Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
oder zu viel redeten. Zwei Stunden vor Abflug kamen wir am Los Angeles Airport an. Nach dem Einchecken blieb mir noch immer reichlich Zeit, mich von Dallas zu verabschieden. Da Linda aber weiter permanent um uns herumstrich, sagte ich ihr, sie solle verschwinden. Ich drohte ihr damit, andernfalls eine Riesenszene zu machen. Aus Angst vor schlechter PR für die Church ging sie zögernd davon.
Dallas und ich hatten gerade einmal zwanzig Minuten im Wartesaal gesessen, als Linda zurückkam und Dallas erklärte, sie müsse wieder an die Arbeit und er solle mich hier allein auf meinen Flug warten lassen. Ich spürte, wie sein Körper sich verkrampfte. Er war eindeutig genervt über den Mangel an Respekt, den diese Frau der Situation entgegenbrachte, die für uns so qualvoll war. Dennoch gelang es ihm, die Fassung zu bewahren, eine Eigenschaft, die ich immer an ihm bewundert hatte. »Also gut«, sagte er ihr, »geben Sie uns einfach noch ein paar Minuten.« Ich rastete aus und begann sie zu beschimpfen. Sofort eilte Linda davon, wahrscheinlich um noch jemand anderen anzurufen, aber das kümmerte mich nicht.
Ich stand da, betrachtete Dallas und konnte einfach nicht glauben, ihn nie wiederzusehen. Ich wollte schon so lange weg, doch als ich hier stand und hörte, mit welcher Verachtung Linda über uns und unsere Beziehung sprach, da wusste ich plötzlich, dass ich auf gar keinen Fall ohne ihn in dieses Flugzeug steigen würde. In seinem tiefsten Innern lehnte er diese Entscheidung ebenso ab wie ich, davon war ich fest überzeugt. Ich konnte Dallas einfach nicht bei solchen Leuten zurücklassen. Die Kirche verfügte über einen endlosen Vorrat an Lindas, und wenn das ganze Chaos hier vorbei sein würde, bekäme er ihren unbarmherzigen Zorn mit aller Härte zu spüren. Das konnte ich nicht zulassen. Ich würde die Church verlassen, und ich würde sie zusammen mit meinem Mann verlassen.
Offen aussprechen durfte ich diesen Entschluss aber nicht – zumindest noch nicht. Ich entschuldigte mich kurz und rief meinen Vater an, um ihm zu sagen, dass ich noch nicht nach Hause kam. Dad verstand sofort und bot mir seine Hilfe an, wann immer ich sie brauchte.
Zurück an unserer Wartesaalbank teilte ich Dallas meinen Sinneswandel mit. »Ich kann dich nicht verlassen«, sagte ich. »Ich will nicht ohne dich leben. Ich werde bleiben und versuchen, die Dinge in Ordnung zu bringen.« Ich hatte nicht die geringste Absicht, der Church gegenüber nachzugeben, aber das sagte ich Dallas nicht. Ich brauchte einfach nur mehr Zeit, um ihn davon zu überzeugen, mit mir gemeinsam zu gehen.
Dallas strahlte vor Freude über das ganze Gesicht und schloss mich glücklich in die Arme. Ich spürte, wie die Anspannung seinen Körper verließ, während er mich fest an sich presste. »Ich werde dir helfen, wo ich nur kann, damit du das schaffst«, erklärte er voller Begeisterung. Ich lächelte ihn an, erleichtert darüber, wie rasch die Stimmung zwischen uns wieder umgeschlagen war. Allerdings wusste ich auch noch nicht genau, was ich als Nächstes tun sollte.
Wir gingen gerade zum Büro der Fluggesellschaft, um mein Gepäck zurückzuholen, da klingelte das Handy von Dallas. Es war Linda, die wissen wollte, wo wir steckten. Ganz aufgeregt berichtete ihr Dallas, dass er mich zum Bleiben überredet habe und wir nur noch meine Taschen holen würden.
»Sie kann nicht bleiben!«, hörte ich Linda rufen.
Dallas war schockiert. »Ich dachte, wir wollen, dass sie bleibt!«, sagte er.
»Sie kann nicht bleiben!«, wiederholte Linda.
Dallas glaubte, nicht richtig zu hören. Wieder einmal kam die Widersprüchlichkeit der Church deutlich zum Vorschein. Vielleicht wurde ihm in diesem Moment deutlicher als je zuvor bewusst, wie die Kirche das eine sagte und das andere meinte. Eigentlich hätte die Tatsache, dass ich mich zum Bleiben bereiterklärte, eine gute Sache sein sollen. Ich hatte zugegeben, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, und kehrte zurück. War das nicht beabsichtigt gewesen? Trotzdem pochte Linda unnachgiebig darauf, dass ich nicht zurückkommen durfte.
Bevor ich richtig begriff, was geschah, hatte Dallas mich nach draußen dirigiert und um eine Ecke gezogen, wo Linda uns nicht sehen konnte.
»Ich muss dir etwas gestehen«, sagte er. »Ich habe mich in den vergangenen Tagen mit Linda und Mr. Rinder getroffen. Sie haben mir alle möglichen schrecklichen Sachen über dich und deine Familie erzählt. Sie meinten sogar, ich würde meine Familie
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