Mein ist dein Herz
Abtreibung?!?
Jeglichen Schmerz wandle ich augenblicklich in Wut um, während der ›Dieb‹ sich nun an meinem Tränenfond bedient und von meinen Handrücken beim Entfernen der verräterischen Spuren unterstützt wird.
»Nein, das habe ich nicht! Und selbst wenn es so wäre, wüsste ich nicht, was dich das angehen sollte!«, antworte ich leise und doch bestimmt.
So ist das richtig! Immer schön kühl und distanziert bleiben.
»Abgesehen davon, dass es auch mein Kind wäre, gehst DU mich was an! Hast du das schon vergessen?«, fragt er nicht minder eisig.
»Ich glaube ja, dass du vergisst, wie wir verblieben sind. Du wolltest die Trennung!«, erinnere ich ihn.
»Warum bist du dann hier?«
»Gratis Essen, ein rundum sorglos Verpflegungspaket, Spritzen und null Privatsphäre inklusive!«, erkläre ich gespielt begeistert. »Die bessere Frage ist doch die, ob du überhaupt weißt, warum D U hier bist, meinst du nicht?«
»Sehr witzig, Bears! Ich weiß ganz genau, dass du Krankenhäuser auf die Pest nicht ausstehen kannst und ja, ich weiß es ...!« Den Grund behält er selbstverständlich für sich. Da hilft auch kein böses Stieren. »Wo ist Tyler?«
»Keine Ahnung!«, antworte ich und pferche meine Zehen in die Matratze, um so viel ›Standfestigkeit‹ wie möglich zu empfinden.
»Was ist mit dir?«
»Nichts!«
»Wenn du nicht sofort mit der Sprache herausrückst, rufe ich deine Eltern an und bitte sie hierher!«, droht er.
»Das wagst du nicht!«
»Denkst du?«
Alles könnte ich ignorieren ... tausende böse Blicke, nur nicht diese Androhung. Sie wirkt. Sean kennt mich einfach zu gut und weiß demnach auch, wo die ›druckempfindlichen‹ Punkte sind.
Über den Umstand hinwegsehend, dass ich außer dem Arbeits-T-Shirt lediglich eine Krankenhausunterhose trage - frische Sachen hat mir ja keiner vorbeigebracht - springe ich auf und will eigentlich auf der Toilette verschwinden, gerate aber ins Schwanken. Das beschert mir eine ausnahmsweise äußerst damenhafte Landung in Seans sogleich stützenden Armen und die Demonstration seines ›süß aber besorgt‹ Blickes.
»Ja, ja! Schon gut! Du hast mir bewiesen, dass du eine tolle Reaktion hast ...«, schimpfe ich mit geröteten Wangen. »... nun lass los.«
Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht, berührt dabei ganz sachte die eh schon erhitzte Haut und raubt mir dadurch den Atem. Dass ich ihn wie wahnsinnig vermisst habe, steht mir bestimmt in dicken Lettern auf der Stirn geschrieben, trotzig, wie ich allerdings bin, würde ich dies nicht Mal dann zugeben, wenn mein Fortbestand davon abhängig wäre.
»Was soll ich nur mit dir machen? Wie soll ich dich beschützen, wenn der größte Angriff auf deine Psyche aus deiner eigenen Mitte kommt?«, fragt er. Rhetorisch versteht sich, da niemand ernsthaft eine Antwort darauf geben könnte. Ich am allerwenigsten.
»Ich muss mal!«, wispere ich fieberhaft an seine Lippen und gebe mir umgehend einen imaginären Arschtritt dafür.
Er lächelt schwach, verstärkt seine besitzergreifende Umarmung und haucht mir einen Kuss auf die Schläfe. Eine direkte Erinnerung an unseren Anfang, die Schönheit und Leichtigkeit unserer Beziehung und all die Sachen, die ich am meisten vermisse.
»Soll ich dich begleiten?«
»Nein!«, japse ich und untermale dies durch ein heftiges Kopfschütteln. »Spinnst du?«
»Vielleicht ...«, raunt er mit jener Stimme, die in mir den Zweifel weckt, ob ich wirklich für kleine Mädchen muss. Nur wenige Wimpernschläge später steht fest, dass meine volle Blase sich tatsächlich nur deswegen zu Wort gemeldet hat, weil das ANDERE Gefühl meine Sinne in diese Regionen lotst.
Plötzlich wird mir auch klar, warum es manchmal von Vorteil ist, auf seinen Arzt zu hören. Darf ich überhaupt schon, sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Sean mich ebenfalls will?
Shit!
Viel zu widerwillig löse ich mich aus seiner Umarmung, ignoriere seinen glühenden Blick und verschwinde im winzigen Bad. Pardon! Toilettendusche trifft es wohl eher.
Himmel! Wie schau ich denn aus?
Chaos auf dem Kopf, Schlafzimmerblick, wundgebissene Unterlippe und der berühmt berüchtigte, sehnsüchtige Blick. Perfekt, oder? Welch Glück ich doch habe, dass das Krankenhaus wenigstens eine Zahnbürste und Mini-Zahnpastatube bereitgestellt hat. Die Haare kämme ich nämlich seit Tagen mit meinen Fingern.
Nachdem mein Aussehen notdürftig in einen vorzeigefähigen Zustand gebracht wurde, tapse ich aus dem Bad
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