Mein Geheimnis bist du
vierten Stock. Mareike schob die Karte ins Zimmerschloss und drückte die Tür auf. Beim Herausziehen der Karte war sie etwas unachtsam. Das Plastik fiel auf den Boden. Andrea, die hinter Mareike kam, bückte sich gleichzeitig mit ihr, um die Karte aufzuheben. Mit einem dumpfen Laut prallten ihre Köpfe aneinander.
»Au!«, riefen sie fast gleichzeitig.
Andrea hob die Karte vom Boden auf, rieb sich die schmerzende Stirn. Mareike verzog das Gesicht und hielt sich ebenfalls den Kopf.
Sie sahen sich an, lachten.
Im Zimmer trat Mareike nahe an Andrea heran, strich ihr vorsichtig über die Stirn. »Tut es sehr weh?«
»Es wäre gelogen, wenn ich nein sage«, gestand Andrea. »Meine Mutter hat mir früher den Schmerz immer weggepustet. Ich fürchte nur, aus dem Alter bin ich raus, das wird nicht mehr funktionieren.«
»Na, mal sehen.« Mareikes Lippen berührten zärtlich Andreas Stirn. Andrea spürte den sanften Hauch ihres Atems. »So in etwa?«, fragte Mareike leise.
Andrea schluckte. Nein, absolut nicht. Als ihre Mutter das immer getan hatte, hatte sie niemals Herzklopfen verspürt. Es hatte sich auch ganz bestimmt nicht so erotisch angefühlt.
Mareikes Lippen wanderten weiter zu Andreas Schläfe, von dort zu ihrer Wange und weiter zum Mund. Andrea hatte zu lange auf diesen Kuss gewartet, als dass sie sich ihm hätte entziehen können. Mareike war jetzt, in diesem Moment, ganz bei ihr. Das spürte Andrea. Es kam ihr nicht in den Sinn, den Grund dafür zu hinterfragen oder anzuzweifeln. Wenn überhaupt ein solcher Gedanke in ihrem Kopf war, dann so flüchtig, dass er wie ein Windhauch kam und sich gleich wieder auflöste.
Andrea erwiderte Mareikes Kuss. Zunächst etwas unsicher, wurde sie mehr und mehr mitgetragen von Mareikes behutsamem Werben. Andrea spürte, wie sie weiche Knie bekam. Als Mareikes Hand sich zwischen ihre aneinandergeschmiegten Körper schob und Andreas Bluse aufknöpfte, begann Andrea zu zittern, versuchte, es zu unterdrücken, und versteifte sich dabei. Mareike hielt inne.
»Nein«, flüsterte Andrea. Ihre Stimme vibrierte. »Nicht aufhören.«
Ihre Lippen fanden sich erneut. Mareike zog Stück für Stück Andreas Bluse aus dem Bund der Hose, knöpfte sie weiter auf, schob sie schließlich über Andreas Schultern, sodass sie auf dem Boden landete. Dort lagen kurz darauf auch Mareikes Bluse und zwei BHs.
»Du zitterst«, flüsterte Mareikes zärtliche Stimme neben Andreas Ohr.
»Ich weiß. Beachte es nicht. Es ist gleich vorbei.«
Mareike lächelte. »Ja, wenn du dich entspannst.«
»Ich kann mich jetzt nicht entspannen.«
»Wieso?«
»Das fragst du noch?«
Mareikes Gesicht nahm einen erstaunten Ausdruck an. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass es so schlimm für dich war.« Sie strich Andrea zärtlich durchs Haar. »Ich war so blind.«
20.
I m Moment, da Andrea erwachte und sie in Mareikes schlafendes Gesicht sah, stellten sich sofort wieder Zweifel ein. Meinte Mareike wirklich sie? Oder war sie nur ein Ersatz für Laura?
Andrea beabsichtigte nicht, Mareike einen Vorwurf deswegen zu machen. Die sehnte sich begreiflicherweise nach Zärtlichkeit. Aber eben nicht durch ihre, Andreas, sondern durch Lauras Hände. Und der Beweis: Mareike hatte sie nicht gesagt. Die drei Worte. Nicht mal andeutungsweise.
Und hätte sie es getan? Wärst du dann überzeugt? – Nein. Nicht mal dann. Aber sie hat sie ja nicht mal gesagt.
Andrea stand auf und ging ins Bad. Sie duschte sehr ausgiebig, weil sie hoffte, wenn sie das Wasser nur lange genug auf ihre Haut prasseln ließ, würde das die Verbindung zur letzten Nacht kappen. Aber ein solcher Effekt setzte nicht ein. Als Andrea aus dem Bad kam, fühlte sie sich genauso wackelig wie vorher. Dass Mareike mittlerweile auch aufgewacht war und sie mit einem sanft lächelnden »Guten Morgen« begrüßte, machte es nicht besser.
»Guten Morgen«, gab Andrea bedrückt zurück. »Das Bad ist jetzt frei.«
Mareike stand auf, hob ihre Bluse vom Fußboden auf, zog sie an. Mit wenigen Schritten war sie bei Andrea und umarmte sie.
Mareike, die einen Kuss von Andrea erwartete oder wenigstens eine andere Form der Liebkosung, trat irritiert einen Schritt zurück, als jegliche Reaktion ausblieb.
»Was ist los?« Mit so starker Zurückhaltung, ja fast Ablehnung, hatte sie nicht gerechnet. Doch dann grinste sie. »Habe ich etwa einen Morgenmuffel erwischt?«
Andrea ging nicht auf den Scherz ein. »Wir müssen uns etwas beeilen, wenn wir um zehn beim Kunden sein
Weitere Kostenlose Bücher