Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
jemand nach einer Gehirnwäsche hören will, ist, dass er einer Gehirnwäsche unterzogen worden war. Stattdessen taten sie ihr Bestes, freundlich und liebevoll zu mir zu sein, und mich so die Berechtigung ihres SP -Status hinterfragen zu lassen. Indem sie nett zu mir waren und meinen Ansichten nicht widersprachen, legten sie die Grundlage dafür, dass ich später aus freien Stücken Scientology verließ.
Kurz bevor wir uns abends voneinander verabschiedeten, gab Dad mir noch ein Holzkistchen mit Lederdeckel.
»Bitte nimm das mit«, sagte er und reichte mir die Schachtel. »So hast du etwas, das dich an uns erinnert.«
Ich öffnete das Kistchen und fand darin Fotos von meinen Eltern und ihrem neuen Haus sowie eine Kreditkarte auf meinen Namen.
»Was ist das?«, fragte ich verwirrt.
Wahrscheinlich hatte mein Dad schon damit gerechnet, dass ich sie ablehnen oder zumindest Einwände haben würde.
»Nur für absolute Notfälle«, erklärte er in der Hoffnung, ich würde sie vielleicht doch annehmen.
In gewisser Weise schien das Geschenk für mich Sinn zu machen. Wenn irgendetwas passieren sollte oder ich jemals die Kirche verlassen müsste, verfügte ich über keinerlei Mittel und konnte mich an niemanden wenden. Mr. Rathbun und Mr. Rinder würden vermutlich nicht damit einverstanden sein, aber die simple Erklärung meines Vaters war einleuchtend. Ich fühlte mich damit sicherer und beschützt. Ich beschloss, die Karte zu behalten und Mr. Rathbun oder Mr. Rinder nur davon zu erzählen, wenn sie direkt danach fragten.
Maddie traf ein, und meine Eltern umarmten mich ein letztes Mal. Ich war erstaunt, wie traurig mich der Abschied machte. Ich wusste allerdings auch, dass mein Leben auf der Base auf mich wartete. In dieser Hinsicht hatte mich das Wiedersehen mit meinen Eltern nicht ins Wanken gebracht. Als Maddie losfuhr, winkten wir uns noch einmal zu.
Wenig später war ich bereits zurück in dem Konferenzraum im zwölften Stock. Nach einem knappen Bericht darüber, was ich alles mit meinen Eltern unternommen hatte, wurde ich nach Hause geschickt. Ich hatte sogar die Sache mit der Kreditkarte gestanden, und zu meiner Überraschung beschlagnahmte sie Mr. Rathbun nicht.
Weit nach Mitternacht kehrte ich auf mein Zimmer zurück. Da ich noch nicht müde war, ging ich in den Keller, um meine Wäsche zu machen. Ausnahmsweise war die Wäscherei heute mal menschenleer, und als ich meine schmutzige Wäsche in eine der Maschinen stopfte, sah ich Dallas mit seinem Wäschesack hereinspazieren.
»Hi«, sagte er, offenbar ohne mein verlegenes Erröten zu bemerken. Tatsächlich wirkte auch er ein wenig verlegen.
Bald legten sich die holprigen Anfangsmomente, und wir setzten uns vor die Tür der Wäscherei und unterhielten uns etwa zwanzig Minuten lang. Erst als ich Leute die Treppe herunterkommen hörte, wurde mir bewusst, wie spät es war. Dallas meinte lächelnd, wir sollten uns doch häufiger sehen, und ich stimmte zu. Bevor wir uns Gute Nacht wünschten, beugte er sich zu mir, legte seine Hand auf meine, und dann küssten wir uns.
Was für ein Tag.
KAPITEL 25
Im Celebrity Center
Es dauerte nicht lange, und ich war fest mit Dallas zusammen. Er war intelligent, freundlich und brachte mich ständig zum Lachen. In seiner Nähe konnte ich ganz ich selbst sein. Er war ein absoluter Familienmensch und erzählte mir von seinen Eltern, seinem älteren Bruder, seiner jüngeren Schwester und davon, wie er gemeinsam mit seinen Cousins aufgewachsen war. Er liebte seine Familie über alles, das war offensichtlich. Er hatte eine sorgenfreie Kindheit gehabt und war stolz auf sein Elternhaus.
Die Geschichten, die ich ihm über meine Familie erzählte, waren voller Leerstellen. Da ich ihm nicht sagen durfte, wo meine Eltern lebten, und ich den Aufenthaltsort meines Bruders gar nicht kannte, versuchte ich, Einzelheiten nach Möglichkeit zu vermeiden.
Mr. H missbilligte mein Verhältnis zu Dallas und konnte nicht verstehen, warum ich nicht einfach Single blieb. Streng genommen mussten Liebesbeziehungen nicht offiziell abgesegnet werden. Es gab zwar grundsätzliche Regeln, Sea Org-Mitglieder durften beispielsweise nur Partner aus ihrer Base haben, das Gleiche galt für CMO , aber wer genau mit wem ging, bedurfte keiner gesonderten Genehmigung, solange die allgemeinen Vorgaben für Dates eingehalten wurden. Da sie meine tägliche Kontaktperson war, hatte Mr. H das Recht, sich in meine Beziehungen einzumischen. Anschließend würde sie ihren
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