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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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Kopie des Märchens, in dem ich lebe –, die Fähigkeit hat, in Delilahs Welt Veränderungen zu bewirken. Schließlich hat es dafür gesorgt, dass das Buch, in dem wir existieren, Feuer fing. Wenn wir also die Kopie von Mein Herz zwischen den Zeilen irgendwie explodieren lassen können, wird das Exemplar, in dem wir uns befinden, vielleicht von Delilahs Bücherregal fallen und offen liegen bleiben. In diesem Augenblick werden vermutlich alle Charaktere wieder in ihre übliche Position zurückversetzt. Wenn das Buch merkt, dass Delilah nicht dazugehört, wird sie wieder nach Hause befördert.
    Zumindest hoffe ich das.
    Orville schützt seine Tränke und Ingredienzen durch einen Zauber, wenn er gerade nicht mit ihnen arbeitet. Das heißt, wir können nicht einfach so in seine Hütte einbrechen und uns irgendein Gebräu suchen, das eine Explosion bewirkt. Stattdessen müssen wir es schaffen, ihn abzulenken, wenn er zugegen ist und den Zauber eigenhändig außer Kraft gesetzt hat. Es ist Delilahs Idee gewesen, ihn zu bitten, mich noch einmal in die Zukunft blicken zu lassen. Auf diese Weise schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.
    Die Flüssigkeit in der Schale blubbert und verdampft fast augenblicklich zu einem lavendelfarbenen Nebel. »Machen wir einen Test«, sagt Orville und blickt sich suchend nach etwas um, das er in den Rauch werfen kann. Delilah hebt die Brauen und formt mit den Lippen ein einziges Wort: Jetzt?
    Ich schüttle den Kopf. »Noch nicht«, flüstere ich.
    Orvilles Blick wandert über die Flaschen und Gläser auf den Regalen hinter ihm. Dann hellt sich seine Miene auf. Er greift in die Tasche und zieht einen kleinen Leinenbeutel hervor. »Für den kleinen Hunger am Nachmittag«, erklärt er, holt einen Sonnenblumenkern heraus und wirft ihn in den Nebel.
    Der dunkelviolette Nebel türmt sich zu einem hohen Gebilde in Form einer Sonnenblume auf.
    »Jetzt«, sage ich zu Delilah. Sie tritt zurück, scheinbar, um mir einen besseren Blick in meine Zukunft zu gewähren, in Wahrheit jedoch schnappt sie sich sämtliche Fläschchen von dem Regal hinter Orville, die sie fassen kann. Einige verstaut sie in ihren Taschen, andere schiebt sie sich in die Ärmel ihres Kleides.
    »Und jetzt bist du dran«, sagt der Zauberer. Er reißt mir ein Haar aus und lässt es in den Nebel fallen. Genau wie beim letzten Mal bilden die Schwaden eine hohe, sich zu einer Leinwand ausbreitende Säule, auf der meine Zukunft dargestellt wird. Ich sehe mich auf einem Sofa in einem kleinen Zimmer mit Bücherregalen.
    Delilah hält inne, die Fäuste noch voller Flaschen und Kräuter. Auch sie kann den Blick nicht von dem Bild wenden. »Was ist denn nun das Problem an dieser Zukunft?«, fragt sie.
    »Eine Sekunde«, sage ich.
    Und tatsächlich, ein Mädchen kommt herein und umarmt mich. Ich spüre, wie Delilah hinter mir ganz steif wird.
    »Es kommt noch schlimmer«, warne ich sie.
    Das Mädchen dreht sich um und wir können ihr Gesicht sehen. Jetzt, auf den zweiten Blick, merke ich, dass es eher eine Frau ist als ein Mädchen. Eine Frau, die ich nie zuvor gesehen habe.
    Delilah schnappt nach Luft. »Ich kenne sie!«
    »Wirklich?!«
    »Ja! Das ist …«
    Doch noch bevor sie den Satz beenden kann, öffnet sich die Tür zu Orvilles Hütte und schlägt krachend gegen die Wand. Frump stürmt herein und springt mit gefletschten Zähnen auf mich zu. Ich bin wie gelähmt vor Schreck »Frump!«, schreie ich. »Was zum Donnerwetter …«
    Er schneidet mir das Wort ab und springt mir knurrend an die Kehle. Wir stürzen, ein Knäuel aus Fell und Gliedmaßen. Ich bekomme gerade noch mit, dass auch Seraphima in der Tür steht, das Gesicht tränenüberströmt.
    »Du verdammter Lügner«, bellt Frump. »Du hast ihr das Herz gebrochen.«
    »Du hast gar keine Cousine«, jammert Seraphima. »Du hast nicht einmal eine Tante oder einen Onkel.«
    Bevor ich mich rechtfertigen kann, spüre ich, wie mich jemand von dem Gewicht des rasenden Hundes befreit. Ich blicke auf und sehe, dass Delilah Frump mit aller Kraft am Halsband zerrt, damit er den Kragen meines Wamses freigibt. Schließlich reißt der Stoff, Delilah und Frump fallen hintenüber und stoßen gegen Orvilles Regale, sodass ein Flaschenhagel auf sie niederprasselt.
    »Delilah«, rufe ich und krabble zu ihr. »Alles in Ordnung?«
    »Mir geht’s gut«, murmelt sie und rappelt sich auf. Ihr Kleid hat feuchte Flecken. »Aber ich stinke wie ungewaschene Füße.«
    Orville begutachtet das Chaos.

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