Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
Vom Netzwerk:
Siegeszug rund um den Globus befand, von dem uns immer erzählt wurde.
    Meine vermutlich aufrüttelndste Erfahrung betraf jedoch nichts Unerlaubtes oder Widersetzliches, sie bestand schlicht in meiner Freundschaft zu einer Frau namens Janette. Als wir uns kennenlernten, hatte sie zwei kleine Töchter, und ein drittes Kind, ein Junge, war gerade unterwegs. Wir verbrachten viel Zeit bei ihr, besuchten die Geburtstagsfeiern ihrer Kinder und unterhielten uns. Die zweijährige Eden war einfach süß. Sie hatte die schrägsten Einfälle und ständig Unfug im Kopf. Ich spielte viel mit ihr, und wenn ich in die Org ging, nahm ich sie manchmal mit und spielte dort weiter mit ihr, obwohl ich doch eigentlich ein Sea Org-Mitglied auf Mission war. Dass Eden mich ablenkte, war mir klar. Aber ich konnte nichts dagegen machen, es kam mir einfach so natürlich vor. Für ein Sea Org-Mitglied auf Mission war mein Verhalten dennoch ungebührlich.
    Ich hatte auch noch nie eine Schwangerschaft aus solcher Nähe miterlebt wie jetzt bei Janette. Sie erzählte mir davon, und es klang so fantastisch, wozu ein bloßer sogenannter Fleischkörper alles fähig war. Bei Janette hatte ich das Gefühl, sie alles fragen zu können. Wir trafen sie auch unmittelbar nach der Geburt ihres Sohnes, und es war einfach alles irgendwie unglaublich.
    Die vielen gemeinsamen Stunden mit Janette und Eden weckten in mir Überlegungen, wie ich sie in dieser Form nie zuvor angestellt hatte. Wie wäre es, selbst eine solche Familie zu haben? Auch Dallas verstand sich großartig mit Eden. Er hob sie immer hoch und wirbelte sie herum, bis sie vor Freude quietschte. Er liebte Kinder und sprach ständig davon, wie süß und einzigartig sie seien. Da Sea Org-Mitglieder keine Kinder haben durften, hatte mich der Gedanke, selbst Mutter zu werden, nie sonderlich beschäftigt. Jetzt fragte ich mich zum ersten Mal, ob ich da nicht etwas verpasste.
    Nach einem Jahr war weiter kein Ende unserer Mission in Sicht. Wir genossen unser freieres Leben, achteten aber zugleich auf die Vorschriften und bemühten uns, nicht allzu sehr davon abzuweichen. Auch wenn wir ein paar neue Dinge ausprobiert hatten, so fühlten wir uns der Church und unserer Verantwortung unverändert verpflichtet. Im Nachhinein wünschte ich mir, wir wären nicht so ängstlich gewesen und hätten den Strand und andere Ausflugsziele besucht. Doch für derart grobe Verstöße gegen Kirchenregeln waren wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit.
    Alles in allem war das Jahr jedoch eine wohltuende Erfahrung. Dinge, die mich an der Church frustrierten, brachten mich jetzt nicht mehr so auf. Und da wir hier so viel weniger unter Beobachtung standen, ließen sich die Themen, mit denen ich Probleme hatte, auch einfach leichter verdrängen.
    Weihnachten 2003 erhielten wir zwar die Erlaubnis, die Feiertage zu Hause zu verbringen, doch die Eltern von Dallas mussten für unseren Hin- und Rückflug aufkommen. Mein Dad bezahlte uns den Flug nach Virginia, wo wir eigentlich Grandma Loretta treffen sollten, aber die sagte ab, weil es ihr nicht gut ging. Dass dieses Wiedersehen scheiterte, tat mir besonders leid, denn Grandma war diejenige, auf die ich mich am meisten gefreut hatte.
    Vor unserer Rückreise nach Australien fuhren Dallas und ich noch im Zentralbüro in L. A. vorbei, um – wie wir dachten – unseren überarbeiteten Missionsauftrag abzuholen. Zu unserem größten Erstaunen teilte der neue Leiter uns mit, dass wir der Sea Org-Base in Sydney überstellt wurden. Die Nachricht schockierte uns. Auf unsere Frage, wann wir nach Kalifornien zurückkommen würden, erklärte er, niemals, Sydney sei von nun an unser Sea Org-Posten.
    Diese Vorgehensweise war höchst ungewöhnlich, sie widersprach sogar völlig den Regularien der Kirche. Wir hatten noch nicht einmal unsere Canberra-Mission angemessen abgeschlossen. Und für den Job in Sydney lagen weder konkrete Stellenunterlagen vor, noch hatte jemand den Wechsel organisiert. Nachdem wir energischen Widerspruch gegen diese Behandlung eingelegt hatten, erhielten wir die Zusage, dass wir dort nicht fest stationiert, sondern nur eine Mission durchführen würden. Den Missionsauftrag würde man uns nachschicken. Also fuhren wir nach Sydney. Die versprochenen Unterlagen kamen nie.
    Zwei Wochen lang mahnten wir in Sydney unseren Missionsauftrag an. Als das zu nichts führte, verlangten wir, nach Hause fahren zu dürfen. In diesen Tagen erfuhr ich vom Tod meiner Großmutter. Sie war

Weitere Kostenlose Bücher