Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
Männer. Wenn Wanda nicht alles täuschte, waren die drei verheiratet, zumindest waren sie in Begleitung erschienen. Aber wahrscheinlich würde Biggi ihnen dennoch ihre Telefonnummer zwischen die Speckfalten schieben. Unglaublich. Sie selbst hatte es noch nicht mal in die Sauna geschafft. Wann genau sollte sie eigentlich ihr Leben genießen? Ach, es war einfach noch keine Zeit dafür gewesen. Aber gleich am Abend würde sie das nachholen. So ging es nicht weiter. Nachdenklich lief sie hinter Franziska her, zum Tresen zurück. Sie seufzte.
»Oberschenkelmuskel dehnen«, hörte sie Kais Stimme. Im Stretching-Raum lagen sie jetzt alle auf dem Rücken, hoben ein Bein in die Luft und zogen es mit einem Gummiband in Richtung Körper. »Merkt ihr, wie gut das tut?« Ein kollektives Ächzen erklang.
»Der macht das gut«, sagte Franziska erstaunt. »Richtig gut. Willst du ihn nicht engagieren?«
»Kannst du Gedanken lesen?« Wanda lächelte. Sie blieb stehen. »Ach, und Franziska? Bitte sag Stefan erst mal nichts von alldem hier. Ich will ihm ja nur helfen, aber ich weiß nicht, ob er das gut finden würde, die sind ja keine … Bodybuilder. Wenn wir dem Studio bis zu seiner Entlassung ein bisschen auf die Beine geholfen haben, dann freut er sich sicher, aber bis dahin, bis dahin …« Sie geriet ins Stocken.
»Verstehe schon.« Franziska nickte. »Aber nur, wenn du mir auch was versprichst.«
»Was denn?«
»Dass du Norbi nicht erzählst, dass ich heute hier war.«
»Norbert? Den sehe ich doch nie. Aber wieso überhaupt?«
»Weil … Egal. Okay?«
»Okay.« Wanda verzog keine Miene. Aber wenn der Grund nicht da draußen im Hof zu finden war, dann aß sie freiwillig zehn widerliche Triple Power Sensation -Riegel. Die fiktiven Enkel in Wandas Kopf verwandelten sich augenblicklich von winzigen Buchhaltern in eine Schar robuster kleiner Lederkerle, die mit Schraubenziehern aufeinander einschlug und auf Miniaturmotorrädern durch das Kinderzimmer donnerte. Sie massierte sich die Schläfen. Was war nur mit ihr los? Sie brauchte dringend Erholung. Sie brauchte einen Saunagang.
»Ich gehe jetzt.« Marianne packte ihre Sachen zusammen. »Der Günther braucht mich für sein Mittagessen, und die Kati hat auch angerufen.«
»Danke, dass du so flink mit angepackt hast. Was würde ich nur ohne dich tun.« Wanda umarmte sie kurz. Marianne roch leicht nach den Desinfektionstüchern und der Lavendel-Flüssigseife, die sie überall verteilt hatte. »Du Putzengel.«
»Ich verstehe immer noch nicht, was da dran schön sein soll, an diesem Eisenzeugs zu hängen«, sagte Marianne und sah sich naserümpfend um. »Aber von mir aus. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.« Sie stopfte etwas in ihre Tasche. Etwas Dunkelblaues. Mit Neonschrift.
»Was ist denn das?« Wanda reckte neugierig ihren Hals.
»Eine Turnhose. Die nehme ich mit.« Wurde Marianne rot?
»Du nimmst eine Turnhose mit? Hast du die gefunden?«
»Nein. Man hat sie mir gegeben.«
»Man hat sie dir gegeben.« Wanda suchte in Mariannes Gesicht nach den Anzeichen für einen Scherz, selten genug verirrte sich ja einer in Mariannes Leben, und auch jetzt war nichts dergleichen zu erkennen. Marianne wühlte lediglich hektisch in ihrer Tasche herum und mied Wandas Blick.
»Marianne?«
»Okay. Aber nur, damit du nicht denkst, ich stehle! Die Hose ist von dem jungen Herrn dort, und ich werde sie für ihn nähen. Sie hat einen Riss, und der wollte sie wegschmeißen. So was muss man doch nicht wegschmeißen! Und selbst wenn man es nicht reparieren kann, so lassen sich ja immer noch Putzlappen daraus machen, nicht wahr. Aber es lässt sich ja reparieren.«
»Welcher junge Herr?« Wanda drehte sich zum Kraftraum um. Marianne hatte auf irgendjemanden hinter ihr gedeutet.
»Der da.«
»Der da?«
»Ja, der so hilflos guckt.«
Wer so hilflos – um nicht zu sagen einfältig – guckte, war Matti.
Marianne plapperte munter weiter. »Seine Mutter kann nicht nähen, stell dir das vor. Kann nicht nähen. Was können die heutzutage überhaupt noch? Und eine Oma hat er auch nicht mehr.«
»Und da hat er dich adoptiert.«
Es sollte ironisch klingen, aber Marianne lächelte stolz. »Ich mach’s ja gern. Aber jetzt muss ich wirklich los. Die Kati klang am Telefon gar nicht gut. Sie hat doch diese Gartenzwerge online gekauft, die sie bei eBay weiterverkaufen wollte, und irgendwas ist mit denen, sie war ganz hysterisch, ich konnte kein Wort verstehen. Ich komme später am Nachmittag
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