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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Ultimatums. Luisa akzeptierte, sicher ohne zu wissen, ob sie wollte, oder vielleicht (ihr Glück) wusste sie es, ohne weiter darüber nachdenken zu müssen, das heißt, sie tat es einfach. Seit unserer Heirat haben wir uns weniger gesehen, als es angeblich üblich ist, aber in unserem Fall war es nicht auf die allgemeine Abnutzung zurückzuführen, die einhergeht mit dem, was sich den Anschein von Ziel oder Ende gibt, sondern auf äußere und vorübergehende Faktoren, eine mangelnde Übereinstimmung in unseren Arbeitszeiten: Luisa war immer weniger bereit, zu reisen und ihre acht Wochen im Ausland zu verbringen, ich hingegen musste es weiterhin tun und sogar die Aufenthalte verlängern und die Zahl der Ortsveränderungen vermehren, um die Kosten unserer neuen, so künstlich eingeweihten Wohnung zu bestreiten. Fast ein Jahr lang, das Jahr vor unserer Heirat, hatten wir hingegen versucht, so oft wie möglich zusammenzutreffen, sie in Madrid, wenn ich in Madrid war, sie in London, wenn ich in Genf war, und sogar ein paarmal beide zugleich in Brüssel. Fast ein Jahr lang, das unserer Ehe, bin ich dagegen mehr Zeit abwesend gewesen, als mir lieb war, so dass ich mich nie ganz an mein Eheleben oder an das geteilte Kissen oder an die neue Wohnung gewöhnen konnte, die zuvor niemandem gehörte, und sie fast ständig in Madrid, wo sie sich um diese Wohnung gekümmert und sich mit meiner Familie vertraut gemacht hat, besonders mit Ranz, meinem Vater. Jedes Mal, wenn ich während dieser Zeit von einer Reise zurückkehrte, fand ich neue Möbel oder Vorhänge und sogar irgendein neues Bild vor, so dass ich mich fremd fühlte und die häuslichen Wege, die ich beim vorherigen Mal gelernt hatte, verändern musste (jetzt stand eine Ottomane dort, wo zuvor keine Ottomane stand, zum Beispiel). Ich bemerkte auch einige Veränderungen an Luisa, geringfügige Veränderungen, die völlig nebensächliche Dinge betrafen, auf die ich indes sehr achte, die Länge des Haares, ein Paar Handschuhe, Schulterpolster in den Jacken, ein anderer Farbton ihrer Lippen, selbst ein etwas anderer Gang, ohne dass sie die Art ihrer Schuhe verändert hätte. Nichts sehr Auffallendes, aber doch wahrnehmbar nach acht Wochen Abwesenheit und mehr noch nach weiteren acht. In gewissem Sinne störte es mich, mit diesen winzigen, bereits vollzogenen Veränderungen konfrontiert zu werden, ihnen nicht beizuwohnen, so als würde die Tatsache, dass ich nicht Zeuge war (dass ich sie nicht nach dem Friseur gesehen hatte, dass ich keine Meinung über die Handschuhe geäußert hatte), zwangsläufig meinen möglichen Einfluss auf diese Veränderungen und damit den unserer Ehe ausschließen, der zweifellos der Zustand ist, der den stärksten Einfluss auf die Menschen ausübt und sie am meisten verändert und daher in seinen Anfängen die größte Wachsamkeit verlangt. Luisa änderte er in der richtigen Reihenfolge, zuerst in Einzelheiten, wie immer bei Frauen, wenn sie einem tiefgreifenden Wandlungsprozess unterworfen sind, aber ich begann Zweifel zu hegen, ob ich es war oder ich in unserer Ehe, der die Richtung dieser Wandlung bestimmte, sie zumindest bedingte. Mir gefiel auch nicht, dass unsere neue Wohnung, deren Möglichkeiten unendlich waren, hier und da einem Geschmack folgte, der nicht dem Luisas und auch nicht genau meinem entsprach, obwohl ich an ihn gewöhnt war und ihn zum Teil geerbt hatte. Die neue Wohnung ähnelte allmählich ein wenig, erinnerte allmählich ein wenig an die meiner Kindheit, das heißt, an die von Ranz, meinem Vater, als hätte er während seiner Besuche Hinweise geliefert oder durch seine bloße Anwesenheit Bedürfnisse geschaffen, die mangels Stetigkeit meiner eigenen sowie eines entschiedenen Standpunktes Luisas ohne viel Aufhebens erfüllt worden waren. Mein Arbeitstisch, für den ich nur vage Anweisungen gegeben hatte, war fast eine Replik des Tisches, den mein Vater vor fünfundzwanzig Jahren mit sehr präzisen Anweisungen bei einem Tischler in Segovia in Auftrag gegeben hatte, dem berühmten Fonfrías, den ich in irgendeinem Sommer flüchtig kennengelernt hatte: ein riesiger Tisch, zu groß für meine geringen Tätigkeiten, in Form eines rechteckigen U und voller Schubladen, die ich weder füllen könnte noch kann. Die Regale, die ich gerne weiß angemalt gehabt hätte (obwohl ich vergaß, es ihr zu sagen), waren mahagonifarben bei der Rückkehr von einer meiner Reisen (aber nicht aus Mahagoni), und nicht nur das: mein Vater, Ranz, hatte

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