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Mein glaeserner Bauch

Mein glaeserner Bauch

Titel: Mein glaeserner Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Hey
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hochschwanger sein musste mit ihrem dritten Kind. Ihren ältesten Sohn hatte ich einmal als Baby herumgetragen, als er müde und quengelig wurde. Ich bat sie dringend, ihrem Mann meine Telefonnummer zu geben.
    »Ich kann mein Kind nicht loslassen«, weinte ich ins Telefon, als er sich endlich meldete.
    Er hatte nicht viel Zeit, rief in einer Pause vom Managertraining aus Süddeutschland an.
    »Du solltest das jetzt nicht psychologisieren. Damit machst du es dir nur noch schwerer«, riet er. »Ich rufe dich wieder an, wenn ich zurück bin.«
    Er meinte es sicher gut, aber ich hatte keine Ahnung, was er mir damit sagen wollte. Und was ich jetzt machen konnte. Was sollte ich nur tun?
    Vielleicht einfach aufstehen und gehen.

    Vor Kurzem stieß ich auf einen Artikel mit dem Titel »Gesundheitsökonomische Aspekte des Down-Syndrom-Screenings«, veröffentlicht 2008 in einer gynäkologischen Fachzeitschrift. Die Verfasser kommen zu dem Ergebnis, dass es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll wäre, allen Schwangeren das Ersttrimester-Screening auf Krankenschein anzubieten. Letztendlich würdedies zu geringeren Kosten führen. 58
    Zur Erinnerung: Das Ersttrimester-Screening zielt darauf ab, Ungeborene mit Chromosomenabweichungen zu ermitteln durch Nackentransparenzmessung beim Ultraschall und durch ergänzende Bluttests. Das Screening findet in der Zeit zwischen der elften und der vierzehnten Schwangerschaftswoche statt und muss bislang in den gynäkologischen Praxen privat bezahlt werden als sogenannte individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Dies ist nicht zuletzt eine zusätzliche Einnahmequelle für die behandelnden Ärzte und Ärztinnen.
    Detailliert werden in dem Artikel die Kosten für unterschiedliche Testverfahren analysiert, die Hinweise auf Trisomie 21 geben sollen. Einem Verfahren wird schließlich der Vorzug gegeben, sowohl was die Treffsicherheit der Testergebnisse angeht als auch hinsichtlich der niedrigeren Kosten für das Verfahren.
    Bei genauerem Hinsehen wird jedoch klar: Einer der Autoren der Veröffentlichung ist gleichzeitig Anbieter dieses Verfahrens. Sein Institut verfügt über eine spezielle Software zur Wahrscheinlichkeitsberechnung, um das individuelle Risiko für ein Vorliegen von Trisomie 21 abzuschätzen.
    So macht man Werbung für ein Produkt. Und zwar für ein anderes Produkt als das des Marktführers Fetal Medicine Foundation . In der Hoffnung auf einen möglichst großen Anteil vom Kuchen, bei flächendeckender Anwendung.
    Beim Ersttrimester-Screening geht es um viel Geld. Mit einem Screening aller Schwangeren könnten bis zu siebenhunderttausend Kundinnen pro Jahr erreicht werden. Für Hildburg Wegener, Sprecherin des Netzwerks gegen Selektion durch Pränataldiagnostik, stehen hinter dem Angebot des Frühscreenings daher auch nicht zuletzt ökonomische Interessen von Ärzten und Ärztinnen, Labors, Ultraschallgeräteherstellern und Softwarefirmen. 59
    Die Fetal Medicine Foundation ( FMF ) ist ein privater Verein, in dem sich Pränatalmediziner, Humangenetiker, Softwarehersteller, Laborinhaber und Industrie zusammengeschlossen haben. Er wurde 1996 von einem Pionier der Nackentransparenzmessung, Kypros Nicolaides, in Großbritannien gegründet.
    Die FMF zertifiziert weltweit Labors für die Auswertung der Bluttests, bietet Fortbildungen und Zertifizierungsverfahren für Ärzte und Ärztinnen an und organisiert die Werbung für das Frühscreening. Die Sponsorenliste für Veranstaltungen der Fetal Medicine Foundation ist aufschlussreich – zum Beispiel für den FMF Weltkongress 2010 auf Rhodos, 2011 auf Malta und 2012 auf Kos, dem Geburtsort von Hippokrates. 60 Inzwischen arbeiten von der FMF zertifizierte Ärzte in über fünfzig Ländern der Welt. So werden Märkte geschaffen, produziert, erzeugt. Und dann bedient.
    Seit 2002 gibt es eine eigene Fetal Medicine Foundation Deutschland. Ihr Ziel war von Anfang an die schnellstmögliche Etablierung, Organisation und Qualitätsüberprüfung eines standardisierten, flächendeckenden Ersttrimester-Screenings von Schwangeren. Geworben hat die FMF -Deutschland für diese Untersuchung mit einer Pressekampagne quer durch die deutsche Medienlandschaft. Wobei weder die Bäckerblume noch die Glücksrevue ausgelassen wurden, um schwangere Frauen zu erreichen. 61
    Die Veröffentlichungen versprechen, der Test könne vor Schwangerschaftskomplikationen bewahren und bagatellisieren die Prozedur als »schmerzlose Ultraschall-Untersuchung des Kindes

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