Mein Geheimnis bist du
übernehmen. Das hast du selbst gesagt. Dann säße ich allein hier beim Mittagessen. Und was das Badminton betrifft, frag doch Kim.«
»Apropos Kim. Sie fragt mich immer nach dir. Warum gehst du nicht mal wieder mit ihr aus? Sie ist so nett.«
Andrea schüttelte resigniert den Kopf. »Ja, das ist sie. Deshalb hat sie es auch nicht verdient, dass ich ihr falsche Hoffnungen mache.«
Saskia seufzte. »Du bist also fest entschlossen?«
»Ja.« Andrea nickte. »Hilfst du mir beim Umzug?«
Andrea pendelte zwischen Hamburg und Berlin.
In Hamburg galt es, die Einrichtung der neuen Filiale zu koordinieren, damit die gemieteten Räume termingerecht fertig wurden. Der beauftragte Architekt tat sich schwer mit den Standardvorgaben der Bank. Sein kreativer Kopf wollte mehr als schlichte Funktionalität.
Auch das Geflecht von Daten- und Stromleitungen verschwand für Andreas Begriffe nur quälend langsam in den Hohlraum unter die Fußbodenplatten. Sie stolperte ständig über Kabelrollen und graue Kästen. Zwei Wochen vor Eröffnung war das Computernetzwerk immer noch nicht arbeitsfähig, weshalb sie eine außerordentliche Sitzung mit dem IT-Team einberief.
Inmitten dieses Chaos führte Andrea Einstellungsgespräche, plante den Ablauf der Rezeption, verschickte Einladungen, suchte nach dem geeigneten Catering und einer neuen Wohnung.
In Berlin ging es in der Bank zwar weniger hektisch zu. Dafür hatte Andrea alle Hände voll mit der Planung ihres Umzugs zu tun. Wohnung kündigen, bei Umzugsfirmen anfragen, Kartons packen, Möbel auseinanderbauen.
Bei all der Geschäftigkeit blieb Andrea wenig Zeit, an Mareike zu denken. Allerdings kam es vor, dass Andrea meinte, in der einen oder anderen Person Mareike zu erkennen. Auf der Straße, auf dem Parkplatz des Supermarktes, im Einkaufscenter, ja einmal sogar vor ihrem Haus. Diese Person stand aber immer entweder weit weg oder war teilweise hinter irgendetwas versteckt. Einem Baum, einem Auto oder einfach hinter anderen Passanten. Wenn Andrea dann an der Stelle ankam, wo sie die Frau gesehen hatte, war die weg.
Weil sie nie da war. Natürlich war das Einbildung. Eine Täuschung. Produkt ihrer Phantasie. Irgendwann hörte Andrea auf, diesen imaginären Frauen nachzulaufen.
Und das schien tatsächlich zu helfen. Die Täuschungen hörten auf. Was blieb, war jedoch das permanente Gefühl, etwas verloren zu haben.
22.
W ie schnell zwei Monate um sein können.
Andrea schaute auf die Umzugskartons, die sich in ihrer neuen Wohnung stapelten.
Saskia und Jasmin waren zurück nach Berlin gefahren, nachdem sie Andrea das Wochenende über beim Möbelaufbau geholfen hatten. Nun mussten die Kartons ausgepackt werden. Dazu allerdings verspürte Andrea nicht die geringste Lust. Plötzlich allein in der noch fremden Wohnung, zweifelte sie, ob ihre Entscheidung, nach Hamburg zu ziehen, richtig war.
Sie trat auf den Balkon, sah auf die Straße. Nur wenige parkende Autos standen dort unter den Kastanienbäumen, beleuchtet vom matten Licht der Straßenlaternen. Die Anwohner parkten zumeist in den Tiefgaragen der zweistöckigen Häuser. Es war eine ruhige Wohngegend. Und sie lag nicht weit entfernt von dem Park, in dem sie mit Mareike spazieren gegangen war. Wo sie gemeinsam unter der knorrigen Eiche saßen . . .
Andreas Blick wanderte die Kastanienbäume entlang in Richtung Park. Etwas lenkte sie ab. Ein Schatten unter einem der Bäume. Dort stand jemand. Eine Frau!
Andrea schloss die Augen, seufzte. Fing das jetzt wieder an? Vielleicht war es doch keine so gute Idee, ausgerechnet hier eine Wohnung zu mieten, so nah an den Erinnerungen dieser einen Nacht.
Andrea öffnete die Augen wieder. Der Schatten war weg. Natürlich.
Sie ging zurück ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher an. Sie musste jetzt unbedingt menschlichen Stimmen hören. Völlig egal, wen oder was, nur etwas, das ihr das Gefühl von Realität gab.
Brennicke brachte einen Vertreter des Vorstandes zur Rezeption mit. Zu den geladenen Gäste gehörten die Wirtschaftsgrößen der Stadt, darunter natürlich Schössler, ein paar Stadtpolitiker und diverse Journalisten. Andrea übergab nach einer kurzen Begrüßungsrede das Wort an das Vorstandsmitglied.
Pflichtbewusst lächelte Andrea den ganzen Tag das herzliche Lächeln einer Gastgeberin, knüpfte erste Kontakte. Sie erhielt jede Menge Komplimente, erwiderte diese natürlich und bemühte sich, sich Gesichter und Namen einzuprägen.
Erleichtert stellte Andrea fest, dass
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