Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
einvernehmlichen Austritt notwendigen Unterlagen und Sitzungen erhielt. Die Bestimmungen besagten, dass ich erst den Security-Check für ausscheidende Mitarbeiter absolvieren musste, bevor ich gehen konnte. Voraussetzung dafür war wiederum eine Beendigung des Auditing, in dem ich gerade gesteckt hatte, als das ganze Chaos begann. Zu einer Fortsetzung des Auditing war ich jedoch weder körperlich noch emotional in der Lage, was ich Dallas auch sagte. Er hatte Linda noch nichts von seinem Austritt erzählt, da er den Beginn meines Security-Checks abwarten wollte. Auf diese Weise hoffte er, bis zuletzt auf seinem Posten bleiben und die Abkommandierung zu einfachen Diensten umgehen zu können, die Fahnenflüchtige gewöhnlich traf.
Um die Beendigung meines Auditing entbrannte ein tagelanger Streit zwischen Dallas und mir. Er war genervt von meiner Bockigkeit und konnte nicht begreifen, dass ich am Ende meiner Kräfte war, ganz egal, wie sehr ich mich auch bemühte, es ihm verständlich zu machen. Ihm ging es in erster Linie darum, dass ich ordnungsgemäß austrat, weil er sich ansonsten zwischen mir auf der einen Seite und seiner Familie auf der anderen, die immer noch in der Church war, entscheiden musste. Seine Familie bedeutete ihm alles. Mit mir zusammenbleiben und trotzdem seine Familie nicht verlieren konnte er nur, wenn ich keine SP wurde. Und diese Deklarierung konnte ich nur vermeiden, wenn ich mein Auditing beendete, meinen Sec-Check absolvierte und die Formulare unterschrieb.
Ich spürte, dass Dallas zunehmend verschlossener wurde, und versuchte ihm mehr Raum zu lassen. Es war eine anstrengende Zeit. Er kam immer später und später von der Arbeit nach Hause und freute sich bei unserem Wiedersehen nicht so, wie er es früher getan hatte.
»Was ist los?«, wollte ich wissen.
»Nichts, nur viel Arbeit«, sagte er einsilbig.
Ich wusste, irgendwas stimmte da nicht. Normalerweise unterhielt sich Dallas gerne mit mir, aber nun beantwortete er nicht einmal die einfachsten Fragen. Ich rief meine Eltern an, die davon überzeugt waren, dass jemand von der Church auf ihn einredete. Das war auch mein erster Gedanke gewesen. Auf meine Nachfrage hin hatte er das allerdings abgestritten. Angesichts der Erfahrungen, die sie selbst bei ihrem Austritt gemacht hatten, erschien mir ihr Verdacht dennoch stichhaltig. Als ich ihn das nächste Mal sah, fragte ich Dallas rundheraus, mit wem er reden würde. Er sagte, mit niemandem, und wir beließen es dabei, obwohl uns das keinen Schritt weiterbrachte. Misstrauen und Verfolgungswahn beherrschten uns, und wir waren unsicher, wie es weitergehen sollte. In unserer dreijährigen Ehe hatten wir noch nie an einem solchen Scheideweg gestanden.
Eines Morgens sagte mir Dallas, als er zur Arbeit aufbrach, er würde mich in der Mittagspause besuchen, kam dann aber nicht. Besorgt kramte ich mein verbotenes Handy hervor und rief beim Empfang an. Dort wusste allerdings auch niemand, wo er war. Panisches Entsetzen packte mich bei der Vorstellung, sie könnten ihn erneut versteckt halten. Die Ungewissheit war kaum auszuhalten. Da ich nicht wusste, was ich noch tun konnte, um ihn zu finden, legte ich mich hin und schlief ein.
Ein paar Stunden später weckte mich ein Klopfen an der Tür. Ich öffnete, und da stand Linda. Sofort wollte ich von ihr wissen, wo Dallas war. Sie sagte, sie wisse es nicht, aber ich hörte an ihrem gekünstelten Ton, dass sie mir etwas verschwieg. Dann zog sie aus ihrer Aktentasche einen dünnen Stapel Papiere.
»Also gut, hier haben wir die Checkliste für ausscheidende Mitarbeiter«, sagte sie.
Der Begriff »ausscheidende Mitarbeiter« ließ mich zusammenzucken. Ich wusste, dass meine Zeit dem Ende zuging, aber die Worte laut ausgesprochen zu hören, war doch etwas anderes. Nicht in einer Million Jahren hätte ich für möglich gehalten, selbst einmal die Checkliste für »ausscheidende Mitarbeiter« abzuhaken. Ich beruhigte mich mit der Tatsache, dass ich alles in meiner Macht Stehende versucht hatte.
Linda erklärte mir die diversen Punkte auf dem Formular, die ich bearbeiten sollte. Wie vorauszusehen war, musste ich zuerst den Security-Check absolvieren. Da lief es mir bereits wieder eiskalt den Rücken hinunter. Laut LRH bestand der einzig denkbare Grund für ein Verlassen des Mitarbeiterteams darin, dass die betreffende Person etwas vor den anderen verbarg. Er glaubte, ein Beichtverfahren und die Einsicht in ihr Fehlverhalten würde diesen Menschen helfen,
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