Mein Geheimnis bist du
langsam aufgefressen werden.«
»Das ist Ihre Analyse?«
»Ja.« Andrea hob bedauernd die Hände. »Leider.«
»Ganz objektiv?«
»Wie sonst?«
Mareike fixierte Andrea. »Es gibt da nicht vielleicht einen anderen Grund, warum Sie sich sperren?«
»Welcher sollte das sein?«
»Sie wollen Renate nicht zufällig eins auswischen?«, fragte Mareike wie aus dem Nichts. »Vielleicht sind Sie auch ein wenig eifersüchtig?«
»Bitte?«, erwiderte Andrea verdutzt.
»Ich erwähnte Renate gegenüber zufällig Ihren Namen. Sie kann sich gut an Sie erinnern.«
Andrea biss sich auf die Lippen. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Wenn Renate erzählt hatte, dass sie beide mal liiert waren, wenn auch nur kurz, dann hatte Mareike natürlich ebenso viel Grund, an ihrer, Andreas, Objektivität zu zweifeln wie umgekehrt. Wie sollte sie Mareike klarmachen, dass Renate ihr egal war, sie, Mareike, dagegen nicht.
Andreas Gedanken kamen ins Stocken. Wie jetzt? Was meinst du mit: Mareike nicht.
Aber ihr blieb jetzt keine Zeit, weiter darüber nachzusinnen. Mareike wartete auf eine Antwort. Andrea suchte nach einer Erwiderung, die dazu geeignet war, Mareike ihren Verdacht zu nehmen und sie zur Vernunft zu bringen.
»Ich will niemandem eins auswischen. Und eifersüchtig bin ich gleich gar nicht. Ich hatte Renate vergessen, bis ich sie aus Ihrem Büro rauskommen sah.« Klang das überzeugend? »Ich lasse mich nicht von irgendwelchen Gefühlen leiten«, betonte Andrea. »Und Sie sollten das auch nicht tun!«
»Keine Angst, ich weiß, was ich tue.«
»Das scheint mir nicht so.«
Mareikes Augen funkelten unerwartet spöttisch. »Na, das sagt die Richtige.«
Was meinte Mareike damit nun wieder? Dann wusste sie plötzlich, um was es ging. Eingedenk aller Umstände, musste Mareike erkannt haben, wie überflüssig ihr Kuss im Auto gewesen war, da Andrea reichlich Erfahrung besaß, was das Küssen von Frauen anbelangte. Mareike fragte sich natürlich, warum Andrea es so weit hatte kommen lassen. Warum diese ganze Szene? Das zeugte nicht gerade von Übersicht oder planmäßigem Handeln. Eher von völliger Verwirrung.
»Es geht im Moment nicht um mich«, überging Andrea die Bemerkung.
»Nein, es geht um den Kreditantrag von Frau Reinecke.«
»Richtig. Aber wenn Renate überhaupt einen Antrag stellen sollte, dann den auf Umschuldung. Allerdings, wie Sie wohl wissen, lautet eine Philosophie unseres Hauses: keine Umschuldungen. Zu arbeitsintensiv bei zu hohem Risiko.«
»Dann machen wir eben eine Ausnahme, verdammt«, knurrte Mareike.
»Keine Ausnahmen. Auch eine Regel. Sorry.«
Jetzt wurde es Mareike zu viel. »Schluss jetzt«, brach sie die Diskussion ab. »Wenn Sie den Antrag ablehnen, werde ich ihn eben befürworten. Und unterschreiben.«
»Aus rein professionellen Gründen, wie ich annehme«, erwiderte Andrea bissig.
Mareike ignorierte die Spitze. »Bringen Sie mir die Unterlagen später in mein Büro.«
»Wie Sie meinen. Es ist Ihr Waterloo.«
Andrea blieb sitzen, während Mareike verärgert das Büro verließ. Verständnislos schaute Andrea ihr nach. War Mareike denn nicht klar, dass sie sich mit so einer Aktion zu Fall bringen konnte? Sie, Andrea, brauchte nur zu warten, bis Mareike den Antrag unterschrieben hatte, und könnte dann mit der Akte zu Brennicke gehen. Fünf Minuten später wäre Mareike Holländer in dieser Bank Geschichte.
Freu dich doch, Andrea. Du kannst deine ungeliebte Konkurrentin abschießen.
Andrea seufzte. Ja, das konnte sie. Aber wollte sie es auch?
»Was stehst du hier rum wie ein Trauerkloß?« Saskia hakte sich bei Andrea ein und zog sie mit sich.
Saskia und Jasmin hatten ein paar Freundinnen zu sich eingeladen, um Jasmins bestandene Meisterprüfung zu feiern. Und die Pläne für die Zukunft natürlich. Die beiden waren super gutgelaunt und steckten die anderen an. Bis auf Andrea. Die war mies drauf.
»Was ist denn los mit dir?«, forschte Saskia nach dem Grund der Trauermiene ihrer Freundin. Sie tauschte die leere Bierflasche, an die Andrea sich klammerte, gegen eine neue aus. »Bist ja die reinste Spaßbremse.«
Andrea lächelte ihre Freundin verkrampft an.
»Kannst mal wieder nicht von der Arbeit abschalten?«, fragte Saskia seufzend.
Andrea machte eine unbestimmte Handbewegung. In gewisser Weise lag Saskia richtig. Es waren Gedanken an Mareike, die Andrea fortwährend im Kopf rumschwirrten. Verwirrende Gedanken.
»Was ist denn an all den Zahlen so spannend, dass sie dich
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