf die Polizeistube gebracht, wo sie verhört werden.« (Eine Hand kommt dicht vor die Kamera ins Bild, packt Mussa am Kragen und entfernt ihn. Sein Platz wird sofort von einem anonymen Winker eingenommen. Die Aufnahme verschwimmt. Auf dem Bildschirm erscheint Prinzessin Caroline von Monaco. Stimme des Sprechers: »Finanzminister Rabinowitz dementierte heute die Nachricht . . .«) Das ist, wie gesagt, nur ein Entwurf, auf den die Darsteller der Serie »Wer winkt, gewinnt« in keiner Weise angewiesen sind. Sie improvisieren ihre Sendungen ohne jede Hilfe. Man kann sich auf sie verlassen wie auf keine andere Aussendung des israelischen Fernsehens. Und es ist hoch an der Zeit, dass man ihnen die entsprechende Würdigung zuteilwerden lässt. Wann immer in Hinkunft ihre Gesichter auf dem Bildschirm erscheinen, müssten zugleich ihre Namen eingeblendet werden. Das ist wohl das mindeste, was diesen beiden Stützen unseres Fernsehprogramms zusteht.
Nie wieder Pornofilm
Von uns modern eingestellten Menschen wird verlangt, dass wir die Pornographie als natürlichen Bestandteil unseres Lebens akzeptieren und uns in den einschlägigen Kinos mit ihr beschäftigen.
»Bekannt machen« ist leicht gesagt, aber was machen wir mit den Bekannten? Und vor allem: Was macht ein normaler, sexbesessener Familienvater wie ich?
Als ich unlängst durch die Straßen schlenderte, wurde mir plötzlich inne, wie weit die Überschwemmung schon gediehen ist. Die Überschwemmung durch schwedische Nymphen.
Auf den Kinoplakaten meine ich.
Unsere Kinos haben auf ihre alten Tage endlich den Sex entdeckt. Statt Romantik und Exotik bieten sie uns - spät, aber doch - die nackte Wahrheit. Man kann keinen Schritt mehr machen, ohne vom Anblick einer blonden Sexbombe überwältigt zu werden, die gerade von einem Gorilla überwältigt wird. Bei näherem Zusehen entpuppt sich der Gorilla manchmal als Mensch. Aber das spielt keine Rolle. Die Rolle wird von der Sexbombe gespielt.
Gesprächsweise machte ich eine Bemerkung darüber zu unserem Wohnungsnachbarn Felix Seelig, und er sagte ja, wirklich, es ist kaum noch zum Aushalten. Jeden Morgen auf seinem Weg ins Büro bekommt er's mit diesen nackten Weibsfiguren zu tun, alle in natürlicher Größe und in übernatürlicher Deutlichkeit, man weiß gar nicht, wohin man zuerst wegschauen soll.
Kein Zweifel, ich musste mir selbst ein Urteil bilden. Zuerst betrachtete ich ausführlich eines der deutlichsten Plakate. Es war, sozusagen, ein Brustbild. Dann wandte ich mich den Aushängekästen zu. Auch dort gab es Brustbilder, nur in kleinerem Format, was die Bilder betraf. Ich dachte an den verheerenden Einfluss dieser Bilder auf unsere Jugend und beschloss, den verheerenden Einfluss des ganzen Films auf mich wirken zu lassen.
Im nächsten Augenblick
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