Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
Vom Netzwerk:
umfasste zwar noch ein drittes Mitglied, das über Erfahrungen im Spendensammeln verfügte und schon einige Missionseinsätze hinter sich hatte, aber diese Scientologin wurde schon nach kurzem wieder zurückbeordert. Somit blieben wir ganz auf uns allein gestellt bei einer Aufgabe, die sowieso schon unmöglich zu bewerkstelligen war. Die Annahme, bei etwa fünfzehn Scientologen, von denen keiner mehr als achtzigtausend Dollar im Jahr verdiente, gleich mehrere Millionen an Spendengeldern einsammeln zu können, war einfach absurd. Zudem hatten viele dieser Scientologen schon für Angebote gezahlt, die ihnen die Church in Canberra überhaupt nicht liefern konnte. Sie dann um noch mehr Geld zu bitten, schien uns nicht korrekt. Obwohl wir in den täglichen Berichten unsere Erkenntnisse ausführlich beschrieben, wurden wir gedrängt, die Betreffenden dennoch um Spenden anzuhalten. In anderen australischen Organisationen der Kirche für unsere Kampagne zu werben, wurde uns ebenfalls untersagt, da die bereits mit eigenen Aufrufen aktiv waren. Am Ende brachten wir es mit viel Werbung und zahlreichen kleinen Spendenveranstaltungen wie Tombolas, Spielfesten und Aufführungen auf eine Summe von fünfundsiebzigtausend Dollar.
    Aus heutiger Sicht war das eigentlich richtig gut für zwei Leute, die in ihrem ganzen Leben noch keinen Cent eingesammelt hatten. Entscheidend dazu beigetragen hatten ein paar Freunde, die wir dort kennenlernten und die uns mit ihren umfangreichen Kontakten halfen, neue Ansprechpartner zu finden und Geld aufzutreiben. Die Church hielt diesen Betrag allerdings weiterhin für völlig unakzeptabel, obwohl Dallas und ich langsam nicht mehr wussten, was wir noch versuchen sollten. Wir hatten alles in unserer Macht Stehende getan, jetzt lag es an der Church, entweder unseren Missionsauftrag zu ändern oder die Kriterien für das Gebäude, das wir erwerben sollten. Verschiedene Male baten wir darum, wieder nach Hause beordert zu werden, erhielten aber keine Erlaubnis.
    Inzwischen hatten Dallas und ich es satt, ständig dieselben Leute um Spenden zu bitten. Ich sah, wie die Menschen lebten, und wusste, dass sie tatsächlich kein Geld dafür erübrigen konnten. Für uns beide war das eine völlig neue Erfahrung, und wir gerieten zunehmend in Konflikt mit den Anweisungen, die uns die Church gab. Es schien ihr weniger darum zu gehen, eine Gemeinde aufzubauen, um durch sie die Scientology-Lehre zu verbreiten, als darum, möglichst viel Geld einzutreiben und ein hübsches Gebäude zu bekommen. Das neue Haus wollten sie mit hochmodernen Videoanzeigen und anderen technischen Spielereien ausstatten, die die eigentliche Scientology-Lehre in den Hintergrund zu drängen drohten. Uns erschien es als habgierig, diese Menschen, die doch bereits so viel gegeben hatten, noch weiter um Geld zu bitten.
    Je energischer wir nach immer mehr Geldquellen suchten, desto stärker gerieten wir ins Licht der allgemeinen Öffentlichkeit. Und die Reaktionen waren nicht nur erfreulich. Für einen Spendenaufruf verfassten wir Werbeschriften, die wir an alle Scientology-Anhänger auf unserer Liste schickten. Einige davon kamen postwendend mit üblen Kommentaren versehen zurück. Ich weiß noch, dass einer schrieb, L. Ron Hubbard sei ein Schwindler und wir allesamt Schwachköpfe. Mich überraschten diese Beschimpfungen, vor allem, da wir noch etwa zehn andere in ähnlichem Tonfall bekamen. Nach den Aussagen, die ich mein ganzes Leben lang von Onkel Dave und anderen hochrangigen Kirchenvertretern gehört hatte, war ich davon ausgegangen, dass L. Ron Hubbard bei allen Menschen sehr beliebt gewesen sei, dass Scientology boomte und sich rasch über den ganzen Erdball verbreitete. In Australien aber schienen die wenigsten überhaupt zu wissen, worum es bei Scientology ging, und von denen, die es wussten, reagierten viele ablehnend.
    Wir begannen, die Freiräume, die wir besaßen, zu nutzen und kamen mit Ansichten in Berührung, die in scharfem Widerspruch zu den Einstellungen von Scientology standen. Trotz der Verbote sahen wir täglich ein bis zwei Stunden Fernsehen. Besonders gut gefiel mir die Serie Queer Eye for the Straight Guy , in der fünf schwule Männer mit ihrem Expertenwissen über Mode, Kultur, Wohndesign, Essen und andere Stilfragen anderen, nicht Schwulen dabei halfen, ihr Leben umzukrempeln. Ich mochte die Figuren und die Inszenierung und war ein wenig verwundert darüber, dass das Gezeigte nicht dem entsprach, was ich bei Scientology

Weitere Kostenlose Bücher