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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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Frau mit dem Diabetes. »Ich habe keine Ahnung von so was. Aber der Arzt liegt mir immer in den Ohren, dass ich Sport machen soll, eben wegen dem Diabetes. Und wenn es kostenlos ist, dann …« Sie bekam einen leicht verschlagenen Zug um die Augen. »Man muss ja sehen, wo man bleibt.«
    »Dann mal rein in die gute Stube«, antwortete Kai. Wanda hätte ihn umarmen können. Und das tat sie auch, als sie aufgeschlossen hatte und er an ihr vorbeilief. Jedenfalls so halb. »Mensch, ich danke dir«, flüsterte sie. »Du hast mich schon zum zweiten Mal aus dem Schlamassel gerettet.«
    »Mach ich doch gern.« Kai erwiderte ihre Umarmung. Und wenn Wanda nicht alles täuschte, war da was in der Art, wie er sie an sich drückte. Konnte das sein? Dass er sie … Wanda kam nicht dazu, darüber nachzugrübeln, denn die Menge schob sie gnadenlos mit, ins Innere des Herkules . In der Fensterscheibe spiegelten sich die verwirrten Gesichter der drei jungen Bodybuilder. Sie hatten sich tatsächlich hinten angestellt.
    »Was hat denn die für einen komischen Buckel auf dem Rücken?«, fragte Biggi und zeigte auf die Frau mit dem Diabetes, die auf dem Fahrrad hockte und im Zeitlupentempo in die Pedale trat.
    »Keine Ahnung.« Wanda strich sich erschöpft über die Stirn. Der eigenartige kleine Buckel war ihr auch schon aufgefallen. »Vielleicht ein Tumor? Sie geht dauernd zum Arzt, hat sie, glaube ich, gesagt.« Es war Wanda egal. Selbst wenn der Frau dort ein zweiter Kopf auf dem Rücken wuchs, war es Wanda egal. Die letzten Stunden waren wie ein surrealistischer Film gewesen, als sei das gesamte Studio Herkules einem Fiebertraum der beleidigten Verhaltenstherapeutin entsprungen. Wanda hatte alle Hände voll damit zu tun, das Chaos in den Griff zu bekommen. Überall standen Leute von ihrem Alter an aufwärts in Sportkleidung herum und plauderten miteinander, ein einziges Potpourri aus gewagten Tönungen, stahlgrauen Haarwellen, weißen Löckchen, Geheimratsecken und quer über den kahlen Kopf drapierten Haarsträhnen. Zwischen ihnen wieselte Marianne hin und her und schenkte Tee aus oder brachte Schilder mit teutonischen Regeln an: Keinen Schweiß aufs Holz! Straßenschuhe ausziehen! Männer – Toilettendeckel runter! Solarium nicht benutzen – Lebensgefahr! Direkt neben der Kasse saßen zwei Frauen, die sich noch nicht einmal die Jacken ausgezogen hatten und seit geschlagenen zwei Stunden über ihren Blutdruck redeten. Einer der Männer hatte tatsächlich den defekten Fernseher an der Wand wieder in Ordnung gebracht, dort lief Wunderbare Wanderwege von Harz bis Kyffhäuser, wo eine muntere Wandergruppe, von einem Naturburschen mit Akkordeon angeführt, steile Pfade hinaufkletterte. Einige potentielle Neumitglieder standen davor und sahen zu, jemand summte leise mit, ein paar andere stimmten ein. In wenigen Minuten würde hier der Musikantenstadl ausbrechen. Wandas Beine zitterten auch ohne steilen Wanderweg, sie musste sich setzen.
    »Hallo, mal herhören«, erklang in diesem Moment Kais Stimme. »Wer will, kann mit mir in den Stretching-Raum kommen, ich zeige euch ein paar Übungen, mit denen ihr Rückenschmerzen vorbeugen könnt.« Wanda horchte auf. Was sagte er da? Nicht nur, dass er damit den Kraftraum ein bisschen räumte, nein, das war doch schon fast wie … ein Kurs. War das ein Kurs? Natürlich war das ein Kurs. Ein Kurs war ein Kurs, wenn sie ihn so nannte, jetzt musste sie nur noch Kai davon überzeugen, das täglich anzubieten. Vielleicht wenn sie ihm etwas zahlte? Zahlen? Wovon denn?, höhnte eine leise Stimme in ihr. Sie ließ sich gegen den Tresen sinken.
    »Der Buckel, guck doch nur«, flüsterte Biggi atemlos. »Der rutscht. Das ist doch beängstigend.«
    Wanda sah wieder zu der Frau mit dem Diabetes. Es stimmte, der Buckel der Frau bewegte sich.
    »Gruslig.« Biggi klammerte sich an Wandas Arm. »Wie bei Rosemaries Baby .«
    »Biggi, du spinnst. Wer weiß, was sie für eine Krankheit hat. Hilf mir lieber Tee kochen.«
    »Da!« Biggi zeigte mit aufgerissenen Augen auf den Buckel, der inzwischen das Ende des signalroten T-Shirts erreicht hatte. Dann war er plötzlich weg. Stattdessen lag auf dem Boden eine zerknüllte Männerunterhose. Die hatte sich offenbar beim Waschen in dem T-Shirt verfangen.
    Biggis Mund fing an, unkontrolliert zu zucken. »Ich glaube, ich kriege gleich einen hysterischen Lachanfall«, kündigte sie an.
    Und obwohl Wanda sich freute, dass Biggi nicht mehr so depressiv war, wollte sie es

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