Mein Geheimnis bist du
wollen«, sagte sie lediglich. Sie holte ihre Reisetasche, begann zu packen.
Nun war Mareike klar, dass hier etwas nicht stimmte. »Habe ich irgendwas falsch gemacht?«, wollte sie wissen. »Oder ist das deine Art, für den Morgen danach?«
Da Andrea schwieg, sagte Mareike: »Also, ich hatte gestern Nacht nicht den Eindruck, dass da was falsch lief. Im Gegenteil. Warum stehe ich also hier und muss solche Fragen stellen?«
Andrea seufzte, ließ von ihren Kleidungsstücken ab und schaute Mareike ernst an. »Seien wir doch ehrlich. Das mit gestern Nacht . . . das war . . .«
». . . das war sehr schön«, unterbrach Mareike.
»Ja, aber . . . also du weißt doch, wie das mit Pflastern ist? Am Abend legt man eines auf die Wunde, und am nächsten Tag, wenn die Wunde nicht mehr offen ist, nimmt man es ab, weil es besser ist, Luft an die Wunde zu lassen, damit sie schneller abheilen kann.«
»Wovon redest du bitte?«
»Ich war das Pflaster. Dein Trostpflaster. Ich anstatt Laura. Nun ist der nächste Tag, und . . . du brauchst dich nicht verpflichtet fühlen.«
Mareike schüttelte den Kopf. »Das tue ich nicht. Ich will deine Nähe genießen.« Sie lächelte. »Das ist doch nicht so schwer zu verstehen.«
Doch allerdings. Warum so plötzlich?
Leise, aber eindringlich sagte Andrea: »Mareike, ich kann dir Laura nicht ersetzen. Und um deine Einsamkeit zu überbrücken, bin ich nicht die Richtige.«
»Aber . . .« Mareike hob hilflos die Hände. »Ich dachte auch nicht an eine Überbrückung. Ich dachte, du . . . könntest sie ausfüllen.«
Andrea musste schlucken. Zu gern täte sie das. Aber von Anfang an wollte sie nie die zweite Wahl sein. Daran hatte sich nichts geändert.
»Wie soll denn das gehen?«, fragte sie sanft. »Wie bei einem Loch im Socken, das man einfach zustopft? Du wirst zugeben müssen, dass so ein gestopftes Loch der Socke nie wieder das ursprüngliche Aussehen zurückgeben kann. Genauso wenig wie ich dir das Gefühl geben kann, welches du mit Laura hattest.«
Mareike trat dicht an Andrea heran. »Du kannst mir dieses Gefühl nicht geben?« Sie streichelte Andreas Wange. »Dieses Gefühl, wenn tausend kleine Ameisen in meinem Bauch krabbeln? Mir warm ums Herz wird vor Freude, nur weil ich dich ansehe? Dieses Gefühl kannst du mir nicht geben? Meinst du das?«
Andrea nickte beklommen.
»Aber du hast es bereits getan. Was glaubst du, war gestern Nacht? Und was – auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen –, glaubst du, war, als ich dich im Krankenhaus geküsst habe?«
Andrea erinnerte sich nur zu gut. Auch an Mareikes Worte im Anschluss. »Du sagtest, das war ein Fehler.«
»Nein. Ich sagte: Ich glaube, ich bin dabei, einen Fehler zu machen.«
Andrea sah da keinen großen Unterschied.
Mareike seufzte. »Ich glaubte, meine Gefühle für Laura wären nach wie vor dieselben. Das war der Fehler, den ich fühlte. Nicht dich zu küssen. Das war – einfach wunderschön.«
»Ja, es war wunderschön. Aber ist es auch das, was du wirklich willst?«, zweifelte Andrea nach wie vor.
»Was meinst du?«
»Du sagtest doch selbst, du wärest mit Laura gegangen.«
»Und du? Was machst du? Du versteckst dich die ganze Zeit. Vielleicht hätte ich es gebraucht, dass du mir zeigst, wie du fühlst. Liebe bedeutet auch kämpfen!« Mareike atmete tief ein. »Was willst du? Jemanden, der dir sagt, dass alle seine bisherigen Gefühle nichts bedeuten? Dass sie nur ein Umweg auf dem Weg zu dir, der einzigen, wahren, ewigen Liebe waren? Willst du das hören? Gibt dir das ein sicheres Gefühl? Vertraust du lieber jemandem, der alles vor dir negiert? Was sind denn solche Beteuerungen wert? Wie lange haben sie Bestand? Doch nur, bis du plötzlich auch ein Teil des Umweges zur nächsten, angeblich einzigen Liebe wirst.«
»Aber manchmal sind es eben gerade solche Worte, die es braucht. Auch wenn sie sich später als falsch erweisen.«
Mareike stand da. Ratlos. Was sollte sie noch sagen? »Was heißt das jetzt? Machen wir einfach weiter wie bisher?«
»Ich denke, es ist das Beste, wir machen gar nicht weiter. Für mich, verstehst du. In deiner Nähe werde ich mich einfach immer schlecht fühlen, weil ich . . . dich liebe, aber . . . das mit uns eben nichts wird. Es kann nicht klappen. Ich würde immer auf den Moment warten, dass Laura wieder auftaucht. Es würde mich zermürben. Es würde unsere Beziehung zermürben.«
Enttäuscht stand Mareike da. »Ja, aber das ist nicht mein Fehler,
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