Mein Geheimnis bist du
irgendetwas anderes. Denn Andrea wusste nicht, wo sie Mareike erreichen konnte. Sie war einfach gegangen, ohne Abschied, ohne Nachricht. Jeder, den sie fragen würde, würde sagen, Mareike sei in New York. Wo war sie wirklich?
Andrea ahnte es nicht. Sie wusste nur eines: Von allen möglichen Szenarien war dieses hier das schlimmste – Mareike und sie könnten wahrscheinlich zusammen sein, wenn sie sie nicht abgewiesen hätte.
Die folgenden Tage waren geprägt von Andreas Bemühungen herauszufinden, wo Mareike sich aufhielt.
Die Personalabteilung wusste nichts. »Frau Holländer hat ihre Beurteilung am letzten Arbeitstag persönlich abgeholt.«
»Wir haben lediglich eine Kontonummer, um die Kaution zurückzuerstatten«, lautete die Auskunft der Hausverwaltung.
Andrea rief sogar Mareikes Mutter an. Die wusste nicht einmal, dass ihre Tochter gekündigt hatte. Auch Mareikes Bruder war überrascht, davon zu hören.
»Sie hatte sich doch so viel von dem Job versprochen«, meinte er.
Andrea war den Tränen nahe. »Hat sie denn niemanden, mit dem sie spricht, wenn sie . . . na ja . . . Probleme hat?«
»Nein. Ich fürchte nicht.« Bernd Holländers Stimme klang hilflos. »Aber sollte sie sich melden, sage ich ihr, dass Sie angerufen haben.«
Andrea rang sich ein mutloses Danke ab. Und zermarterte sich weiter den Kopf, wo sie noch suchen konnte. Sie wollte nicht aufgeben. Verdrängte den Gedanken, dass diese ganze Suche nicht nötig gewesen wäre, wenn sie früher zur Besinnung gekommen wäre. Schließlich heulte sie sich bei Saskia aus, der aber auch nichts einfiel.
Irgendwann musste Andrea einsehen: Mareike war weg. Unwiederbringlich.
21.
A ndrea versuchte, zurück in den Alltag zu finden. Bevorzugter Alltag waren dabei die Werktage. Vor dem Wochenende fürchtete Andrea sich. Zwar konnte sie Arbeit mit nach Hause nehmen, aber sie war dennoch mit sich allein. Endlose Stunden des Grübelns lagen vor ihr. Immer wieder Fragen, die alle mit Warum begannen.
Warum konnte ich es nicht nehmen, wie es war?
Warum musste ich mit diesem Ersatzblödsinn anfangen?
Warum habe ich ihr nicht geglaubt?
Am Montagmorgen war Andrea dann mehr gerädert als nach einer Woche anstrengender Arbeit.
So zog die Besprechung auch heute nur an ihr vorbei. Sie hörte Brennickes Worte, speicherte automatisch die relevanten Informationen ab. Dennoch lag alles in weiter Ferne. Erst als ein bestimmter Name fiel, horchte Andrea auf.
»Frau Holländer machte vor ihrem Weggang einen interessanten Vorschlag«, sagte Brennicke. »Ich habe in den vergangenen Wochen darüber nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass Frau Holländer mit ihrer Einschätzung absolut richtig lag. Frau Lange wird das neue Büro in Hamburg leiten. Und zwar erfolgreich, daran habe ich keinen Zweifel.«
Andrea hörte fassungslos Brennickes Worte. »Einerseits möchte ich Frau Lange lieber hierbehalten«, fuhr Brennicke fort. »Sie hat sich als Wellers Nachfolgerin hervorragend bewährt. Andererseits brauchen wir für das Büro in Hamburg eine Spitzenkraft, auf die wir vertrauen können.« Er nickte Andrea zu. »Was sagen Sie dazu?«
Zunächst war Andrea sprachlos. Mareike hatte Brennicke das empfohlen? Warum hatte sie das nicht gesagt? Warum war sie einfach verschwunden, ohne noch mal mit ihr zu reden?
»Frau Lange?« Brennicke sah Andrea auffordernd an.
»Ich . . . bin überrascht.«
»Würden Sie diese Aufgabe übernehmen wollen?«
»Ja.« Andrea fasste sich, soweit ihr dies möglich war. »Natürlich. Sehr gern.«
»Wunderbar.« Brennicke nickte zufrieden. »In acht Wochen ist es so weit. Dann wird die neue Filiale eröffnet.«
Saskia fand die Neuigkeit alles andere als wunderbar. »Hast du schon mal überlegt, was das noch bedeutet? Was willst du allein in einer fremden Stadt? Wer kümmert sich um dich, wenn es dir schlecht geht? Wer lacht mit dir, wenn du – was Gott bald geben möge – dich neu verliebst?«
»Es ist eine Superchance, um weiterzukommen«, hielt Andrea entgegen. Wie kam Saskia nur auf die absurde Idee, sie würde sich neu verlieben?
»Wohin? Eine weitere Stufe hinauf auf der Karriereleiter. Ist das denn alles, was du willst?«
»Ich brauche das. Im Moment sind solche kleinen Erfolge das Einzige, was mir Antrieb gibt.«
»Und was wird aus mir?«, änderte Saskia ihre Taktik. »Mit wem soll ich dann Mittag essen? Mit wem zum Badminton gehen?«
»Du wirst früher oder später das Büro in Jasmins Werkstatt
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