Mein Herz springt (German Edition)
es.« Kalle streicht mir sanft mit seiner Hand über die Wange.
»Ich muss noch ein paar Dinge von unserem Meeting in Hamburg nacharbeiten. Ich setze mich dazu ins Arbeitszimmer. Ist das in Ordnung?«
»Klar, meine Karrierefrau«, entgegnet Kalle mit einem Lächeln auf den Lippen. »Aber mach‘ nicht zu lange. Du musst mir noch von Hamburg erzählen.«
»Wird nicht allzu lange dauern. Zum Ende des Spiels bin ich bestimmt wieder da. Dann muss ich deine Aufmerksamkeit wenigstens nicht mehr mit dem Fußball teilen.« Ich küsse Kalle liebevoll auf seine Lippen und gehe hinüber in unser gemeinsames Büro.
Ich wähle absichtlich diesen Raum, um mit Hanno zu telefonieren. Es ist der unpersönlichste in unserer Wohnung. Keine Fotos, keine Bilder, keine liebevoll ausgewählten Möbel. Eine nüchterne Ausstattung mit zwei Schreibtischen, zwei Drehstühlen, zahlreichen Bücherregalen und haufenweise geordneten und ungeordneten Akten, die über das ganze Zimmer verteilt sind.
Es ist auch der Raum, in dem ich für die nächsten Minuten ungestört sein kann. Ich krame alibimäßig die Forschungsunterlagen aus meiner Laptop-Tasche hervor und versuche, sie zu sortieren. Konzentrieren kann ich mich dabei nicht wirklich.
Kurz nach neun Uhr greife ich zu meinem Handy. Ich spüre, wie sich mein Herzschlag beschleunigt. Ich wähle Hannos Nummer und glaube, vor Aufregung nicht sprechen zu können.Er geht schnell ans Telefon. »Betty, kann ich mich in zwei Minuten noch einmal bei dir melden?«
»Ja, klar. Kein Problem. Bis gleich.«
Vermutlich muss sich Hanno auch ein ruhiges Plätzchen in seiner Wohnung suchen. Oder besser gesagt, in seinem Haus. Als Chefarzt und internationaler Herzspezialist lebt er sicherlich in einer großen, eleganten Villa mit mondäner Zufahrt in Blankenese. Es müssen schließlich drei Kinder und eine Ehefrau untergebracht werden. Eine Wohnung kommt daher nicht infrage.
Ich stelle mir vor, wie sich Hanno gerade in seiner riesigen Villa in sein 100 Quadratmeter großes Arbeitsdomizil unter dem Dach begibt. Danach klingelt mein Telefon: »Hallo Betty. Entschuldige bitte. Ich musste mich gerade noch in mein Arbeitszimmer zurückziehen.«
Ich muss kurz lachen.
»Wieso lachst du?«, fragt Hanno.
»Weil ich mir gerade genau das vorgesellt habe.«
»Wie ich in mein Arbeitszimmer gehe?«
»Eher, wie du in deinem Schloss am Elbufer auf die Arbeitsetage unterm Dach marschierst.«
Hanno lacht ebenfalls. »Du traust mir ja ganz schön was zu. Ich lebe in einem ganz normalen Einfamilienhaus im Hamburger Norden. Ganz unspektakulär.«
»Ehrlich?«, hake ich nach.
»Ich glaube, du musst mich einfach noch besser kennenlernen.« Kurzes Schweigen.
»Ja, vielleicht.«
Ich spüre, dass Hanno gleich zum Thema kommen wird. Ich spüre seine Anspannung im Schweigen. Mein Herz droht zu platzen. Ich fühle mich ihm plötzlich wieder so nahe und bin doch so weit entfernt.
Hanno räuspert sich. Dann ergreift er das Wort: »Betty, ich stand heute Morgen komplett neben mir. Entschuldige bitte. Die Situation hat mich überfordert. Du hast mich überfordert. Ich konnte damit nicht umgehen. Und ich kann es immer noch nicht so recht.« Wieder Stille. »Es ist so viel passiert zwischen uns. Und es ist alles so schön. Aber wohin soll das führen?«
Ich erlöse Hanno von seinem Prolog. »Ich weiß es immer noch nicht, lieber Hanno. Ich weiß nur, dass zwischen uns eine ganz besondere Anziehungskraft besteht. Und doch kann ich dich gut verstehen. Das, was sich zwischen uns entwickelt hat, irritiert auch mich.
Aber eines wissen wir beide: Wir sind beide verheiratet, wollen beide unser bisheriges Leben nicht aufgeben. Wir glauben beide an das, was wir uns aufgebaut haben und was unseren Alltag so lebenswert macht. Und gleichzeitig haben wir uns eine gemeinsame Traumwelt geschaffen, die uns über genau diesen Alltag hinausträgt, die uns noch nie zuvor erfahrenes Glück beschert. Wir haben beide keine Erfahrung damit, wie man diese beiden Welten miteinander vereinbaren kann. Ich hoffe so sehr, dass es möglich ist. Lass‘ es uns bitte ausprobieren! Lass‘ uns um das Besondere zwischen uns kämpfen!«
»Betty, du bist so eine tolle, so eine intelligente Frau. Deine Worte berühren mich sehr. Ja, lass‘ es uns ausprobieren. Was sollen wir auch sonst tun?«, antwortet Hanno spürbar melancholisch. Und nach einer kurzen Pause nimmt er das Gespräch recht sachlich wieder auf: »Ich würde das Team gerne zur Weihnachtsfeier meiner
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