Mein Geheimnis bist du
Teil der Arbeit mit nach Hause nahm. Sie liebte ihren Job zwar, aber etwas Freizeit stand ihr doch wohl auch zu, oder?
»Worum handelt es sich denn?«, fragte Andrea pflichtschuldig.
»Das wird Frau Holländer Ihnen erzählen. Ich wollte Ihnen vor allem sagen, wie sehr ich Ihren Einsatz in den vergangenen Wochen schätze. Machen Sie weiter so.« Brennicke nickte wohlwollend.
Andrea bedankte sich, und Mareikes »Gehen wir in mein Büro?« dirigierte sie in selbiges.
»Kaffee?«, fragte Mareike. Obwohl Andrea keine übermäßige Kaffeetrinkern war, nahm sie eine Tasse. Sie setzten sich an den kleinen Tisch am Fenster, wo Mareike offenkundig schon Unterlagen zurechtgelegt hatte. »Sagt Ihnen der Name Grimm etwas?«, begann sie das Gespräch.
Andrea wühlte angestrengt in den grauen Zellen ihres Gehirns. »Grimm«, murmelte sie dabei vor sich hin. Dann, endlich, eine Assoziation. »Grimm! Ist der Konzern nicht so ein neuer Stern am Himmel der Finanzbranche? Ich erinnere mich, was darüber gelesen zu haben.«
»Sehr gut.« Mareike reichte Andrea einen Prospekt. »Man sagt, und die Zahlen bestätigen das, Grimms Firma habe im letzten Jahr ein Wachstum von dreißig Prozent verzeichnet. Der Mann ist seit einigen Wochen Großaktionär unserer Bank. Im Vorstand sind Gedanken über eine Fusion laut geworden. Grimm signalisiert Interesse an diesem Gedanken.« Mareike schob Andrea einen Ordner zu. »Das sind die Informationen, die uns vorliegen. Konzernprofil, Geschäftsentwicklung nach Segmenten, Geschäftsbericht des Vorjahres sowie der letzte Quartalsbericht mit Konjunkturausblick, Umsatz- und Ergebnisprognose. Die Zahlen sehen sehr gut aus.«
»Sie sagen das, als gäbe es Anlass, an den Zahlen zu zweifeln.« Andrea war nicht entgangen, dass Mareikes Stirn sich in Falten gelegt hatte.
»Nicht im Geringsten. Aber Sie wissen ja: Momentan sind wir alle sehr sensibel. Die Rezession auf dem amerikanischen Finanzmarkt steckt uns in den Knochen. Der ein oder andere Finanzanbieter stapelt über sein Engagement auf dem Hypothekenmarkt in Übersee lieber tief. Da sollte man zweimal hinsehen, bevor man eine Fusion eingeht. Wir wollen nicht hinterher gute Miene zum bösen Spiel machen müssen. Der Vorstand zählt auf uns.«
»Also reden wir nun von der üblichen Routineüberprüfung oder doch von etwas mehr?«, fragte Andrea irritiert.
»Was Sie für richtig halten.«
»Im Falle von etwas mehr , also wenn wir von der üblichen Vorgehensweise abweichen, wäre die Hilfe einer Detektei notwendig. Ich wüsste nicht, wie wir anders an den Teil der Informationen kommen sollten, der außerhalb von Routine liegt.«
»Die Nachforschungen müssen absolut diskret erfolgen. Das müssen Sie sich garantieren lassen«, verlangte Mareike. »Wir wollen niemanden verstimmen.«
»Natürlich nicht. Ist das alles?« Andrea nahm die Unterlagen an sich, wollte aufstehen.
»Fast«, hielt Mareike sie zurück. »Da ist noch etwas.« Mareike zögerte kurz, sagte dann aber mit fester Stimme: »Ich weiß nicht, ob Sie mir das glauben, aber . . . ich bedaure unsere Differenzen. Trotz aller Konfrontationen, ich habe nichts gegen Sie. Im Gegenteil. Sie sind ehrlich und verlässlich. Sie haben sich mir gegenüber mehr als fair verhalten. Das ist nicht selbstverständlich. Andere an Ihrer Stelle . . .«
Andrea wartete. Was will sie mir sagen?
»Ich würde gern das Kriegsbeil zwischen uns begraben und Frieden mit Ihnen schließen.«
Verdutzt schwieg Andrea. Was sollte das jetzt werden? Was stellte Mareike sich vor?
»Ist der Gedanke für Sie so schlimm?«
»Schlimm ist das falsche Wort. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass wir beide plötzlich eine harmonische Zweckgemeinschaft bilden.«
»Ja.« Mareike nickte. »Aber wie kommt das nur«, fragte sie auf einmal mit unerwarteter Impulsivität. »Normalerweise bin ich nicht so . . . zickig.«
Nun war Andrea erst recht verwirrt. Wie bezeichnete Mareike sich? In Andreas Augen war sie alles andere als das. Sie war souverän und, na ja, wohl auch impulsiv. Aber zickig?
Mareike seufzte jetzt. »Liegt wohl an der Anspannung in mir. Ich habe mir vorgenommen, mich in diesem neuen Job schnell zu profilieren, aber ich habe meine Probleme.«
»Probleme?«, fragte Andrea verständnislos. Ihr war nichts zu Ohren gekommen darüber, dass Mareike Holländer nicht die an sie gestellten Erwartungen erfüllte. Aber was wusste sie schon, was in der Geschäftsleitung vorging. Nur so viel, wie man ihr
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