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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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Menschen, denen ich wirklich vertraute, hatte ich Anschuldigungen dieser Art gegen Onkel Dave noch nie gehört. Ich fand das Ganze eher verstörend als schockierend. In meinen Kreisen wurde zwar nie schlecht über Onkel Dave gesprochen, aber die Leute fürchteten ihn. Mein Onkel konnte leicht aufbrausen, das wusste ich, doch in der Scientology galt solche Leidenschaft auch als Zeichen von Engagement. Trotz der ängstlichen Reaktionen, die er auslöste, und seiner dominanten Persönlichkeit hätte ich ihn nicht für fähig gehalten, anderen Menschen körperlich wehzutun.
    Meinen Eltern zufolge scheute er auch nicht davor zurück, seine Ziele mit Hilfe von Geld zu erreichen. So bot Onkel Dave meinem Vater offenbar an, meiner Mutter einhunderttausend Dollar zu geben, wenn sie allein ging und mein Vater in der Sea Org blieb. Er richtete dieses Angebot bezeichnenderweise nicht an meine Mutter direkt, sondern an meinen Vater, den er anscheinend für empfänglicher hielt. Natürlich lehnte mein Vater ab, aber sie waren beide angewidert von der Unverfrorenheit, mit der mein Onkel glaubte, die Menschen kaufen zu können.
    In den kommenden Wochen und Monaten erfuhr ich immer mehr über die Gründe, warum meine Eltern ausgetreten waren. Meine Mutter erzählte mir von einem Mädchen namens Stacy Moxon, die einige Jahre zuvor gestorben war. Ihr Tod wurde als Unfall dargestellt, obwohl die Umstände eher für Selbstmord sprachen. Die Schwester von Stacy war nur schwer über den Verlust hinweggekommen. Ich fragte mich, ob sie nicht gewusst hatte, wie verzweifelt und deprimiert Stacy gewesen war. Geschichten wie diese gingen mir ungeheuer nahe, denn die ganze Atmosphäre in der Sea Org mit all den Vorschriften und Verboten machte es unmöglich, sich nicht deprimiert und hoffnungslos zu fühlen. Da jede Art von psychischer Erkrankung mit Vorbehalt aufgenommen oder ignoriert wurde, konnten sich Menschen mit solchen Schwierigkeiten an niemanden wenden.
    Mom erzählte noch andere Geschichten, wie die von einem Ehepaar, deren Kinder ich auf der Ranch kennengelernt hatte. Man hatte sie zur Scheidung gezwungen, weil einer von beiden in einer niedrigeren Org arbeitete. Am Ende erwähnte sie noch diverse Leute, die sich zwischen einer Abtreibung und der Sea Org hatten entscheiden müssen. Im Verlauf dieser Telefonate mit meinen Eltern erfuhr ich von meinem Vater auch, dass Onkel Dave höchstpersönlich das Auditing von Lisa McPherson kurz vor deren Tod beaufsichtigt und die Anweisung erteilt hatte, ihr den Status des Clear zu attestieren. Er selbst hatte es meinem Vater erzählt. All diese Informationen untermauerten meine Vermutungen. Ich glaubte meinen Eltern, da für sie kein Anlass bestand, mich zu belügen, und ich es mir auch kaum vorstellen konnte, wie man solche Geschichten erfinden konnte.
    Je mehr sie mir erzählten, desto mehr bestätigte sich, was ich bereits wusste oder geahnt hatte. Diese Ausübung von Zwang geschah flächendeckend. Ich war auf der Int Ranch gewesen, in Australien, auf der PAC , der Flag und hatte gesehen, wie die Zustände waren und wie die Menschen behandelt wurden. Ich war froh, meine Entscheidung getroffen zu haben. Selbst Justin, mit dem ich so lange nicht mehr gesprochen hatte, begann wieder anzurufen und bot mir seine Hilfe an, falls ich Probleme haben sollte herauszukommen.
    Tag für Tag wurde ich bedrängt zu bleiben. Ein hochrangiges Mitglied der OSA wie Linda versuchte mir einzureden, ich sei eine wichtige Kraft in der Sea Org und würde gerade nur eine schwierige Phase durchlaufen. Als ich ihr ein paar der Dinge erzählte, die ich von meinen Eltern erfahren hatte, antwortete sie nur: »Wenn es ihrer Sache dient, erfinden die Leute eben Lügengeschichten.«
    Die Church schickte auch Freunde vorbei, die mich zum Einlenken bewegen sollten, aber ich empfahl ihnen, sich aus der Sache rauszuhalten. Ich hatte meine Schwierigkeiten mit der Church, nicht mit ihnen, und wollte nicht, dass unsere Freundschaft darunter litt. Nachdem mich tagelang jemand aufsuchte und bearbeitete, wusste ich, dass ich nicht länger auf ein gutes Einvernehmen warten konnte. Ich wollte einfach nur raus, und Dallas würde mitkommen. Also vergrub ich mich in unserem Zimmer, bis sie sich dazu durchrangen, mich für meinen abschließenden Security-Check zuzulassen.

KAPITEL 31
Raus und aus
    Ich verbrachte mehrere Tage ganz allein auf meinem Zimmer und wartete auf jemanden aus dem Office of Special Affairs, von dem ich die für einen

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