Mein ist dein Herz
Jane?«
»Papperlapapp! Für einen Tee ist man nie zu voll!«, widerspricht meine Mutter entschieden. »Ich habe außerdem einen Apfelkuchen nach unserem Familienrezept gebacken und einen schwarzen Tee aus England aufgekocht. Willst du Jane den tollen Geschmack von einer echten Earl Grey Mischung wirklich vorenthalten?«
»Ich denke, dass er Jane gar nicht so unbekannt ist. Sie kommt gebürtig aus Durham.«
»Oh!«, japst meine Mutter und schon geht die kleine Umarmungsorgie in die nächste Runde. »Das ist doch großartig! Komm Jane, du und Nancy müsst mir so viel erzählen. Ihr seid Freundinnen, oder?«
Meine Freundin wird zusammen mit dem Grinsezwerg abgeführt und anschließend auch sicherlich mit Tee abgefüllt, unterdessen sie im Bezug auf ihre Herkunft ausgequetscht werden. Ich bleibe mit Dean im Wohnzimmer zurück und warte ab, bis unser Dad auf den Balkon verschwindet, ehe auch meine Fragen aus mir herauspurzeln.
»Ihr macht auf ernst, oder?«
Dean lacht lautlos auf und entfernt unsichtbare Fussel von der Sofalehne. »Du wirst mich damit bis zur Rente aufziehen, nicht wahr?«
»Überhaupt nicht!«, versichere ich schnell.
»Sie ist einfach unglaublich, Sean. Nicht perfekt und in mancher Hinsicht bestimmt gewöhnungsbedürftig in ihrer Art, ich will aber keine andere. Sie ist es ...«
»Wann genau hast du das festgestellt?«
»Als sie in der Disko neben mir saß, übte sie bereits eine sehr starke körperliche Anziehung auf mich aus.«
Ähnlich, wie es bei mir war!
»Die ganze Woche über hatte ich das Gefühl, das ich meinen Zug verpasse und sie niemals wieder sehe. Das war eine schreckliche Vorstellung. Als sie dann aber mit Tränen in den Augen in mein Krankenzimmer platzte, stand für mich außer Frage, dass sie genauso empfindet wie ich. Und als wir dann zusammen mit Jane in ihrer Wohnung ankamen, fiel der gefühlsmäßige letzte Groschen. Es fühlte sich richtig an ...«
»Man oh man! Typisch Wildmann!«, nicke ich.
»Janessa?«, rät er und mein Kopf verfällt erneut in die eben aufgeführte Geste. »Sie scheint ein gutes Mädchen zu sein, dennoch musst du unbedingt diese ganze Sache mit ihrem Ex-Freund im Blickfeld behalten. Der Kerl hat irgendeinen gewaltigen Dachschaden ...«
»Du ahnst ja gar nicht, wie recht du mit dieser Vermutung hast. Er hätte ihre Seele und Weiblichkeit auf dem Gewissen, wäre sie noch länger bei ihm geblieben. Zum Glück gehört er nun der Geschichte an.«
»Ich weiß nicht, Mann! Janessa hätte ihn wohl bereits mehrmals verlassen, ist allerdings auch immer zu ihm zurückgegangen.«
»Das war mal ...«, murmele ich jene Worte, an die ich selbst glauben will.
»Manch einer behauptet, dass sie ihn liebt!«
Nach diesem Satz, wegen dem sich bei mir auf der Stelle ein Kloß im Hals bildet, werden wir durch die Rückkehr unseres Dads unterbrochen.
Mist verdammter!
Zu gerne hätte ich noch mehr erfahren. Dean scheint gut aufgeklärt zu sein ... Was wiederum bedeutet, dass Nancy sehr viel über Jane und deren Gefühlswelt weiß. Ein verstörender Gedanke, weil dieses Wesen unbeschreiblich in sich gekehrt ist. Als wäre sie eine Erscheinung aus einem meiner verborgenen Träume.
Plötzlich bekomme ich das unüberwindbare Bedürfnis mich davon zu überzeugen, dass Jane real und hier bei mir ist, springe auf und stürme in die Küche. Und tatsächlich, da sitzt sie. Ihr herzliches Lachen, die melodische Stimme und der gütige Glanz ihrer grünen Augen wärmen meine Seele.
Ich suche den Blickkontakt zu ihr, analysiere ihren Gemütszustand und frage mich zeitgleich, warum ich dermaßen übertreibe. Das Wochenende war doch perfekt, der Sex berauschend, ihre Gefühle sind ebenfalls offensichtlich ... Bis hierhin und nicht weiter komme ich in Gedanken, bevor mir klar wird, dass genau der letzte Punkt nicht der Wahrheit entspricht.
Hat sie mir gesagt oder auch nur angedeutet, dass sie irgendwelche Gefühle für mich hegt?
Nein, hat sie nicht.
Voller Schwermut lasse ich mich auf den Stuhl neben ihr fallen. Dass ich auf dem besten Weg bin, ein waschechter Waschlappen zu werden, macht mir keine Angst. Die Vorstellung, dass ich alleine auf dieser pappsüßen, rosa Wolke lande, dagegen sehr.
Verflucht sei dieses beständige Glücksgefühl, das in meinem Bauch kribbelt und mein Herz schneller schlagen lässt.
Oder doch nicht?
Ich erinnere mich an die Aussage vieler meiner Freunde: »Wahre Männer empfinden nicht so ...«, lautet sie. Und sie wird so lange wiederholt,
Weitere Kostenlose Bücher