Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
widerfahren sind.
Die Schilderungen von Dallas erinnerten mich an etwas, das Tante Shelly mir einmal auf der Flag erzählt hatte. Damals fand Tom Cruise gerade seinen Weg zurück in die Church, und überall schrieben die Zeitschriften darüber. Ich machte eine Bemerkung Tante Shelly gegenüber, woraufhin sie ausführte, wie ähnlich sich Tom Cruise und Onkel Dave doch in Bezug auf ihre unbeirrbare Einsatzbereitschaft waren. Anscheinend hatte man ihnen deshalb sogar denselben Spitznamen verpasst, der irgendetwas mit dem Wort »Laser« zu tun hatte. Ich sagte zu Tante Shelly, meiner Ansicht nach könne Nicole mit Scientology offenbar nicht wirklich etwas anfangen. Sie schien überrascht, dass ich das erkannt hatte, und erklärte, ich habe ganz Recht und dass sie sich um die Lösung dieses Problems gerade bemühten.
Besonders beliebt war bei Prominenten sämtlicher Bekanntheitsgrade der Kommunikationskurs, den das Center anbot. Hier sollte den Teilnehmern das sichere Auftreten beim Vorsprechen und der effektive Aufbau eines persönlichen Netzwerks beigebracht werden. Reizvoll war für viele auch die Tatsache, dass die Auditing-Sitzungen einer dem Beichtgeheimnis vergleichbaren Vertraulichkeit unterworfen waren, mit anderen Worten: Wie ein Priester über Gebeichtetes Stillschweigen bewahrte, so drang auch über alles, was in den Sitzungen gesagt wurde, nichts nach außen. Prominente verleitete diese Sicherheit natürlich dazu, offen über ihre Probleme oder über Angewohnheiten, die sie ablegen wollten, zu reden.
Schon die Einrichtungen und der Service, die den Prominenten im Celebrity Center zur Verfügung standen, gingen weit über das Angebot für gewöhnliche Scientologen hinaus. Doch es war nicht nur das. Prominente genossen auch Vorzüge, was ihre finanzielle Belastung und ihre Kursbesuche betraf. Für normale Angehörige der Church spielte die Kunst, mit Scientology Einnahmen zu generieren, eine ganz andere Rolle als für Promis. So waren Prominente etwa nicht dem ständigen Regging ausgesetzt, bei dem die Kirche ihre Anhänger permanent dazu drängte, für Projekte oder weitere Angebote zu bezahlen. Auch sie wurden zwar um Spenden gebeten und mussten für unmittelbar anstehende Leistungen zahlen, doch sie hatten es dabei stets nur mit einem Bevollmächtigten der Church zu tun und wurden nicht wie die normalen Scientologen gleich von diversen Mitarbeitern unter Druck gesetzt. Außerdem blieb es Prominenten selbst überlassen, in welchem Tempo sie sich mit Scientology beschäftigen wollten, während alle anderen nach einer freizügigen Anfangsphase schon rasch andauernd dazu aufgefordert und ermahnt wurden, die nächste Stufe anzustreben, was natürlich zusätzliche Kosten für sie bedeutete.
Geldforderungen beschränkten sich bei anderen Scientologen nicht allein auf Kursangebote. Die Eltern von Dallas wurden beispielsweise laufend gedrängt, Geld zu spenden und Kurse zu buchen, selbst wenn sie bereits für die nächsten drei Kurse bezahlt hatten. Prominenten gegenüber wäre ein solches Vorgehen niemals geduldet worden. Und wenn Scientologen nach San Diego fuhren, um Spenden für irgendwelche Projekte der Church einzutreiben, dann suchten sie seine Eltern oft noch spätabends zu Hause auf und forderten einen Beitrag ein. Ein Prominenter wäre selbstverständlich niemals mit solchen Hausbesuchen belästigt worden.
Die Erfahrungen mit Scientology waren für Prominente daher letztlich völlig anders als die der meisten Scientologen. Ob den Promis das Ausmaß ihrer Sonderbehandlung wirklich bewusst war oder ob sie irgendeine Vorstellung davon hatten, wie das Leben der Sea Org-Mitglieder, die sie von vorne bis hinten bedienten, in Wahrheit aussah, blieb mir immer unklar.
Für die Show, die Scientology ihren Prominenten bot, stellte das Celebrity Center jedenfalls die perfekte Bühne dar. Der Komfort war exquisit, und die herrliche Anlage machte jeden Aufenthalt zu einem Genuss. Alles war streng überwacht und durcharrangiert, und solange die Prominenten nichts hinterfragten, sahen sie nur das, was man ihnen präsentierte, und erkannten nie, was hinter den Kulissen vor sich ging. Kinderarbeit oder andere Dinge, die die Kirche sie nicht sehen lassen wollte, blieben ihren Augen sicher verborgen. Die Sea Org-Mitglieder im Celebrity Center machten einen glücklichen Eindruck, da genau darin ihre Aufgabe bestand, und so erfuhren die Prominenten aus ihren Beobachtungen oder Gesprächen mit ihnen nie, ob sie ihre
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