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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Macbeth mit seinen blutbefleckten Händen zu besänftigen, als um ihr eigenes Wissen zu bagatellisieren und zu verdrängen, das über sich selbst: »Schlafende und Tote sind Bilder nur«; »Du lässt den edlen Mut erschlaffen, denkst du so hirnkrank drüber nach«; »Dieser Taten muss man so nicht denken; so macht es uns toll«; »Verlier dich nicht so schwächlich in Gedanken«. Letzteres sagt sie zu ihm, nachdem sie entschlossen hinausgegangen und zurückgekehrt ist und den Dienern das Blut des Toten in die Gesichter gerieben hat (»Wenn er blutet …«), um sie beschuldigen zu können; »Meine Hände sind blutig, wie die deinen«, verkündet sie Macbeth; »doch ich schäme mich, dass mein Herz so weiß ist«, als versuchte sie, ihn mit ihrer Sorglosigkeit anzustecken im Austausch dafür, dass sie sich mit dem von Duncan vergossenen Blut befleckte, es sei denn, »weiß« hieße hier »blass und furchtsam« oder »feige«. Sie weiß, sie ist informiert, und das ist ihr Vergehen, aber sie hat das Verbrechen nicht begangen, so sehr sie es auch bedauern oder versichern mag, es zu bedauern, sich die Hände mit dem Blut des Toten beflecken ist ein Spiel, eine Vorspiegelung, ein falsches Band, das sie zwischen sich und demjenigen knüpft, der tötet, denn man kann nicht zweimal töten, und die Tat ist bereits getan: »Ich hab’ die Tat getan«, und nie gibt es Zweifel daran, wer »ich« ist: Auch wenn Lady Macbeth die Dolche abermals in die Brust des ermordeten Duncan gestoßen hätte, hätte sie ihn deshalb doch nicht getötet noch dazu beigetragen, es war bereits getan. »Ein wenig Wasser reint uns (oder vielleicht ›reinige uns‹) von der Tat«, sagt sie zu Macbeth, wohl wissend, dass es für sie stimmt, im Wortsinne stimmt. Sie gleicht sich ihm an und versucht auf diese Weise, ihn ihr gleichzumachen, ihrem so weißen Herzen. Es geht nicht sosehr darum, dass sie seine Schuld in diesem Augenblick teilt, als darum, dass sie zu erreichen sucht, dass er ihre unabänderliche Unschuld oder ihre Feigheit teilt. Eine Anstiftung besteht aus weiter nichts als Worten, übersetzbaren, herrenlosen Worten, die von Stimme zu Stimme und von Sprache zu Sprache und von Jahrhundert zu Jahrhundert wiederholt werden, immer die gleichen, die zu den gleichen Handlungen anstiften, seit es auf der Welt Menschen und Sprachen und Ohren gibt, sie zu hören. Die gleichen Handlungen, von denen nie jemand weiß, ob er sie vollzogen sehen möchte, die Handlungen, die alle unfreiwillig sind, die Handlungen, die nicht mehr von den Worten abhängen, sobald sie ausgeführt werden, sondern sie auslöschen und isoliert vom Vorher und Nachher dastehen, sie allein sind unabänderlich, während es Bestätigung und Widerruf, Wiederholung und Richtigstellung bei den Worten gibt, sie können dementiert werden, und wir nehmen sie zurück, sie können entstellt und vergessen werden. Man ist nur schuldig, sie zu hören, was nicht vermeidbar ist, und obwohl das Gesetz denjenigen, der gesprochen hat, der spricht, nicht rechtfertigt, weiß dieser doch, dass er in Wirklichkeit nichts getan hat, selbst wenn er Zwang ausgeübt hat mit seiner Zunge im Ohr, mit seiner Brust im Rücken, mit beschleunigtem Atem, mit seiner Hand auf der Schulter und dem unverständlichen Geflüster, das uns überzeugt.

E s war Luisa, die mir zuerst die Hand auf die Schulter legte, aber ich glaube, ich war derjenige, der begann, sie zu zwingen (sie zu zwingen, mich zu lieben), obwohl dies niemals eindeutig ist und unmöglich konstant sein kann und der Nutzeffekt zu einem guten Teil davon abhängt, dass der Gezwungene den anderen zuweilen in der Zwangsausübung ablöst. Ich glaube aber, ich habe begonnen, und bis vor einem Jahr, zumindest bis zu unserer Hochzeit und unserer Hochzeitsreise, war ich es, der alles vorschlug, was akzeptiert wurde: uns daran zu gewöhnen, uns zu sehen, zum Abendessen auszugehen, zusammen ins Kino zu gehen, sie bis zu ihrer Haustür zu begleiten, uns zu küssen, unsere Arbeitszeiten zu ändern, um einige Wochen im Ausland zusammen zu sein, die eine oder andere Nacht in ihrer Wohnung zu schlafen (das schlug ich vor, aber dann ging ich nach den wachen Küssen und Umarmungen), später eine neue für uns beide zu suchen, zu heiraten. Ich glaube, ich war es auch, der vorschlug, zu heiraten, vielleicht weil ich älter war, vielleicht weil ich es noch nie getan hatte, heiraten oder es vorschlagen, oder Letzteres nur ein einziges Mal, halbherzig und angesichts eines

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