Mein Herz gehört nur dir (Nobility) (German Edition)
vermutlich nicht. Michael schien nicht viel von seinem Br uder zu halten. Andererseits mußte das nichts bedeuten. Es konnte sich auch um eine ganz normale Rivalität unter Brüdern handeln.
Sie legte etwas Make-up auf und faßte dann ihre Haare im Nacken mit einer Spange zusammen. Nachdenklich betrachtete sie das pastellfarbene Sommerkleid, das sie trug. Es stand ihr ausg ezeichnet, aber genügte es, um mit den Paulsens das Abendessen einzunehmen? - Es mußte! Ein besseres Kleid hatte sie nicht dabei. Wie hätte sie auch damit rechnen können, auf einem Schloß zu übernachten?
Es klopfte.
"Ja!" rief sie.
Evelyn trat ins Zimmer. Auch sie hatte sich umgezogen. "Ich wollte Sie zum Essen abholen, Frau Hofmann", sagte sie und schenkte Laura ein strahlendes Lächeln. "Mein Vati ist in Mü nchen. Er kommt erst morgen nachmittag zurück."
Irrte sie sich, oder schien sich Evelyn darüber zu freuen, daß ihr Vater nicht zu Hause war? "Ich bin fertig", meinte sie. "Wenn du willst, können wir gehen." Sie ergriff die Hand der Kleinen. "Schön, daß du dich um mich kümmerst."
"Mach ich gern."
Das Eßzimmer befand sich im Erdgeschoß des Schlosses. Se ine dunkle Holztäfelung verlieh dem Raum eine etwas düstere Atmosphäre, woran auch die hohen Fenster mit ihren hellen Stores nichts ändern konnten. Es gab einige schöne, sehr alte Vitrinen mit wertvollem Geschirr und Gläsern, einen langen Tisch und gepolsterte Stühle, die durch ihren geraden Rücken äußerst unbequem wirkten.
Baron Michael stand mit seiner Schwägerin bei einer Anrichte. Sie tranken einen Aperitif. Als Laura mit Evelyn eintrat, kam er ihr mit dem Glas in der Hand entgegen. Sein Blick glitt über ihre Gestalt und für einen Augenblick verdüsterte sich sein Gesicht, doch dann hatte er sich wieder gefangen. "Hätten Sie auch gerne einen Aperitif, Frau Ho fmann?" fragte er freundlich.
"Orangensaft wäre mir lieber", erwiderte sie.
"Dann bekommen Sie Ihren Orangensaft." Michael kehrte an die Anrichte zurück und schenkte ein. "Und du, Evelyn?"
"Auch Orangensaft."
Eines der Hausmädchen schob einen Servierwagen ins Zimmer und die Baronin bat Laura Platz zu nehmen. Michael rückte erst für sie, dann für seine Schwägerin den Stuhl zurecht. Es gab verschiedene Salate und Fisch. Das Essen schmeckte ausgezeichnet. Dennoch nahm die junge Frau von allem nur wenig. Die Tatsache, daß sie in einem Schloß zu Abend aß, schlug ihr auf den Magen. Irgendwie konnte sie es auch immer noch nicht recht glauben. Vielleicht träumte sie nur. Daß ausgerechnet ihr so etwas passieren sollte! Bisher hatte das Leben sie nicht gerade verwöhnt.
"Sie erwähnten, daß Sie auf dem Weg nach Hellheim sind, um dort zu arbeiten", sagte Baronin Anna. "Um welche Schule handelt es sich? Es überrascht mich, daß noch einige Wochen vor Ende des Schuljahres eine neue Lehrkraft ei ngestellt wird?"
"Ich bin zur Zeit nicht fest angestellt", erwiderte Laura und ä rgerte sich, daß sie dabei errötete. "Bis letzten Sommer habe ich an einer Dorfschule gearbeitet, die leider aufgelöst worden ist. Seitdem gebe ich Privatunterricht. Allerdings hoffe ich, doch noch bis zu Beginn des neuen Schuljahres eine Anstellung zu finden. Unter anderem habe ich mich bei verschiedenen Privatschulen beworben."
"Dann werden Sie also auch in Hellheim Privatunterricht g eben?" Michael schenkte ihr Orangensaft nach.
"Ja, bei einer Familie Lang. Sie scheinen etwas außerhalb der Stadt zu wohnen. Einer der ..."
"Lang?" wiederholte Michael fast tonlos.
Laura nickte. Was mochte er haben? Das Gesicht des jungen Barons hatte fast jegliche Farbe verloren. "Ich soll dem achtzeh njährigen Tobias Nachhilfeunterricht geben", fuhr sie fort. "Sein Vater möchte, daß er unbedingt im nächsten Jahr das Abitur ablegt, obwohl er durch einen Reitunfall monatelang nicht am regulären Unterricht teilnehmen konnte."
"Das paßt zu Richard Lang", bemerkte die Baronin.
"Sie scheinen die Langs gut zu kennen?" Laura blickte von ihr zu Michael, der sich wieder gefaßt hatte und ein gleichmütiges Gesicht machte.
"Wer kennt die Langs nicht", meinte er mit einem bitteren U nterton, dann wechselte er abrupt das Thema und sprach von dem herrlichen Park, der das Schloß umgab. Er bot ihr an, sie am nächsten Nachmittag herumzuführen.
"Darf ich mitkommen, Onkel Michael?" warf Evelyn ein.
"Natürlich darfst du", erlaubte ihr Onkel. Er wandte sich an seine Schwägerin. "Du hast doch sicher nichts dagegen, Anna?"
"Hast du alle
Weitere Kostenlose Bücher