Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
bloß noch weg und es hinter mir haben, und Dallas konnte um alles in der Welt nicht verstehen, warum ich mich weigerte zu kooperieren. Ständig wiederholte er nur, es »nicht zu begreifen«, auch wenn ich es ihm tausendmal erklärte. Seiner Meinung nach dachte ich vor allem an mich selbst und weniger an ihn und seine familiäre Situation. Er sagte, wenn er mir wirklich wichtig sei, dann würde ich tun, was man von mir verlangte. Ich ertrug die Vorstellung einer weiteren Auditing-Sitzung einfach nicht, und die Richtlinien der Church verboten es, mit jemandem ein Auditing durchzuführen, der nicht dazu bereit war. Wenn er nicht länger mit mir gemeinsam weggehen wollte, dann hatte ich diese ganze Tortur aus meiner Sicht völlig umsonst über mich ergehen lassen.
Um vier Uhr morgens waren die Diskussionen schließlich beendet. Die Entscheidung war gefallen: Ich würde gehen, und er würde bleiben. Eine andere Lösung gab es nicht. Wir waren beide völlig am Boden zerstört und in Tränen aufgelöst, aber ich wusste, ich würde den Verstand verlieren, wenn ich noch länger in der Sea Org blieb. Und ich hatte das Streiten satt.
Den Rest der Nacht verbrachte ich damit, meine Sachen zu packen. Dallas half mir dabei, und wir versuchten beide uns vorzustellen, wie das alles funktionieren sollte. Wir hatten zwar gesagt, dass ich ohne ihn gehen würde, aber unseren Gefühlen entsprach das nicht. Ich schrieb einen Brief an seine Eltern, versicherte ihnen, wie sehr ich sie liebte, und bat sie, gut auf Dallas aufzupassen. Dallas schenkte mir ein paar Sweater, die mich an ihn erinnern sollten.
Am Morgen rief ich meinen Vater an, erzählte ihm von unserer Entscheidung und fragte, ob ich bei ihm und Mom in Virginia wohnen könnte. Er bedauerte, dass es nicht wie erhofft geklappt hatte, aber natürlich dürfte ich bei ihnen wohnen.
Dallas musste zur Arbeit, versprach jedoch mich später zum Flughafen zu bringen. Mir war übel, trotzdem blieb ich fest entschlossen, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Ich konnte einfach nicht weiter an einem Ort leben, an dem jeder meiner Gedanken und Bewegungen kontrolliert wurde. Gegen acht Uhr abends kehrte Dallas von der Arbeit zurück. Er wirkte müde und abwesend. Als wir uns umarmten, sah ich Linda hinter ihm in der Tür stehen.
»Was zum Teufel macht die denn hier?«, fauchte ich.
Dallas bat sie, vor der Tür zu warten, während er mit mir sprach. Dann setzte er sich aufs Bett und fasste meine Hände. »Okay, sie werden dir also erlauben, ohne Beichtverfahren zu gehen«, sagte er. Ich verstand nicht, warum er von »mir erlauben« sprach, da ich so oder so gegangen wäre, auch wenn sie es mir nicht »erlaubt« hätten.
Er erzählte, dass die Kirche mir noch für diesen Tag einen Nachtflug nach Virginia gebucht hatte. »Kommst du mit?«, fragte ich voller Hoffnung, obwohl ich die Antwort doch kannte.
»Nein«, sagte er mit gesenktem Blick, um mir nicht in die Augen sehen zu müssen.
Es gab nichts, was ich noch hätte tun können. Ich hatte alles versucht, um ihn zu überzeugen. Ohne Erfolg. Nie war ich schrecklicher gescheitert in meinem Leben. Ich brach in Tränen aus.
Als ich nach meinem Gepäck griff, fragte ich ihn, ob er mich wenigstens zum Flughafen bringen würde. Er versprach es mir.
»Fertig?«, fragte Linda von der Tür aus. Ich hasste sie mehr, als es sich in Worte fassen ließ.
»War Dallas heute den ganzen Tag bei Ihnen?«, fragte ich. Linda verneinte, und Dallas verdrehte die Augen, was mir Gewissheit gab, dass ich richtiglag. Außer mir vor Zorn begann ich sie anzuschreien. Als sie dann noch Dallas zu überreden versuchte, mich in ein Taxi zu stecken und nicht selbst zum Flughafen zu bringen, verlor ich völlig die Beherrschung. Ich war seine Frau, Herrgott noch mal. Es würde das letzte Mal sein, dass wir uns sahen. Dennoch musste sie uns auch das noch vor lauter Rachsucht nehmen.
Dallas erklärte schließlich, dass er mich trotz Lindas Einwänden bringen würde. Sie musste erst ein paar Telefonate führen, dann wurde die Erlaubnis erteilt unter der Bedingung, dass sie uns begleitete. Natürlich wollte die Church mich auf keinen Fall mit Dallas allein lassen. Sie fürchtete, dass ich ihn überreden könnte. Die Fahrt verlief höchst angespannt. Während Dallas und ich versuchten, unsere letzten gemeinsamen Stunden zu nutzen, drängte sich Linda zwischen uns, indem sie sich mitten auf den Rücksitz platzierte, nach vorn beugte und verhinderte, dass wir uns zu nahe kamen
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