Mein geliebter Wuestenprinz
fange dann mal an zu packen.“
Am nächsten Morgen verließen sie Alis Kastell. Als der Hubschrauber abhob, protestierte Noor in ihrem Käfig lautstark. Jayne wurde plötzlich unendlich traurig. Die Zeit in Aziz war so kostbar gewesen. Damit Tariq ihr nichts ansah, beugte Jayne sich vor und schaute aus dem Fenster. Die Sonnenstrahlen glitzerten auf den großen Wassertümpeln, die sich nach den heftigen Regenfällen gebildet hatten.
Je weiter sich der Helikopter von der Stadt entfernte, desto überraschter war Jayne. Die Wüste hatte sich gewandelt. Seit dem Unwetter waren erst einige Tage vergangen, und trotzdem begann die staubtrockene Landschaft bereits zu grünen.
„Der Regen hat das bewirkt“, sagte Tariq und deutete nach unten. „Bald blühen die Wildblumen. Sobald es hier regnet, erneuert sich das Leben in der Wüste.“
In der Wüste vielleicht, dachte Jayne frustriert. Aber nicht in meiner Ehe. Sie war schon zerstört, ehe sie noch richtig begonnen hatte. Jayne schluckte schwer. Als alles zu Ende war, hatte sie eine Entscheidung getroffen. Und wenn Tariq davon erfuhr, würde er es ihr niemals verzeihen.
Darum durfte er es niemals herausfinden. Wer konnte wissen, was dann geschah …
Um die Mittagszeit waren sie im Palast angekommen.
Tariq zog sich in die Gemächer seines Vaters zurück, während Jayne in ihre Räume ging. Allein und ohne Beschäftigung, fühlte Jayne sich genauso verloren wie damals. Hatte sie wirklich angenommen, die Nächte in Aziz hätten irgendetwas geändert? Tariq war ein Scheich, dazu ein Mann mit traditionellen Ansichten. Sie würde in seinem Leben immer den zweiten Platz einnehmen.
Aber sie war ja nicht für immer hierher zurückgekehrt. Sie war nicht mehr seine Frau, nur noch auf dem Papier. Trotzdem tat es weh. Die Liebesnächte mit ihm hatten Gefühle in ihr wachgerufen, die sie für immer verloren geglaubt hatte.
Sie glaubte nicht, dass sie ihn vor dem Dinner noch einmal sehen würde. Deshalb machte sie es sich in der Bibliothek bequem, wo der Emir kostbare alte Bücher aufbewahrte. Dort wurde sie später von Latifa aufgeweckt. Das Mädchen brachte Jayne eine Tasse Jasmintee und ein paar Süßigkeiten. Fröhlich erzählte sie, wie überglücklich der Emir sei, dass sein Sohn wieder zu Hause war.
Die junge Frau wirkte ehrlich erleichtert. Anscheinend hatte nicht nur Jayne befürchtet, dass der Emir sterben würde, ohne seinen Sohn noch einmal gesehen zu haben.
Am Nachmittag wartete Jayne vergeblich auf Tariq. Schließlich ging sie in sein Arbeitszimmer und schaltete den Computer ein, um Samantha eine E-Mail mit neuen Informationen über Zayed zu schicken. Damit konnte ihre Nichte in der Schule glänzen. Später wollte Jayne einige Fotos besorgen, um diese ebenfalls an Samantha zu senden.
Sie fand in ihrem Postfach mehrere E-Mails von Helen. Sie erkundigte sich besorgt danach, wie es Jayne ging, und schrieb, dass sie im Fernsehen Bilder von dem Unwetter in Zayed gesehen hatte. Helen hatte vergeblich versucht, Jayne auf dem Handy zu erreichen. Die Verbindung war gestört gewesen. Außerdem hatte ihre Schwester ein Foto von Amys erstem Schultag geschickt. Wie ernsthaft das kleine Mädchen in die Kamera schaute. Ernst und selbstbewusst.
Jayne spürte, wie ihr fast die Tränen kamen. Sie vermisste ihre Familie so sehr.
Sie hielt es nicht mehr aus und griff nach dem Telefon, um Helen anzurufen. Es tat so gut, mit ihrer Schwester und den Kindern zu reden. Ihre Stimmen klangen so vertraut, obwohl sie seit Tagen nichts voneinander gehört hatten. Sie waren die Menschen, die zu ihr gehörten. Nachdem Jayne aufgelegt hatte, fühlte sie sich längst nicht mehr so einsam wie vorher.
Während Tariq sich um seinen Vater und die politischen Geschäfte kümmerte, hielt sich Jayne immer öfter im Falkengehege auf. Besonders einen jungen Vogel hatte sie ins Herz geschlossen. Er hieß Haytham. Am Ende der Saison wollte Tariq ihn freilassen und mit ihm die Wildpopulation stärken.
Jayne fütterte Haytham gerade mit ein paar Fleischhappen, als sie Besuch bekam.
„Sabah al-hayri“, grüßte die Frau, die zu ihr getreten war.
„Guten Morgen, Dr. Jirah“, erwiderte Jayne, zog den dicken Falknerhandschuh aus und reichte der Ärztin, die sie neulich bei einem Bankett kennengelernt hatte, die Hand.
„Kef Halak?“
Jayne zögerte. „Ma atakallam … arabi“, stammelte sie. „Es tut mir leid, aber ich spreche kein Arabisch.“
„Die korrekte Antwort auf meine Frage ‚Wie geht
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