Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
zu werden, hatte ich alles auf eine Karte gesetzt, wozu er, so weit ich sehen konnte, nicht bereit gewesen war. Er hatte eben viel mehr zu verlieren als nur mich.
Wir waren erst kurz zusammen, da erschien Mr. Wilhere, um mit mir unter vier Augen zu sprechen. Er bat Dallas, im Nebenraum zu warten.
»Jenna, du musst nur dein Programm absolvieren, dann bist du aus dem Schneider«, begann er. »Die meisten Leute würden für das, was du getan hast, in die RPF wandern, aber du hast Glück. Wie es aussieht, bleibt dir das erspart.«
»Was ist mit Dallas?«, fragte ich.
»Dallas interessiert mich nicht weiter. Wahrscheinlich wird er den Haien zum Fraß vorgeworfen.«
Das also war der Dank dafür, dass Dallas der Church den Vorzug gegeben hatte: Er galt als entbehrlich, diente ihnen lediglich als Mittel zum Zweck, und der Zweck bestand darin, die Kirche vor PR -Problemen zu bewahren, indem er mich davon abhielt, für einen Skandal zu sorgen. Was den Umgang mit mir betraf, so waren sie mit ihrem Latein offensichtlich am Ende.
Kurz darauf traf Linda ein, um Dallas abzuholen. Mittlerweile war ich psychisch und physisch derart ausgelaugt, dass ich mich für die Art, wie ich ihn behandelt hatte, schämte. Ich willigte ein, nach Hause zu gehen und mir mein weiteres Vorgehen zu überlegen. Kaum war ich in meinem Zimmer, da wurde mir klar, dass es ein Fehler gewesen war, Dallas allein zu lassen, vor allem, nachdem Mr. Wilhere davon gesprochen hatte, ihn den Haien zum Fraß vorzuwerfen. Ich musste zu ihm, bevor sie ihn an einen anderen Ort bringen konnten.
Um nicht denselben Fehler zweimal zu machen, eilte ich also zur PAC hinüber und fand ihn tatsächlich in einem Zimmer, vor dem ein Sicherheitsmann postiert war.
In dieser Nacht schlief ich mit ihm in einem Zimmer. Es war das erste Mal, dass wir uns ein Quartier teilten, und ich genoss das Gefühl, ihm endlich nahe zu sein.
KAPITEL 28
Ein neuer Name
Am nächsten Morgen gab Mr. Wilhere bekannt: Die Kirche würde Dallas und mich wegschicken, damit wir an einem anderen Ort wieder Ruhe finden und uns destimulieren konnten. Letzteres war eine von LRH empfohlene Methode im Umgang mit Menschen, die den Verstand verloren hatten. Aber ich achtete gar nicht darauf, was er sagte. Ich hörte nur »weg«. So wie es jetzt war, konnte es einfach nicht weitergehen. Mein Körper hielt diese Strapazen nicht länger aus. Ich wog nur noch dreiundvierzig Kilo und drohte jeden Moment zusammenzubrechen.
Noch am selben Tag fuhr Mr. Wilhere Dallas, unsere beiden Security-Guards und mich nach Big Bear hinauf, wo wir eine Hütte mit zwei Schlafzimmern bezogen. Meine Bewacherin und ich bekamen das Zimmer mit Doppelbett, während Dallas und sein Guard mit dem Etagenbett-Zimmer vorliebnehmen mussten. Ich warf einen Blick auf die komfortabel eingerichtete Hütte und die beiden Sicherheitsleute und begriff nicht, warum die Church sich für uns in solche Unkosten stürzte. Bestrafungen hatte ich im Laufe meines Lebens schon in allen möglichen Spielarten kennengelernt, doch diese war mir neu. Vor zwei Tagen noch schienen sie wild entschlossen, mich durch die Mangel zu drehen, und jetzt saß ich mitten in einem Erholungsgebiet. Das ganze Vorgehen kam mir äußerst merkwürdig vor, aber in diesem Fall hatte ich auch keine Lust, mich über den Wechsel zu beklagen.
Die nächsten Wochen vertrieben wir vier uns die Zeit mit Kochen, Wandern, Schwimmen im See und dem gegenseitigen Vorlesen von Büchern. Einmal die Woche brachte uns jemand die Post, zusätzliche Kleidung und Lebensmittel. Mir war es unangenehm, so viele Kosten zu verursachen. Nach etwa einer Woche kam Sylvia Pearl, um die Security-Checks mit mir fortzusetzen. Sie zog in eine der Nachbarhütten. Ihr Eintreffen erwies sich allerdings als Rückschritt. Ich ertrug die Sitzungen mit ihr noch immer nicht und lief wieder einfach hinaus. Auch Dallas wurde Security-Checks unterzogen, nur dass sie ihn permanent nach mir befragten, weil sie ihn über mich aushorchen wollten, was meine Wut noch steigerte. Später wurde Sylvia dann durch einen RTC -Auditor abgelöst, und mit einigen Schwierigkeiten gelang es uns, meinen Sec-Check abzuschließen.
Einmal die Woche sah Mr. Wilhere nach, wie es mir ging, und versorgte mich mit den Nachrichten, die er für mitteilenswert hielt. Während einer dieser Besuche erzählte er mir auch, dass es im Fall Lisa McPherson eine bedeutsame Entwicklung gegeben hatte. Bob Minton, der Hauptfinanzier hinter der zivilrechtlichen
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