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Mein Glueck

Mein Glueck

Titel: Mein Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Spies
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die mit mir zusammen die Sammlung und die Ausstellungen sehen wollten. Zu den treuesten und passioniertesten Besuchern gehörten neben Farah Diba die wunderbare Lauren Bacall und Catherine Deneuve. Sehr angetan war ich vom Besuch Norbert Lammerts, dem damaligen kultur- und medienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Sein Einsatz für die deutsch-französischen Beziehungen hat mich beeindruckt, und ich bedaure, dass es nicht mehr Politiker gibt, die um die Bedeutung, ja den Vorrang des Kulturellen für die Zusammenarbeit und für die Sympathie zwischen unseren zwei Ländern wissen.
    Nach der Wiedervereinigung wurden in Deutschland die Karten neu gemischt. Zumindest meinten die Franzosen, die an den Zentralismus gewohnt waren, dass nun Berlin der selbstverständliche Partner für die Zusammenarbeit mit Deutschland werden müsse. Der Föderalismus auf der anderen Seite des Rheins blieb ihnen unergründlich. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an einen Abend mit irrealer Note. Horst Ehmke hatte einige Freunde und Politiker zu einem Abendessen in das Bistro »La Gauloise« im fünfzehnten Arrondissement geladen, um der französischen Welt die Angst vor einer Wiedervereinigung zu nehmen. Er komme eben von einer Reise aus der DDR zurück. Niemand aus dem Kreis verstand dieses seltsame Wunschdenken des Sozialdemokraten. Wenige Tage später fiel die Mauer. An diesem Abend gab es einen Empfang in der Residenz des deutschen Botschafters, und dies war auch der Tag, an dem das einzige deutsche Restaurant in Paris, das »Vieux Berlin«, definitiv seine Pforten schloss. Eine unerlässliche Unterstützung fand ich bei Isabelle Monod-Fontaine, deren Loyalität und Passion für die Sammlung unersetzlich waren. Mein Enthusiasmus und mein Einsatz für das Museum wurden selbstverständlich immer wieder durch Aufgaben konterkariert, die ich nicht erwartet hatte. Da ich so gut wie nie mit Administrativem zu tun gehabt hatte, waren für mich die vielen, oft endlosen Sitzungen nicht immer allzu angenehm und auch nicht immer verständlich. Doch offensichtlich hatten sich die Kollegen auf eine Schonfrist geeinigt, während der sie mich wie eine Bienenkönigin umsorgten. Die Konferenzen mit den verschiedenen Sparten des Hauses sowie den mehr oder weniger sperrigen Gewerkschaften waren notwendig, weil man einige Monate nach meinem Amtsantritt damit begann, das ganze Haus etappenweise zu schließen und zu renovieren. Hier gab es Tausende Details zu besprechen und Widerstände zu brechen. Selbst die Farbe und das Material der künftigen Toiletten und Waschräume sollte ich mitbestimmen. Nach und nach wurden Teile geschlossen und die Sammlungen in den Norden der Stadt ausgelagert. Dort hatten wir die großen Depots eingerichtet. Das Museum sandte regelmäßig Werkgruppen aus der überreichen Kollektion auf Tournee und organisierte Ausstellungen in Colmar, Nizza, Tokyo, Osaka, New York, Mailand, Tübingen, Hamburg, Rom, Mexiko und anderen Orten. Und diese Operation »Hors les murs« zahlte sich in jeder Hinsicht für die Institution aus. Man hatte auf diese Weise Gelegenheit, auch unbekannte, übersehene Teile der Sammlung auszubreiten und zu überprüfen. Für mich war es eine großartige Gelegenheit, die Strukturen der französischen Provinz kennenzulernen und mitzubekommen, was ein Segen von oben, vom Centre Pompidou, für die Bewohner, den Präfekten und die Notabeln der Stadt bedeutete.
    Die wesentliche Aufgabe war allerdings, darüber nachzudenken, wie nach der Wiedereröffnung im Jahre 2000 die Struktur des Hauses, die Sammlungen und das Ausstellungsprogramm aussehen sollten. Anregend verliefen die Besprechungen mit Renzo Piano, der auch im Namen seines ehemaligen Partners Rogers die Veränderung und Restaurierung des Gebäudes leitete. Fabelhaft war die Zusammenarbeit mit dem Architekten Jean-François Bodin, der die Räume für die Sammlung und für die Ausstellungen entwarf. Mit der Equipe der Konservatoren diskutierte ich die kommenden Aufgaben des Museums. Ständig wurden dabei Vorschläge für Ausstellungen besprochen, akzeptiert, modifiziert und wieder verworfen. Wir empfanden diese Zeit wie eine Stunde null und schwebten im Reich einer unbegrenzten Virtualität, denn wir besaßen in Frankreich das Monopol für Ausstellungen. Alles war möglich. So erschien es wenigstens. Nur wenn ich darauf aufmerksam machte, dass uns das Musée de la Ville de Paris möglicherweise mit diesem oder jenem Thema zuvorkommen könnte, kam der

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