Mein Geliebter aus den Highlands
Gewalt geschlossen, und Alana vernahm laute Stimmen. Sie sah wieder zu Gregor. »Das klingt alles sehr sonderbar, findest du nicht auch? Aber ich gehe davon aus, dass die Geschichte sehr spannend ist. Ich kann es kaum erwarten, sie zu hören.«
»Ich frage mich, ob tatsächlich einer meiner Verwandten hier war«, murmelte Gregor und betrachtete stirnrunzelnd die Tür.
»Die Frage ist, warum er hier war. Und warum waren meine Brüder zwei Mal hier? Dass Keira herkam, ist das Einzige, was ich gut verstehen kann. Und ich kann mir auch vorstellen, warum sie hier war. Aber welchen Ärger sie hier erregt hat, kann ich mir beim besten Willen nicht denken. Keira verursacht nie Ärger.«
Alana wollte gerade erneut an die Tür pochen, als Matthew auftauchte, beladen mit zwei großen Körben. Die Tür wurde so rasch hinter ihm zugeworfen, dass sie beinahe auf seinem Rücken gelandet wäre. Gregor nahm ihm einen Korb ab, und Matthew führte Alana und ihren Begleiter zu einem gewundenen Pfad.
»Wohin gehen wir denn, Cousin?«, fragte Alana.
»Zu dem Häuschen, in dem wir Gäste unseres Klosters unterbringen«, erwiderte Bruder Matthew. »Ist das eine Katze, die du da herumträgst wie ein Kind?«
»Aye, ein Kater. Er heißt Karl der Große.«
Unterwegs erzählte Alana ihrem Cousin alles über Karl und darüber, warum sie so plötzlich an der Klosterpforte aufgetaucht war. Als sie mit ihrer Geschichte fertig war, hätte sie Matthew am liebsten geschüttelt, damit er ihr endlich verriet, was er von Keira wusste. Doch sie mahnte sich, ruhig zu bleiben und abzuwarten, bis er dazu bereit war, mit seinen Neuigkeiten herauszurücken. An dem Häuschen angekommen, knirschte sie vor Ungeduld mit den Zähnen. Gregor hingegen schien die Sache nach wie vor sehr zu belustigen, was ihren wachsenden Unmut natürlich verstärkte.
»Tretet ein und setzt euch«, forderte Matthew sie auf und stellte seinen Korb auf den Tisch. »Wir können uns unterhalten, während ihr euch stärkt.«
»Sie war hier, genau hier, in diesem Häuschen«, wisperte Alana. Sie spürte Keiras Anwesenheit so stark, dass sie sich wunderte, sie nicht direkt vor sich stehen zu sehen. »Sie hat hier gewohnt, und sie hat sich vor etwas gefürchtet. Oder vor jemandem.«
»Jemandem«, sagte Bruder Matthew. »Bitte, Alana, setz dich und lass mich erzählen, was ich von Keira weiß.«
Gregor legte den Arm um Alanas Schultern und drückte sie kurz. Den scharfen Blick, den Bruder Matthew ihm zuwarf, übersah er geflissentlich. »Wir haben ihre Spur gefunden, Liebes. Jetzt wollen wir uns Keiras Geschichte anhören.« Er küsste ihren Scheitel und führte sie zum Tisch, an dem ihr Cousin schon auf sie wartete.
»Ich kann es kaum glauben, welche Abenteuer ihr hinter euch habt«, sagte Bruder Matthew. Er schenkte Wein in die hölzernen Becher, die auf dem Tisch standen. »Dank Gottes Güte habt ihr sie alle überlebt.«
»Ich habe kaum Schaden genommen, Cousin«, sagte Alana. »Aber ich weiß ganz genau, dass Keira verletzt wurde. Ziemlich schwer sogar, glaube ich.«
»Aye, sie hatte ernste Verletzungen.«
»Vielleicht solltet Ihr uns die Geschichte von Anfang an erzählen«, schlug Gregor vor. »Alana weiß bislang nur, dass der Gemahl ihrer Schwester tot ist, dass Keira Verletzungen erlitten hat, als Ardgleann eingenommen wurde, und dass sie verschwunden ist.«
»Greif zu«, drängte Bruder Matthew Alana sanft. »Ich erzähle dir alles, was ich weiß. Wenn ich fertig bin, kannst du mich alles fragen, was du noch wissen willst. Also: Ein Gesetzloser namens Rauf Mowbray hat Keiras Gemahl, den Laird von Ardgleann, ermordet. Rauf und seine Männer haben Ardgleann erobert und viele der dort Lebenden umgebracht. Rauf wollte aber nicht nur das Land des Lairds, sondern auch dessen Gemahlin an sich reißen. Deine Schwester wurde verletzt, als sie sich gegen ihn wehrte.«
»Hat er …?«, fing Alana an. Sie hatte Angst vor der Antwort, obgleich sie sich nahezu sicher war, dass ihre Schwester diesem grausamen Schicksal entgangen war.
»Nay!« Bruder Matthew beeilte sich, beruhigend die Hand zu tätscheln, mit der Alana die Tischkante umklammerte. »Sie ist ihm entkommen, bevor er sich derart an ihr versündigen konnte.«
Alana nickte und zwang sich, ruhiger zu werden. Schon bei dem bloßen Gedanken, dass ihre Schwester möglicherweise Opfer eines solchen Verbrechens geworden war, hatte sie das blanke Entsetzen befallen. Doch im Grunde war ihr klar, dass ihr Cousin die Wahrheit
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