Mein Herz springt (German Edition)
zu meinem gestrigen Outfit wirkt das heutige schlicht und unauffällig – trotzdem aber sexy.
Endlich. Mein Handy piepst. Eine neue Nachricht: »Hallo mein Schatz, bin noch beim Mandanten. Wir gehen gleich noch ein Kölsch trinken. Genieße den Abend. Ich liebe Dich. Kalle.« Ich bin beruhigt und freue mich, dass Kalle auch Pläne für den Abend hat. Wie sehr ich ihn liebe, denke ich just in dieser Sekunde, in der ich das Hotelzimmer verlasse.
Als ich unten an der Rezeption ankomme, sehe ich Prof. Clausen schon warten. Die Situation fühlt sich surreal an. Vor ein paar Stunden stand er noch vor Hunderten von Zuhörern und ich war eine von ihnen. Jetzt steht er hier im Hotel und wartet nur auf mich. Ich nehme mir fest vor, dass er den heutigen Abend mit mir nicht bereut.
Selbstbewusst und mit einem Strahlen im Gesicht gehe ich direkt auf Clausen zu. »Guten Abend, Herr Professor«, begrüße ich ihn fast überzogen förmlich.
Er ist sichtlich erfreut, mich zu sehen, legt seine Hände auf meine Oberarme und gibt mir routiniert ein Küsschen links und ein Küsschen rechts. »Guten Abend, Frau Doktor«, antwortet er schmunzelnd. Das Eis scheint gebrochen zu sein. »Ich habe einen Tisch für uns in einem Fischrestaurant am Ufer der Donau reserviert. Haben Sie Lust auf Fisch?«
»Sehr gerne.«
»Dann lassen Sie uns keine Zeit verlieren.«
Clausen legt seine Hand sanft zwischen meine Schultern und gibt so die Richtung zum Taxistand vor dem Hotel vor. Wie gestern nehmen wir beide auf der Rückbank des Fahrzeugs Platz. Aber anders als gestern schweigen wir nicht, sondern sprechen über seinen Vortrag. Er fragt mich, wie ich ihn fand.
Ich antworte: »Was macht Sie so sicher, dass ich im Publikum war?« In der Menschenmasse kann mich Clausen unmöglich wahrgenommen haben.
»Ich bin mir nicht sicher. Aber ich hätte es mir gewünscht.«
Ich lächle ihm schmeichelnd zu: »Ich war überraschenderweise beeindruckt.«
»Das ›überraschenderweise‹ müssen Sie mir aber erklären!«
»Zugegebenermaßen hätte ich Ihnen einen monotoneren, um nicht zu sagen, langweiligeren Präsentationsstil unterstellt. Sie waren natürlich kompetent, aber auch erfrischend unterhaltsam.«
Clausen scheint meine Direktheit zu überraschen. »Ich fürchte, es wird höchste Zeit für ein Glas Wein, Frau Doktor. Wir sind am Ziel. Bitte aussteigen.«
Im Restaurant angekommen, nehmen wir auf einer großen Terrasse vor einem altertümlichen Gebäude Platz. Das Lokal bietet einen traumhaft schönen Blick auf die Donau. Im Moment können wir noch die Abendsonne genießen, die bald hinter dem Horizont verschwinden wird. Alleine das Ambiente sorgt für ein stürmisches Rauschen meiner Gefühlswelt: das sich dämmernde Licht, das durch den unauffälligen Schein der vielen kleinen Tischkerzen ergänzt wird; die leichte Brise vom Fluss, die mein Haar sanft durchweht; der Mann an meiner Seite, der durch eine unergründliche Art mein Herz berührt.
Es wird tatsächlich höchste Zeit für ein Glas Wein. Prof. Clausen scheint die Weinkarte zu kennen. Als uns der Kellner die Speisekarte reicht, bestellt er direkt eine Flasche weißen Spätburgunder und dazu eine Flasche Mineralwasser. Seinem Menüvorschlag schließe ich mich an. Zur Vorspeise eine Südtiroler Speckknödelsuppe, zur Hauptspeise einen Karpfen nach Art des Hauses und zum Nachtisch eine österreichische Sachèrcreme. Passend zum eher traditionellen Stil des Restaurants sind die Gerichte einfach gehalten. Das kommt mir entgegen. Ich bin kein großer Freund der extravaganten Küche. Und meine Begleitung anscheinend auch nicht.
Clausen erhebt dezent das Glas und prostet mir zu: »Auf einen schönen Abend, Frau Kollegin! Danke, dass Sie meine Einladung angenommen haben. Das ehrt mich sehr.«
Ich schließe mich dem recht förmlich klingenden Eröffnungsdialog an: »Vielen Dank für die Einladung. Ich habe sie gerne angenommen.« Und bereits zwischen diesen Zeilen lese ich mehr als Höflichkeit und Formalität. Alles, was gesagt wird, kommt von Herzen – von mir und von dem Mann an meiner Seite.
Der Abend verläuft unterhaltsam. Wir sprechen über den Kongress, unsere Jobs und über gemeinsame bekannte Kollegen. Clausen ist voller beruflicher Zukunftspläne. Die ärztliche Leitung der Klinik in Hamburg ist für ihn nur eine Zwischenstation. Er kann sich gut noch ein paar Lehr- und Forschungsjahre im Ausland vorstellen. Konkret denkt er dabei über die Vereinigten Staaten nach – insbesondere
Weitere Kostenlose Bücher