Mein geliebter Maerchenprinz
zweifelte er daran. Jedes Mal wenn Paparazzi ihn mit noch einer schönen Schauspielerin erwischten, nannte ihn die Boulevardpresse den lustigen Witwer. Aber sie ahnten nichts von dem Schuldgefühl, das an ihm nagte, weil er Simonetta so schändlich behandelt hatte. Wie sollten sie auch? Er selbst war ja ahnungslos gewesen. Erst einen Monat, bevor Simonetta starb, war ihm klar geworden, was er wirklich für sie empfand. Nach ihrem Tod hatte die Liebe für sie ihn so überwältigt, dass er das Gefühl gehabt hatte, er müsste ertrinken.
„Die Principessa ist sehr schön“, sagte seine Mutter.
„Ja, wie ein Juwel. Und genauso kalt.“
„Ohne Macht und Geld bedeutet ein Titel gar nichts, Nico. Es spricht sehr viel für diese Heirat.“
„Wie du mir schon unzählige Male gesagt hast.“
„Du bist ein Prinz.“
„Eine sehr bedauernswerte Tatsache, die mein Leben mehr kompliziert, als mir lieb ist.“
„So große Privilegien bringen nun mal auch große Verantwortung mit sich. Du musst eine gute Ehe eingehen und dich verantwortungsvoll benehmen. Du musst an deine Kinder denken, an die zukünftigen Generationen. Unsere Position war noch nie so gefährdet wie in der heutigen Zeit. Die Liebe kommt nach der Heirat, wenn man Glück hat. Du hast Simonetta doch auch geliebt, oder?“
„Ich hatte Glück. Aber der Blitz schlägt niemals zweimal am selben Ort ein.“ Die Hartnäckigkeit seiner Mutter begann Nico allmählich zu ärgern, und er holte tief Luft. Trotzdem widerstand er dem Impuls, das Gespräch einfach abzubrechen. „Lass uns nicht über Simonetta reden, wenn es dir nichts ausmacht.“
„Mein armer tesorino.“
Seine Mutter hielt Trauer ebenso wie andere Gefühle für einen Luxus, den Leute wie sie sich nicht leisten konnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Romanos zehn Schlösser und sehr viel Land an die Russen verloren. Seitdem hatte die Familie es geschafft, ihre Macht und ihr Ansehen durch kluge Heiraten und die geschickte Erweiterung ihrer Geschäftsinteressen zu verbessern. So besaßen sie zum Beispiel riesige Besitztümer in Nord- und Südamerika, von denen Nico die meisten selbst leitete.
Und dennoch hatte Violas Familie im letzten Jahrhundert sehr viel besser abgeschnitten und war um einiges reicher als seine. Nicos Mutter hatte schon bei Simonettas Beerdigung begonnen, Violas Eltern zu umwerben.
„Ich habe schon verstanden, dass eine Verbindung mit Viola der Familie große Vorteile einbringen würde“, sagte er. „Aber muss sich wirklich alles immer um Geld drehen?“
„Natürlich nicht, tesorino. Aber Viola ist doch auch sehr schön, oder? Sie ist kein Ungeheuer. Du wirst dich in sie verlieben.“
Nico runzelte die Stirn. Wie immer war das Timing seiner Mutter äußerst bedauerlich. Er wollte nicht heiraten. Es war noch zu früh. Vor zwei Jahren hatte er nicht nur Simonetta, sondern auch einen ungeborenen Sohn verloren, als die Bremsen ihres Wagens versagten und sie gemeinsam mit ihrem Chauffeur von der Küstenstraße an der französischen Riviera abgekommen und ins Meer gestürzt war.
Auch die Ehe zwischen ihm und Simonetta war von ihren Familien arrangiert worden, und weil Nico wütend darüber gewesen war, dass man ihn zu einer Ehe gezwungen hatte, war ihm nicht bewusst geworden, dass er in den letzten Monaten ihres Lebens begonnen hatte, Simonetta zu lieben.
Die Erinnerung an sie erfüllte ihn mit Trauer und Bedauern. Er hatte viel zu lange alles getan, um sie unglücklich zu machen, und er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen und sie für allen Kummer entschädigen, den er verursacht hatte. Aber es war zu spät. Seine Mutter hatte in gewisser Weise recht. Irgendwie musste er einen Weg finden, um sich von der Vergangenheit zu lösen.
Unwillkürlich ging sein Blick zu der hochgewachsenen dunkelhaarigen Frau, die von ihrem Balkon zu ihm herübersah.
Wie schön sie war!
Sie ähnelte in gar nichts seiner schüchternen unschuldigen Simonetta. Cara war unglaublich aufregend. Als grand-mère , seine liebenswerte kluge Großmutter, ihn gestern Nachmittag am Strand abgesetzt hatte, damit er mit dem Beiboot zur Jacht hinausfahren konnte, hatte sie ihn auf das lesende Mädchen auf einer Bank unter den Zitronenbäumen aufmerksam gemacht. Im selben Moment, als Nico Cara in ihrem kurzen Sommerkleid gesehen hatte, war sein Kummer vergessen. Und er hatte seine Absicht geändert und war nicht sofort zur Jacht zurückgekehrt.
Simonetta war zierlich und blond gewesen, Cara war
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