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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Straßen. Doch als sie sich umwandte, erblickte sie nur einen
orangefarbenen Unimog der Straßenmeisterei. Und wer war der
Mann hinter dem Steuer dieses Ungetüms? War es ein Psychopath,
der im richtigen Moment das Steuer nach rechts riss und mit seinem
tonnenschweren Gefährt zu einer tödlichen Gefahr
würde?
    Nein, es sind alles
Menschen wie du und ich. Er arbeitet, macht seinen Job und ist
sicherlich auch froh, wenn er zuhause bei seiner Frau und den
Kindern sein kann. Das Rasseln des Schneeschiebers
näherte sich unaufhaltsam, und Lenas
Gewissen wurde von Zweifeln geplagt.
    Wie schwer war es,
sich ein solches Geschoss unter den Nagel zu reißen, um damit
wehrlose Opfer zu überfahren? Sie war sicher, dass es keine
Chance gab, wenn sie der Mann hinter dem Steuer erst einmal mit
seiner schweren Schneeschaufel erwischt hatte. Als sie sich wieder
umwandte, sah sie den kantigen Schneepflug auf sich zukommen. Der
Motor dröhnte dumpf, die Rundumkennleuchte auf dem Dach der
Kabine schleuderte ihren grellen Lichtschein an die Fassaden der
umliegenden Häuser.
    Der Unimog
näherte sich rasselnd wie ein alter Armeepanzer und schob den
Matsch vor sich her. Die Unterkante des eisernen Schiebers erzeugte
immer wieder Funken, wenn der gehärtete Stahl auf einen Stein
traf. Ein Mann, der brav seinen Dienst machte, um den Autofahrern
eine gefahrlose Heimfahrt zu ermöglichen. Oder doch ein
Verrückter, der das Fahrzeug entwendet hatte und nun alles
niederwalzte, was sich ihm in den Weg stellte?
    Lena Hille keuchte,
als sie ihre Schritte beschleunigte. Im Laufen warf sie immer
wieder Blicke über ihre Schultern. Sie wusste, dass man es auf
sie abgesehen hatte.
    Sie wusste es einfach.
Nur nicht, warum.
    Der Schneepflug
näherte sich unaufhaltsam. Der Dieselmotor erinnerte sie an
einen alten Panzer aus den Geschichten ihrer Vaters. Sie hatten
Straßen passiert, die viel zu eng waren und alles
niedergewalzt, was sich ihnen zur Wehr gesetzt hatte. Ihr Vater
hatte immer erzählt, nie einen Fahrer darin entdeckt zu haben.
Panzerfahrer verbargen sich unter der zentimeterdicken Stahlschicht
ihrer fahrenden Waffen und erweckten für Außenstehende
den Eindruck, bei dem Panzer handele es sich um ein
führerloses Ungetüm, das nichts und niemand aufhalten
konnte. Als sie kurz innehielt, vernahm sie das Rasseln der
Ketten.
    Doch es war kein
Panzer der Besatzungsmächte - es war ein städtisches
Räumfahrzeug.
    Nicht mehr und nicht
weniger.
    Und der Unimog hatte
sich bis auf wenige Meter ihrem Standort genähert. Lena Hille
duckte sich atemlos in den Schatten eines Hauseingangs. Hier
würde sie der Mann im Fahrerhaus sicher nicht
entdecken.
    Sicherlich würde
er sich ein anderes Opfer suchen.
    Das schwere Fahrzeug
streute das Licht der gelben Rundumleuchte auf dem Dach rotierend
in die Nacht. Geisterhaft brach sich der Lichtschein an den
Fassaden der umliegenden Häuser. Vom Fahrer erkannte sie nicht
mehr als eine Silhouette, dann war das schwere Räumfahrzeug
auch schon vorbei.
    Lena Hille atmete
rasselnd aus. Sie spürte den brennenden Schmerz in der Brust.
Es war höchste Zeit, dass sie zum Arzt ging. Seit einiger Zeit
schien mit ihr etwas nicht zu stimmen. Diese Wahnvorstellungen und
diese schrecklichen Schmerzen in der Brust peinigten sie. Doch sie
hatte, ohne dass sie den Grund ihrer Beschwerden kannte,
schreckliche Angst vor der Diagnose des Arztes. Panikattacken
plagten sie immer wieder, und in diesen einsamen
Winternächten, noch dazu nach Einbruch der Dunkelheit,
fühlte sie sich ständig verfolgt und war sicher, eines
Tages das Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden.
    Doch der Schneepflug
entfernte sich. Das Rasseln des Schneeschiebers wurde leiser, auch
das dumpfe Brummen des Dieselmotors verebbte in der Nacht. Die
Schallglocke, die sich über der Stadt ausgebreitet hatte,
verschluckte jedes Geräusch, und sie lauschte dem Patschen
ihrer Wildlederstiefel, die sie sich im letzten Winter gekauft
hatte. Schick und undicht.
    Langsam beruhigte sich
ihr Puls, und sie blickte dem tonnenschweren Räumgerät
hinterher, ohne ihr Versteck zu verlassen. Das zuckende Licht des
Unimog war soeben um die Ecke der Wichlinghauser Straße
verschwunden, und das helle Rasseln schien in der schlafenden Stadt
zu verebben. Sie marschierte weiter und erreichte die
Fußgängerampel, die um diese Zeit abgeschaltet
war.
    Etwas am
Straßenrand irritierte sie.
    Da war es wieder,
dieses unbestimmte Gefühl der Angst.
    Die alte Dame
spürte den

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