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Mein glaeserner Bauch

Mein glaeserner Bauch

Titel: Mein glaeserner Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Hey
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und einfache Blutabnahme der Mutter«. »Eine günstige Breite der Nackenfalte beim Kind und entsprechende Blutwerte der Mutter mindern das persönliche Risiko der Schwangeren erheblich«, heißt es da verharmlosend. 62 So funktioniert ein privat organisierter Markt.
    Ein Streit in der Fachzeitschrift Frauenarzt über die Frage, welche Methode die besten Ergebnisse beim Ersttrimester-Screening liefert, macht die marktbeherrschende Stellung der FMF deutlich. 63 Unverhohlen wirft die FMF ihrem Kontrahenten – einem der Autoren der oben erwähnten Studie – kommerzielle Interessen vor. Während dieser Autor in seiner Erwiderung erneut infrage stellt, ob chromosomale Anomalien mit der von der FMF -Deutschland vertretenen Methode überhaupt zuverlässig genug erkannt werden. Und ob nicht unnötige viele invasive Eingriffe durchgeführt würden, bei denen man gesunde Kinder aufgrund der Entnahme von Fruchtwasser oder Chorionzotten dem Risiko einer Fehlgeburt aussetzt. 64
    Sicher darf man unterstellen, dass hier um das jeweils erfolgversprechendste Verfahren zur Identifizierung von Chromosomenabweichungen gerungen wird. Aber auch, dass ein riesiger Markt aufzuteilen ist. Mit entsprechenden Begehrlichkeiten. Pränatalmedizin ist seit Jahren unverkennbar eine Wachstumsindustrie.
    »Das Down-Syndrom-Screening stellt bis auf wenige Ausnahmen keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen dar«. 65 Diese »Fachinfo« für Frauenärzte findet sich zum Thema Abrechnung am Ende einer detaillierten Beschreibung von verfügbaren Verfahren eines Labors in Deutschland, auch nachzulesen im Internet. Mit konkreter Preisliste. Und ganz oben steht die Erfolgsrate:
    Durch das nicht-invasive Screening auf eine Trisomie 21 ist heute eine Erkennungsrate von ca. 90% der betroffenen Schwangerschaften möglich. Hierfür muss bei jeder 20. Schwangerschaft (5%) eine invasive Diagnostik durchgeführt werden.
    Die Laborkosten für die angebotenen Screening-Methoden sind detailliert aufgeschlüsselt. Auch ein Untersuchungsauftrag für pränatales Screening, der von der Schwangeren zu unterschreiben ist, steht als Anforderungsformular zum Herunterladen zur Verfügung. Denn ohne vorliegende Einwilligungserklärung der Schwangeren darf kein Labor mehr eine genetische Analyse durchführen. Darüber hinaus können kostenlos Informationsflyer für Patienten zur Auslage im Wartezimmer bestellt werden. Manche Anbieter nennen solche Infoblätter auch Teaser , ein Begriff aus dem Marketing, der Kunden neugierig machen und zur gewünschten Aktion führen soll.
    Ein Beispiel von vielen. Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) wie das Ersttrimester-Screening sind auch für Gynäkologenpraxen willkommene zusätzliche Einnahmequellen. Privat angebotene Produkte, wenn sich Ärztinnen und Ärzte vom Budgetierungsgebot der Krankenkassen eingeengt fühlen. Pränataldiagnostik als Geschäft. Als Geschäft mit der Angst. Die Schwangere wird zur Kundin, der Arzt zum Verkäufer.
    Dass es bei der Selektion von Kindern mit Trisomie 21 nicht primär um ökonomische Aspekte gehe, versuchen die Autoren des Artikels » Gesundheitsökonomische Aspekte des Down-Syndrom-Screenings« mehrfach zu versichern. Denn eine ökonomische Betrachtung eines Krankheitsbildes sei immer ethisch problematisch, gewinne in Zeiten finanzieller Ressourcenknappheit allerdings zunehmend an Bedeutung.
    Aus ethischen Gründen sei es jedoch ebenfalls nicht zu vertreten, dass das Ersttrimester-Screening keine Kassenleistung sei. Denn einkommensschwachen Familien würde damit ein solches Screening de facto vorenthalten, argumentieren die Autoren. Das Ziel ist unverkennbar: So viele Kundinnen wie möglich sollen erreicht werden. Und die Grenzen zwischen Gesundheit und Ökonomie verwischen mehr und mehr.
    Unter keinen Umständen, so wird in dem Artikel zwar auch betont, solle eine Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch »auf Basis einer gesellschaftlichen oder ökonomischen Verpflichtung« befürwortet werden. Und doch werden internationale Studien zitiert, in denen detaillierte, von der Gesellschaft zu tragende Kosten beziffert werden. Kosten, die ein Mensch mit Down-Syndrom angeblich verursacht.
    Lebenslange medizinische und nicht-medizinische Mehrkosten. Für Entwicklungsförderung und für spezielle Erziehung und Ausbildung. Direkte und indirekte Kosten im Bereich Gesundheit, Erziehung und Produktivitätsausfall. Ausgewiesen in Euro, Dollar und britischem Pfund, unter Berücksichtigung der

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