Mein geliebter Ritter
Ärger machen.‹«
»Lily!«, schimpfte ihre Schwester.
»Das hat er gesagt!«
Jamie ging vor Lily auf die Knie und packte ihre Arme. »Hat er den Namen dieses anderen Mannes erwähnt?«
»Aye, aber es war ein edler Name, den ich mir schlecht merken konnte«, sagte Lily und verzog das Gesicht. »Pom-o-ti? Pom-o-ray?«
Pomeroy. Jamie durchlief ein Schauder, und er hörte Mistress’ Leggetts Stimme in seinem Kopf von einem Mann erzählen, der von irrer Lust geleitet war. Offenbar war Pomeroy mit diesen diebischen Kaufleuten eine Allianz eingegangen.
»Gott schütze euch beide«, sagte Jamie und legte Lily die Hand auf die Locken. »Martin, bring die Mädchen sicher nach Hause.«
»Wir sollten allein zurückkehren, so wie wir gekommen sind«, sagte Rose und erhob sich. »Wenn ich mit einem jungen Mann gesehen werde, wird Vater sicher davon hören und Fragen stellen.«
Es überraschte Jamie zu hören, dass Mychell ein wachsamer Vater war.
»Ihr könntet ein zweites Schwert gebrauchen«, sagte Martin zu Jamie und ließ seinen Blick zu dem ältlichen Schreiber wandern.
Martin war jung und ohne Erfahrung im Kampf, aber er hatte einen scharfen Blick und führte ein gutes Schwert, außerdem war er vollkommen furchtlos. Im Übrigen hatte Jamie keine Zeit, sich einen anderen zu suchen.
»Dann komm mit«, sagte er. »Du kannst für mich Schmiere stehen, während ich dem Ratsherrn Arnold einen Überraschungsbesuch abstatte.«
39
Soweit Linnet sagen konnte, waren zwei Tage vergangen, seit sie in diesem Raum aufgewacht war. Sie vermochte das Verstreichen der Zeit bloß am Erscheinen ihrer Wärter zu messen, die alle paar Stunden kamen, um ihr Essen und Wasser zu bringen und ihren Nachttopf zu leeren. Sie waren zu dritt: Ziege, Schwein und Fuchs. Zumindest waren das die Namen, die sie ihnen wegen der Masken, die sie trugen, gegeben hatte.
Es machte ihr Hoffnung, dass sie sich die Mühe machten, sich zu maskieren. Wenn sie vorhatten, sie zu töten, warum sollten sie dann ihre Gesichter verbergen? Sie verdrängte den Gedanken, dass sie die Masken möglicherweise trugen, um ihre Identität voreinander geheim zu halten.
Am ersten Tag hatte sie so viel geschrien, dass sie heiser geworden war. Als ihre Wärter sich keine Mühe machten, sie zum Schweigen zu bringen, wurde ihr klar, dass niemand sie hören konnte, und schonte ihre Kräfte. Aus demselben Grund zwang sie sich zu essen. Wenn sich ihr eine Chance bot zu entkommen, wäre sie bereit. Wie sie fliehen sollte, solange ihr Fuß mit einer ein Meter fünfzig langen Kette ans Bett gekettet war, wusste sie jedoch nicht. Wenigstens waren ihre Hand- und Fußgelenke nicht mehr gefesselt.
Die Wärter gingen ihrer Arbeit schweigend nach und ignorierten ihre Fragen und ihr Flehen, als wären sie taub. Sie sprachen niemals ein Wort, bis auf das letzte Mal, als sie ihr etwas zu essen gebracht hatten.
»Heute Nacht ist Vollmond.«
»Dann ist es so weit. Er wird kommen.«
Wer würde kommen?
Welcher ihrer Feinde wäre es? Der Kaufmann, nach dem sie gesucht hatte? Obwohl sie ihn nicht kannte, würde er sie sehr wohl kennen. Nachdem sie Mychell aufgedeckt hatte, hatte sie kein Geheimnis daraus gemacht, wer sie und was ihr Anliegen war. Das war ein Fehler gewesen. Sie hätte ihn mit List verfolgen sollen, wie sie es mit den Kaufleuten in Falaise und Caen gemacht hatte. Aber sie war ungeduldig geworden.
Warum wurde sie von Hexen gefangen gehalten? Welche Verbindung bestand zwischen den Kaufleuten, die sie verärgert hatte, und diesen stummen Maskierten?
Eines war sicher. Ihre Besessenheit von der Rache hatte sie an diesen Ort gebracht, wo sie allein und im Dunkeln an ein Bett gekettet war. Sowohl François als auch Jamie hatten sie immer wieder gewarnt, dass ihre Bemühungen gefährlich waren. Aber sie hatte Gerechtigkeit gewollt.
Nein, sie hatte mehr als Gerechtigkeit gewollt. Sie war auf Rache aus gewesen. War das hier nun ihre Strafe dafür, dass sie versucht hatte, Gott mit ihrer eigenen Abrechnung vorwegzugreifen?
In den langen Stunden, die sie auf ihrer schmalen Pritsche lag, hatte sie genügend Zeit, um über ihre Handlungen nachzudenken. Wonach hatte sie wirklich gestrebt? Sie glaubte, es jetzt zu verstehen. Ironischerweise hatte sie sich bloß sicher fühlen wollen.
All diese Jahre hatte sie versucht, die Teile des Geschäftes ihres Großvaters wieder zusammenzusetzen, als würde ihr das ihren Großvater und die Sicherheit ihrer frühen Kindheit wiedergeben. Sein Tod
Weitere Kostenlose Bücher