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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Kripo schaffte sie. Dabei war sie im
letzten Jahr gerade mal dreißig Jahre alt geworden. Sie
fragte sich, wie das in zehn Jahren sein würde und gähnte
herzhaft.         
    Das Klingeln des
Telefons malträtierte ihren Schädel. Sorgenvoll versuchte
Franka, die Schlaftrunkenheit abzuschütteln und griff nach dem
Telefon. Sie fragte sich zuerst, wie fast immer, instinktiv, ob
ihrer pflegebedürftigen Mutter etwas zugestoßen
war.
    Bis vor kurzem hatte
die Kommissarin noch in Berlin gearbeitet. Doch jetzt wollte sie da
sein für ihre Mutter, wollte ihr ein Stück von dem
zurückgeben, was sie ihr gegeben hatte, als sie selber noch
ein Kind gewesen und auf die Hilfe der Mutter angewiesen war. Die
Dinge änderten sich, und aus dem kleinen Mädchen Franka
war eine erwachsene, selbstbewusste Frau geworden, die sich
täglich gegen männliche Kollegen behaupten
musste.
    Berlin war kein
Zuckerschlecken gewesen, doch sie war hart im Nehmen, wollte in den
Polizeidienst der Hauptstadt und hatte sich dort immer wieder
bewiesen. Doch es hatte sie zurück in ihre Heimat im
Bergischen Land gezogen. Der Grund war aber nicht die Tatsache,
dass man in der Hauptstadt mit weitaus härteren Bandagen
kämpfte als in der Heimat.
    Edith Hahne war
für Franka der Grund gewesen, sich zurück in ihre
Heimatstadt versetzen zu lassen. Vier Jahre lang hatte Franka als
Kripobeamtin in Berlin gearbeitet. Doch Berlin war ein hartes
Pflaster, an allen Fronten kämpfte man dort, und zum Teil
vergeblich, gegen das organisierte Verbrechen, gegen Drogen und die
Prostitution. Das alles gab es in Wuppertal zwar auch, doch es war
einige Nummern kleiner als Berlin, und im Vergleich zur Hauptstadt
ging es hier fast beschaulich zu.
    Nun lebte sie schon
seit fünf Monaten wieder im Bergischen Land. Was soziale
Kontakte betraf, war sie quasi neu in der Stadt. Viele ihrer alten
Jugendfreundinnen waren weggezogen, glücklich verheiratet oder
längst Mutter - sie hatten weder Zeit noch Interesse gehabt,
sich mit Franka zu treffen. Also stand Franka in Wuppertal vor
einem Neuanfang. Schon nach wenigen Wochen hätte sie fast ein
Verhältnis mit Bernd Krüger, dem Kollegen von der
Spurensicherung, angefangen. Er hatte ein Auge auf sie geworfen und
machte keinen Hehl aus seiner Zuneigung zu der jungen Kommissarin.
Doch Franka hatte es verstanden, ihn auf Distanz zu
halten.
    »Kommt Zeit,
kommt Liebe - vielleicht«, hatte sie ihm damals gesagt, als
er ihr unumwunden eingestanden hatte, in sie verliebt zu sein.
Krüger war ein netter Kerl: Anfang dreißig, groß,
muskulös, strahlend blaue Augen und ein knackiger Hintern. Er
war erfolgreich und beliebt bei den Kollegen, und er hatte einen
großen Nachteil: Er war verheiratet.
    Das schnurlose Telefon
lag auf dem Tisch, und der aktivierte Vibrationsalarm ließ
das Gerät nun mit dem Surren einer wütenden Hummel
über die Tischplatte wandern. Franka sprang auf und angelte
nach dem Telefon. Gestern erst hatte sie sich einen Rammstein- Song
als Klingelton aufgespielt. Mit einem Blick auf das Display stellte
Franka fest, dass der Anruf aus dem Präsidium kam.
    Immerhin ist nichts
mit Mutter, dachte sie erleichtert, während sie die grüne
Taste drückte und sich meldete.
    Am anderen Ende der
Leitung war Michael Stüttgen. Ihr Kollege. So wie sie hatte er
heute Bereitschaft im KK 11, dem Kommissariat für Brand- und
Tötungsdelikte. Der Dienstplan des Polizeipräsidiums sah
vor, dass jeweils zwei Kollegen Bereitschaft hatten; meist ein
erfahrener Kommissar und ein junger Kollege. In diesem Fall war
Franka die jüngere Kollegin. Im Arbeitsalltag waren sie ein
Team, und wie so oft in letzter Zeit schob er eine Zusatzschicht.
Sie wusste, dass Micha private Probleme hatte und auf das Geld
angewiesen war, das ihm die Zusatzschichten brachten.
    »Es gibt
Arbeit«, kam er ohne Umschweife auf den Punkt. »Die
Kollegen von der Kriminalwache haben eben angerufen. Tut mir leid,
aber ich fürchte, du musst deinen süßen Hintern
noch mal in die Kälte der Nacht bewegen. Wir haben eine
Leiche, weiblich, ziemlich übel zugerichtet …« Er
nannte ihr die Adresse und legte auf, ohne Frankas Antwort
abzuwarten.
    »Kein Problem,
ich komme. Hatte sowieso nichts vor heute«, maulte Franka und
blickte kopfschüttelnd auf das Display, bevor sie das Handy
zurück auf den Tisch legte. Sie erhob sich, verschwand im Bad,
wusch sich das Gesicht und schlüpfte in die Klamotten, die sie
sich bereitgelegt hatte. Für solche Fälle war sie

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