Mein ist dein Herz
bis auch der Letzte restlos von deren Wahrheitsgehalt überzeugt ist. Entspricht es allerdings der Wahrheit, oder einfach nur einer falsche Überzeugung?
... nun dann will ich auch kein ›wahrer‹ Mann sein! In meinen Augen darf sogar der härteste Macho den verliebten Narr raushängen lassen, wenn er auf seine Herzkönigin trifft.
M ein generell freier Tag neigt sich bereits dem Ende, als ich mir einen Ruck gebe und meinen Chef anrufe. Der zeigt sich überrascht, dass ich mir frei nehmen will, stimmt aber sofort zu und wünscht mir sogar viel Vergnügen.
Ich lege das Telefon wieder auf der Station ab und besuche zunächst das Bad, um mir die Müdigkeit aus dem Gesicht zu waschen, bevor ich mich auf die Suche nach Jane mache.
Doch kann ich sie nirgends entdecken. Weder im Wohnzimmer, noch in der Küche, wo Nancy zusammen mit meiner Mutter die Zutaten für das Abendessen kleinschneidet.
»Habt ihr Jane gesehen?«, frage ich schließlich.
»Oh, Sean! Sie ist so ein tolles Mädchen ...«, schwärmt Mum.
»Kurz, nachdem sie das Gratin in den Ofen geschoben hat, kam deine Schwester vorbei und hat sie ›a limine‹ entführt«, klärt mich Nancy freundlicherweise auf.
»Seit wann ist die Kleine denn wieder da?«, frage ich rein rhetorisch, weil ich mich sogleich umdrehe und den Raum verlasse.
Jeweils zwei Stufen auf einmal nehmend, steige ich die Treppe empor und trete, ohne vorher anzuklopfen, ins Zimmer meiner Schwester.
Jane sitzt tatsächlich auf ihrem Bett und bekommt gerade eine Einführung in die ›Justin Bieber - Fan Welt‹ á la Keana. Ausbreitung von allen CD´s, Plakaten und ausgedruckten Artikeln, inklusive.
»Wo hast du denn diese coole Braut aufgegabelt, Sean? Wusstest du, dass sie eine Facebook-Freundin von Justin ist?«, kreischt Keana.
Pardonlos, ergo typisch für eine Fünfzehnjährige!
»Wenn du sie so cool findest, solltest du dich ein bisschen zurücknehmen, ansonsten vergraulst du sie ...«
»Nicht doch ... ich bin von deiner kleinen Schwester regelrecht verzaubert!«
»Darf ich dich dennoch aus ihrer pubertären Atmosphäre entführen?«
»Nur, wenn ich bald wiederkommen darf ...«, antwortet Jane und sorgt damit für einen glücklichen Glanz in den Augen des Nesthäkchens im Hause Wildmann.
Auch mir sagt die Vorstellung überaus zu, dass sie sich bei uns wohl fühlt und auf ein Wiedersehen hofft. Allerdings gibt es da noch viele Fragen, die mir unter den Fingernägeln brennen, deren Antworten ich aber erst dann einholen kann, wenn wir beide allein sind. Also warte ich, bis Jane aufsteht, reiche ihr die Hand und ziehe sie hinter mir her in mein Zimmer.
Hier angekommen warte ich geduldig ab, bis sie ihren Rundgang beendet, und stimme derweil meine Gitarre.
»Klingt satt!«, erkennt sie und setzt sich zu mir.
»Du verstehst was von Gitarren?«
»Nur ein wenig.«
»Spielst du?«, rate ich und erinnere mich sogleich daran, dass sie angeblich mehrere Instrumente beherrscht. Ob sie mein Traumfraukriterium Nummer drei erfüllt und dieselbe Leidenschaft mitbringt, wie ich?
»Ich tu meistens so, als ob ich es könnte ...«, lächelt sie. »Ist das eine Ibanez?«
Kurzerhand reiche ich ihr mein Schätzchen und beobachte, wie ihre grazilen Finger zielsicher den Steg umfassen.
BINGO!
Hammer!
Okay! Könnte mich jemand zwicken? Ich glaub, ich träume gerade den längsten und schönsten Traum meines Lebens. Diese Frau kann es nicht in der Wirklichkeit geben. Das geht nicht! Zumindest nicht ohne einen Haken!
»Bin ich tot, Jane?«, höre ich mich leise fragen.
»Was?«
»Ich frage dich, ob ich tot bin ...«, versuche ich mich in einer Erklärung. »Ob ich letzte Woche bei der Schlägerei umgekommen und nun im Himmel gelandet bin ...«
»Wie kommst du denn auf diese Idee?«
Sie stellt die E-Gitare auf den Ständer zurück und geht vor mir in die Knie.
»Weil ... es ... ansonsten nicht so perfekt sein darf. Du, deine Art, wir, dein Umgang mit meiner Familie ... ist ›a little bit too much‹. Meinst du nicht auch? Verwandelst du dich gleich in einen Dämon, Vampir oder Werwolf und bringst mich um? Oder bist du eher ein Engel, der mir die Seele aus dem Leib reißt und auf breiten Schwingen davonträgt?«
Mit jedem absurden Wort wird Jane ernster und ich fürchte schon, dass sie gleich nickt. Sie setzt sich stattdessen auf den Boden und schmiegt ihre Wange an meine nach oben gedrehte Handfläche.
»Hast du also auch das Gefühl, dass nur noch ein sprechendes Kaninchen fehlt, der
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