Mein Herz springt (German Edition)
dir gleich. Lass uns erst mal einen Kaffee holen. Mehr kann ich noch nicht zu mir nehmen.«
Während ich mit einem dicken Schinken-Käse-Sandwich und einer Cola light meinen Kater zu vertreiben suche, sitzt Lisa neben mir und hält sich an ihrer Tasse Kaffee fest. »Habt ihr beiden denn gestern noch länger gemacht?«, frage ich Lisa grinsend.
»Wir waren noch in einem Wiener Club tanzen und danach in irgendeiner 24-hour-Bar frühstücken. Mann, oh, Mann, Betty, ich bin ganz schön abgestürzt.«
»Aber du hast dich amüsiert, oder?«, hake ich noch einmal nach.
»Ja, das habe ich. Ist aber nichts passiert. Wir hatten einfach nur Spaß. Wenn du es genau wissen willst.« Lisa zögert einen Moment. »Vielleicht hätte etwas passieren können. Ich bin aber seit einem Dreivierteljahr in einer glücklichen Beziehung, die ich nicht riskieren will. Davor habe ich viel Blödes erlebt. Daran muss man sich auch mit betrunkenem Kopf in einem Wiener Klub morgens um fünf Uhr erinnern.«
»Finde ich gut, Lisa. Ich freue mich für dich, dass du Spaß hattest. Und Spaß haben darf man – auch wenn man in einer glücklichen Beziehung lebt.«
»Da hast du recht.« Lisa belohnt mich für meine Lebensweisheit mit einem strahlenden Lächeln.
»Aber jetzt erzähl du mal, Betty! Ihr seid doch nicht wirklich direkt ins Hotel gefahren, oder? Was habt ihr noch unternommen? Und überhaupt, woher kennst du den Clausen persönlich?«
So viele Fragen. Ich verschlinge den letzten Bissen meines Sandwiches, nehme noch einen Schluck Cola zu mir und wende mich zu Lisa: »Es gibt eigentlich nicht viel zu erzählen.«
»Eigentlich?«, schmunzelt Lisa.
»Wir haben uns vor ein paar Monaten in Köln kennengelernt. Obwohl ›Kennengelernt‹ auch schon wieder der falsche Ausdruck ist. Clausen hat die kardiologische Abteilung unserer Klinik besucht und im Rahmen dessen eine Visite begleitet, an der ich auch teilnahm. Danach hat er sich bei mir, als ich zufällig gerade vor der Klinik mit einer Kollegin einen Kaffee trank, verabschiedet. Gestern Abend haben wir uns dann überraschend wiedergesehen.«
»Hm«, meint Lisa. »Das klingt eher unspektakulär. Dafür hat er dich gestern aber ziemlich interessiert beobachtet – undseine weiteren Pläne auch ziemlich schnell den deinen angepasst. Mann, Betty, der Typ ist schon eine echte Nummer. An dem musst du dranbleiben. Das kann dir karrieretechnisch nur von Vorteil sein«, empfiehlt Lisa. »Du gehst doch sicherlich auch gleich zu seinem Vortrag, oder? Danach gehst du zu ihm nach vorne und fragst, ob er heute Abend Lust auf Kultur oder Ausgehen oder sonst irgendetwas hat. Betty, das musst du machen! Ich begleite dich auch gerne – ich meine, auf dem Weg nach vorne.«
Ich freue mich über Lisas Karrieretipps und beruhige sie: »Lisa, deine Fürsorge um meine berufliche Entwicklung ist lieb gemeint. Aber das ist nicht meine Art. Ich könnte das nie im Leben so strategisch angehen.«
»O. k. Betty, war ja auch nur eine Idee.«
Als ich auf die Uhr schaue, ist es kurz vor 14.00 Uhr. »Lisa, wir müssen los! Gleich beginnt die Veranstaltung. Auf einen Sitzplatz brauchen wir gar nicht mehr hoffen.«
»Zumindest nicht in der ersten Reihe«, scherzt Lisa.
Im Vortragsraum, der der größte in den für den Kongress vorgesehenen Messehallen ist, drängen sich die Mediziner durch die offenen Türen. An einen Sitzplatz ist überhaupt nicht mehr zu denken. Es ist eher eine Herausforderung, einen vernünftigen Stehplatz mit Blick zum Referenten zu ergattern. Ich überlege kurz, mein Vorhaben zu ändern, schließlich habe ich ihn heute Abend für mich alleine. Aber sicherlich wird er mich fragen, wie ich seinen Vortrag fand. Und dann wäre es mir peinlich zu sagen, dass ich stattdessen bei einem anderen war. Außerdem, was ist, wenn uns die Gesprächsthemen ausgehen? Dann wäre ich froh, wenn ich mit Clausen über seine Präsentationsinhalte diskutieren könnte.
Als ich mich entscheide zu bleiben, höre ich auch schon Clausens Stimme über die Lautsprecher. Ich dränge mich zusammenmit Lisa noch ein bisschen nach vorne, um Sicht auf die an die Wand projizierten Folien und vor allem den Mann zu haben, mit dem mich mehr als Sympathie zu verbinden scheint.
Was ich höre und sehe, beeindruckt mich vollends. Während Clausen bei der Visite vor ein paar Monaten fast unnahbar auf mich wirkte, genießt er jetzt die Aufmerksamkeit der Zuhörer und zieht sie durch seine kompetente, aber auch humorvolle Vortragsweise
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