Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)
ein faszinierender Sport. Es geht schließlich ums Fliegen, einen der ältesten Träume der Menschen. Zum Skispringen gehört Mut. Du musst dich immerhin die gewaltige Schanze hinunterstürzen. Um richtig weit zu springen, müssen mehrere Parameter zusammenspielen: das Material, die Technik, die Athletik und das Gewicht des Athleten.
Erste Voraussetzung für eine konkurrenzfähige Weite: Du musst bei der Anfahrt eine möglichst hohe Anfahrtsgeschwindigkeit erreichen. Dabei ist wiederum die Anfahrtsposition ein entscheidender Faktor. Um den Luftwiderstand gering zu halten, solltest du eine möglichst kleine Angriffsfläche bieten. Dabei spielt eine möglichst geringe Hockhöhe eine wichtige Rolle. Die Arme sollten nahezu parallel zum Oberkörper nach hinten angelegt sein.
Während der Anfahrt wirken die Schwerkraft, in diesem Fall die Hangabtriebskraft, die dich beschleunigt; der Luftwiderstand und die Reibungskraft – zwei Widerstandskräfte, die wiederum deine Beschleunigung verringern. Deswegen ist eine stabile Anfahrt so wichtig, du sollest keinesfalls mit den Armen pendeln.
Kurz vor dem Schanzentisch solltest du den Körperschwerpunkt stabil halten, um beim Absprung ein vorwärtsgerichtetes Drehmoment erzeugen zu können. Auf keinen Fall noch versuchen, Schwung zu holen oder vermehrt Druck auf die Zehen zu geben.
Der alles entscheidende Absprung
Der Absprung ist die wichtigste, aber zugleich auch schwierigste Phase beim Skispringen. Du bist jetzt über 90 Kilometer pro Stunde schnell, manchmal noch schneller. Für die eigentliche Absprungbewegung bleibt allerdings nur ein winziges Zeitfenster von gerade mal 0,3 Sekunden. Das ist ungefähr die Zeitspanne, in der du »Ooohhh« oder »Mist« sagen kannst.
In einem 5 Meter engen Korridor auf dem Schanzentisch entscheidet sich, ob der Sprung gelingt – oder nicht. Ein optimales Timing ist also alles entscheidend.
Wenn du zu spät abspringst, ist das eine kleine Katastrophe, denn deine Kraft beim Absprung stößt ins Leere und der nach unten gerichtete Kraftstoß kann keine Gegenkraft erzeugen. Deine Flugkurve fällt flacher aus. Wenn du aber zu früh abspringst, ist das noch schlimmer. Der Ski bekommt im ersten Moment keine Anströmung. Du musst kurz warten, bis der Ski trägt. Dieser winzige Moment kann dich zig Meter kosten.
Weltklasse oder Bruchlandung? Dies entscheidet sich am Schanzentisch. Wenn du deine Skier zu steil in den Wind stellst, raubt der größere Luftwiderstand zunehmend Weite. Wenn du die Skier zu flach in den Wind stellst, werden die »Tragflügel«, die der Körper und die Skier im Idealfall bilden, zerstört. Auch das kostet Meter.
Die Explosion am Schanzentisch
Alles ist perfekt, wenn es gelingt, beim Absprung eine möglichst große vertikale Absprunggeschwindigkeit mitzunehmen und den Körperschwerpunkt und damit auch die folgende translatorische Flugbahn anzuheben sowie einen möglichst großen, senkrecht zum Schanzentisch gerichteten Kraftstoß zu erzielen – so beschrieb die Studentin Isabelle Glauner (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) in ihrer Studienarbeit »Biomechanik Skispringen« die optimale Technik. Sie bekam dafür übrigens die Note 1,0.
Sie erklärt wissenschaftlich, was wir Springer von den Trainern in fast jeder Trainingseinheit mit einfachen Worten auf den Weg bekommen und intuitiv längst wissen. Es kommt jetzt auf eine explosive Streckung der Sprung-, Knie- und Hüftgelenke an. Zugleich wird der Oberkörper nach vorn geschoben, um den Körperschwerpunkt zu verlagern und das erforderliche Drehmoment vorwärts bzw. auch den vorwärts gerichteten Drehimpuls erzeugen zu können. Je höher der Drehimpuls, desto schneller erreichst du die aerodynamisch günstige Flughaltung.
Die Erfolgsformel für einen konkurrenzfähigen Skisprung lautet also: hohe Absprunggeschwindigkeit plus optimaler Drehimpuls gleich große Weite.
Translation bezeichnet in der Physik eine »geradlinig fortschreitende Bewegung eines Körpers, bei der alle seine Punkte parallele Bahnen in gleicher Richtung durchlaufen«. Duden – Deutsches Universalwörterbuch
Warum können Skispringer überhaupt fliegen?
Ganz einfach: Der Fahrtwind erzeugt unter dem Körper und den Skiern einen Überdruck, während auf dem Rücken des Springers und der Oberfläche der maximal 11,5 Zentimeter breiten Skibretter ein Unterdruck entsteht. Der Rumpf bildet also eine Art Tragfläche, die durch den Sogeffekt nach oben gesogen wird.
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