Mein Geheimnis bist du
aber auf gar keinen Fall erweitern. Wir werden Frau Reinecke dafür jedenfalls kein Geld geben.«
Mareike winkte ab. »Wir wissen doch beide, dass es viele Gründe dafür geben kann, warum ein Kredit nicht nach Plan getilgt wird. Notwendige Investitionen zum Beispiel. In jeder Branche gibt es Neuheiten, welche man, will man am Ball bleiben, anschaffen muss. Da kommt es leicht zu unerwarteten Ausgaben, und dementsprechend kommt man mit der Rückzahlung in Verzug. Die Umsatzzahlen werden raufgehen, wenn das Studio sich vergrößert. Es ist einfach zu klein und deshalb unattraktiv für viele Kunden.«
»Sie wussten davon?« Andrea hatte es trotz klarer Zahlen nicht wahrhaben wollen. Doch nun gab Mareike praktisch selbst zu, dass hier etwas faul war. Oder zumindest stark danach roch. »Warum haben Sie es nicht erwähnt?«
»Ich wusste es nicht«, behauptete Mareike. »Aber ist es nicht so in vier von fünf Fällen?«
»Ist Renate Reinecke zufällig Ihre Renate?« Andrea wollte nicht länger um den heißen Brei herum reden.
Mareike nickte. »Ja«, bestätigte sie.
»Und ich soll Ihnen glauben, dass Sie nicht wissen, wie es um die Finanzen Ihrer Freundin steht?«
»Wir trennen Privates und Geschäftliches.«
»Und warum sitzen wir dann hier und reden über sie?«
Mareike legte ihre Stirn in Falten. »Ich war in einer Zwangslage und habe versprechen müssen, ihr einen Gefallen zu tun.«
»Einen Gefallen? Ihr einen Kredit von vierzigtausend Euro zu verschaffen, nennen Sie einen Gefallen?«
»Woher sollte ich denn ahnen, dass Renate so einen Gefallen verlangen würde?«
»Das muss ja ’ne mächtige Zwangslage gewesen sein«, konnte Andrea sich nicht verkneifen zu spötteln.
Mareike seufzte. »Es ging um den Geburtstag meiner Mutter. Aber das zu erklären, würde wirklich zu lange dauern.«
Andrea horchte auf. Mareike und Renate und der Geburtstag der Mutter? Es schien doch was Ernsteres zu sein. Wenigstens für Mareike. Renate war eigentlich nicht der Muttigeburtstagtyp. Nutzte sie Mareikes Gefühle aus, und Mareike merkte es nicht? Immerhin, auch einer Frau wie Mareike konnte mal durch Gefühle der Blick für die Realität verstellt sein.
Andrea schaute Mareike nachsichtig an. »Also gut. Ich kann ja noch einmal bei der VBG nachfragen«, lenkte sie ein. Um Mareikes willen, nicht Renates wegen. »Wenn Frau Reinecke wirklich so immense unerwartete Ausgaben hatte, dann wird man das dort ja wissen.«
Eine erneute Nachfrage bei der VBG brachte aber nur hervor, dass Renates Fitnessbetrieb einfach nicht die erwarteten schwarzen Zahlen schrieb. Er dümpelte an der Nulllinie herum, einen Monat etwas plus, den anderen etwas minus. Größere Neuanschaffungen gab es keine in den ersten zwei Jahren. Das war also nicht der Grund für die Probleme. Andrea vermutete, Renate wollte mit dem neuen Kredit ihre Schulden bei der VBG Bank ablösen, mit deren Rückzahlung sie weit im Rückstand war. Wenn Andrea den Unterton der Dame von der VBG richtig deutete, machte man Renate seitens VBG ordentlich Druck. Sicher versprach Renate sich Abhilfe dadurch, dass sie den Kredit in das Geldinstitut verlagerte, in dem ihre Geliebte arbeitete. Hatte Mareike Holländer ihr am Ende sogar Abhilfe versprochen? Andrea haderte mit sich. Die zu erwartende Auseinandersetzung mit Mareike behagte ihr nicht. Zudem würde sie für ordentlich Spannung zwischen ihnen sorgen. Aber was blieb ihr übrig? Es gab niemanden, der ihr die Sache abnehmen konnte. Und die Umstände mussten nun mal geklärt werden.
Andrea passte Mareike am nächsten Tag in der Kantine ab. »Haben Sie ein paar Minuten? Es geht noch mal um den Antrag von Frau Reinecke. Gehen wir in mein Büro?«
Mareike nickte. Sie fuhren in den fünften Stock. In ihrem Büro setzte Andrea sich umständlich zurecht. Mareike sah sie abwartend an.
»Also, ich weiß, die Sache liegt Ihnen am Herzen«, tastete Andrea sich mit vorsichtigen Worten vor. »Doch auch bei Frau Reinecke müssen wir auf die Fakten sehen. Wie bei allen anderen.«
»Und was sagen die Fakten?«, fragte Mareike. »Ihrer Meinung nach?«, setzte sie hinzu.
»Egal, wie ich es auch drehe und wende, ein weiterer Kredit macht in Frau Reineckes Situation keinen Sinn. Das Studio läuft viel zu schlecht. Woran es liegt, weiß ich nicht. In jedem Fall ist eine Erweiterung utopisch, völlig unangebracht. Noch schlimmer. Wenn nicht ein Wunder passiert, wird das Studio im Laufe der Zeit von den immer wieder mal zu hohen Kosten einfach
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