Mein ist dein Herz
nicht, sie diesbezüglich anzusprechen.
Überhaupt bewunderte ich zurzeit ihren sanften Hüftschwung und malte mir nicht gerade jugendfreie Szenen aus, als Jane ihren Schlüssel zielsicher im Schloss versenkte und ihn mehrmals umdrehte. In dem Augenblick verfiel ich in eine Art Trance. Nichts Schlechtes, aber dennoch sehr lästig, weil ich mich eigentlich über die eigene Dummheit ärgern sollte ...
Obwohl sie mindestens einen Tag lang nicht da war, werden wir mit Wärme und einem angenehmen, süßlichen Duft begrüßt. Anstelle eines mit Schuhen vollgestellten Flurs - man pflegt schließlich immer eine entsprechende Vorstellung, bei einer dermaßen modischen Frau, wie Jane - finde ich mich in einem schlichten, rein zweckgebundenen Durchgangsraum wieder. Eine Tür führt ins Bad - hellblaue Deko, glänzend weiße Fliesen - eine weitere in die winzige Küche - gelbe Vorhänge, ein Küchenblock mit hellen Verkleidungen und einem weichen Grün an den Wänden - die letzte in ein großes Wohnzimmer, das sowohl Schlafzimmer wie auch ein Büroraum ist.
Dass ich weder Lampen in Form von einem Dildo noch das besagte Ding in allen Ausführungen und Farben auf ihrem Fensterbrett vorfinde, war von vornherein klar. Wie das allerdings passieren konnte, dass ich mich derart verkannt habe, und nun schockiert darüber bin, dass es sich hier um das behagliche Zuhause einer offensichtlich kreativen und sensiblen Frau handelt, ist für mich ein Rätsel.
Dementsprechend schweigsam stehe ich vor dem großen Panorama-Fenster und betrachte so lange die fluffige, bläulich schimmernde Schneedecke im Vorgarten des Hauses, bis Jane neben mich tritt und mich von der Seite aus mustert.
»Was gibt´s denn Interessantes?«, fragt sie flüsternd und schaut nun ebenfalls raus.
»Das Leben!«, antworte ich und analysiere ihr schönes Profil. Das schwache Licht des Mondes lässt ihr Antlitz leuchten, weil es die Haut zu einem seidigglänzenden Alabaster macht.
In meinem Kopf formt sich sogleich ein einziges Wort, das mich zutiefst berührt: Perfekt!
Sie, der Augenblick, das dunkle Zimmer und das bedeutsame Schweigen, ist das, wonach ich suchte. Nichtsahnend, wohlgemerkt, aber dennoch voller Bestreben.
»Hmm!«, haucht sie und senkt den Blick auf ihre Hände, die sie an der Heizung wärmt. »Das ist wahrlich eine spannungsreiche Sache!«
»Eher eine Reise ...«
»... mit undefiniertem Anfang und einem ungeahnten Ende«, schließt sie.
Eine kleine Ewigkeit vergeht, ehe Jane zu mir aufsieht und den gesamten Zweifel an der Richtigkeit ihrer Handlung mittels eines schüchternen und zaghaften Wimpernaufschlags bezeugt.
»Worin ich unseren Anfang sehen will, steht jedoch längst fest.«
Nun muss ich heftig schlucken und schüttle vehement den Kopf. Was auch immer ich mir vorgenommen habe, rückt nun an die zweite Stelle. Zuerst sollte ich noch mehr über sie in Erfahrung bringen, meine Meinung ins rechte Licht rücken und im Anschluss daran entscheiden, ob es sinnvoll wäre, so eine Frau in meine Arme zu lotsen.
Bevor ich allerdings genug Luft in der Lunge und geformte Äußerungen in petto habe, fängt sie an zu lachen, nimmt meine Hand und zieht mich hinter sich her.
»Sandwiches, Tee und Plätzchen gefällig?«
E ine bauchige XXL Tasse mit der Aufschrift › Liebe ist ... sein Herz restlos herzugeben‹ in der einen und ein köstlich duftendes Gebäckstück in der anderen Hand, genieße ich die ausgelassene junge Frau, welche nun wie ausgewechselt scheint.
Abgesehen davon, dass sie sich umgezogen hat und nun einen dunkelblauen, nahezu knielangen Schlabberpullover und schwarze, enganliegende Leggins trägt, sitzt sie mit ihrer Mickey Mouse Tasse auf der Arbeitsplatte. Die Ärmel hat sie bis zu den Ellbogen hochgezogen und rückt immer wieder die Schulterpartie ihres Oberteils zurecht, welches gleichwohl ebenso hartnäckig runterrutscht und die zarte Haut darunter offenlegt.
Die Hitze des schwarzen, frisch aufgebrühten Tees, den sie mit einer Scheibe Zitrone genießt, zaubert ihr eine sanfte Röte ins Gesicht, wohingegen sie für die einladende Fülle ihrer mohnroten Lippen allein dadurch sorgt, dass sie andauernd an ihnen herumkaut.
Für jedermann, der es nicht weiß: Dies ist eine höchst verführerische Geste! Kein Wunder also, dass ich schon bald darauf an nichts anderes mehr denken kann, als an die Frage, wie diese Lippen sich wohl anfühlen mögen und sie sämtliche Anstandsregeln übergehend anstarre.
»Magst du Whisky?«,
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