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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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nickend.
    Rapscullio ist mit sich zufrieden. »Und warum die Eile? Was hat sie getan?«
    »Getan?«, frage ich.
    »Welches Verbrechen hat sie begangen?«
    Dann fällt mir wieder ein, mit welcher List ich ihn dazu gebracht habe, Delilah zu malen. »Sie ist eine Diebin«, erkläre ich.
    Das ist im Grunde keine Lüge. Denn sie hat ganz und gar und ohne jeden Zweifel mein Herz gestohlen.

D elilah
    Wir sind einander so nah – direkt vor mir, in der Abgeschiedenheit meines alten Baumhauses, sehe ich, wie Olivers Gesicht erscheint. Aber ehe er mehr ist als eine schemenhafte Halluzination, verschwindet er auch schon wieder.
    Während ich noch herauszufinden versuche, was passiert ist – und was nicht  –, höre ich meine Mutter meinen Namen rufen.
    »Ausgerechnet jetzt?«, brumme ich. »Muss das sein?«
    »Delilah?« Ihre Stimme kommt näher. Sie steht am Fuß des Baumes. »Was machst du da oben?«
    Schnell klappe ich das Buch zu und stecke es zwischen die alten Zeitungen. Der Kopf meiner Mutter taucht an der obersten Leitersprosse auf. »Ich räume es aus«, verkünde ich. »Schlage ein neues Kapitel auf. Keine Märchen mehr, keine Baumhäuser.« Sie sieht mich zweifelnd an. »Dr. Ducharme hält es für wichtig, dass ich Dinge tue, die meinem Alter angemessen sind.«
    Die Worte erzielen die beabsichtigte Wirkung. »Na, dann«, sagt meine Mutter überrascht. »Schön!« Sie schüttelt den Kopf, als könnte sie es nicht ganz glauben, und das ist ja auch kein Wunder. »Du hast Besuch. Jules wartet in deinem Zimmer.«
    »Jules?«
    Das Letzte, worauf ich Lust habe, ist mit Jules abzuhängen, denn ich muss unbedingt mit Oliver reden. Mir ist nämlich etwas klar geworden: Nicht er kann das Ende umschreiben. Ich habe einen neuen Plan, in den ich ihn unbedingt einweihen muss.
    Das Märchenbuch verstohlen unter den Arm geklemmt, gehe ich zurück ins Haus. Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffne, liegt Jules auf meinem Bett und hört Musik auf meinem iPod. Rasch stecke ich das Buch zwischen die anderen im Regal, damit Jules mich nicht fragt, warum ich immer noch ein Kindermärchen lese. Dann setze ich mich und ziehe ihr die Ohrstöpsel aus den Ohren. »Ich hab dich gar nicht erwartet«, sage ich.

    »Seit wann muss man mit seiner besten Freundin einen Termin vereinbaren?«, fragt Jules. »Und seit wann hörst du Justin Bieber?« Sie schüttelt den Kopf. »Vielleicht brauchst du wirklich einen Psychiater. Ich habe kein Problem damit, dass du Allie die Nase gebrochen hast, aber wenn du dir weiterhin solche Songs herunterlädst, muss ich dich irgendwann umbringen.« Sie rollt sich auf den Bauch und sieht mich an. »Also, wie war es?«
    »Wie war was?«
    »Der Termin beim Seelenklempner?«
    Es kommt mir vor, als wäre das Jahre her und nicht erst drei Stunden. »Ein Reinfall.«
    »Gut, denn ich brauche deine Hilfe, und dafür musst du deine fünf Sinne beisammenhaben. Ich stecke nämlich total in der Klemme.« Sie setzt sich auf und schlägt die Beine übereinander. »Erinnerst du dich an meine Tante Agnes?«
    »Die, die nach Roter Bete riecht?«
    Jules zuckt zusammen. »Oh Gott, warum musst du mich jetzt daran erinnern? Meine Eltern wollen mich in den Sommerferien zu ihr schicken, damit ich ›Geschmack am Landleben‹ finde. Kannst du dir vorstellen, wie ich irgendwo in Iowa, am Arsch der Welt, Kühe melke?«
    »Sie haben dort Kühe?«
    »Nein, aber es wäre gut möglich. Darum geht es aber gar nicht. Sondern darum, dass ich wie ein Paket in die langweiligste Stadt der Welt verfrachtet werde.« Sie zögert. »Mann, die wählen sich dort noch über ein Modem ins Internet ein.«
    Ich möchte wirklich Anteil an Jules’ Dilemma nehmen, aber ich denke nur an Oliver und daran, was wir als Nächstes tun werden.
    »Vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm«, sage ich. »Der Sommer ist im Nu vorbei.«
    Sie starrt mich an. »Wow. Mitleid? Fehlanzeige.«
    »So meine ich es nicht. Natürlich tust du mir leid, aber es ist auch nicht das Ende der Welt, Jules.«
    »Kannst du mir mal was erklären? Wo ist Delilah? Denn die Freundin, die ich einmal kannte, hätte Mitleid mit mir.«
    »Jetzt dramatisierst du aber ein bisschen«, sage ich, wobei ich mich zu einem Lachen zwinge.
    »Ach ja? Ich bin hergekommen, um mich auszuheulen. Du hättest sagen sollen, dass ich einen schrecklichen Sommer vor mir habe und du meinen Kummer voll verstehen kannst. Du solltest für mich Partei ergreifen. Ich werde um den Sommer in Iowa nicht herumkommen, und es

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