Mein Ist Die Nacht
der Hagener Kollegen. »Wir wissen ja
jetzt schon, dass er aufgrund der Messerstiche verblutete. Wenn wir
einen Zusammenhang beider Taten voraussetzen, wurde die Klimmek das
Opfer eines sexuell motivierten Verbrechens, und ihr Freund musste
demnach sterben, weil er zum lästigen Zeugen geworden war. Die
Möglichkeit, dass es sich bei den beiden Morden um
verschiedene Täter handelt, können wir, glaube ich, mit
größter Sicherheit ausschließen. Sicherheit bringt
uns allerdings ein Vergleich der DNA, das dauert aber wohl
noch.«
»Wie gehen wir
also vor?«, fragte Micha ungeduldig und drückte den
Rücken durch.
»Wir werden das
Handy auswerten und uns die Wohnung von Mandy Klimmek
vorknöpfen«, schlug Franka vor und zwinkerte Micha zu.
Er grinste zustimmend.
Werner Zielke
räusperte sich laut hörbar. »Es dürfte schwer
werden, in der Brandruine der Fabrik die DNA des Täters zu
finden. Dennoch werde ich gleich mal rüberfahren und sehen, ob
es noch etwas gibt, das für uns interessant sein könnte.
In einem solchen Fall könnten wir nachweisen, dass Mandy
Klimmek tatsächlich in der Fabrik umgebracht
wurde.«
»Was ist mit
ihrer Kleidung?«, fragte Micha. »Ich meine, sie ist
sicherlich nicht so nackt, wie wir sie gefunden haben, zu der
Wohnung gelangt.«
»Ihre
Kleidungsstücke wurden wohl auch durch das Feuer
zerstört. Aber wie gesagt, ich werde nach dem Meeting zur
alten Fabrik fahren und mir einen Überblick
verschaffen.«
»Wir werden uns
um das gesellschaftliche Umfeld von Thomas Belter kümmern und
Sie dann umgehend informieren«, meldete sich nun Kommissar
Rieger aus Hagen zu Wort.
Bever war
einverstanden. Er schlug die Mappe zu und erhob sich. »Wir
treffen uns hier um 18 Uhr wieder.« Für ihn war die
Sitzung beendet. »Und dass mir keiner mit leeren Händen
wiederkommt!«
21
9.15
Uhr
Die Wohnung lag am
Röttgen in Elberfeld. Eine lieblose Ansammlung von
Hochhäusern mit Waschbetonfassaden, die ein Architekt Ende der
1960er-Jahre auf einer Anhöhe am damals noch grünen
Stadtrand verbrochen hatte. Entstanden war eine gesichtslose
Trabantenstadt, die über ein Schwimmbad, eine Bücherei
und über ein Einkaufszentrum verfügte. Doch der Glanz
längst vergangener Zeiten war verblichen - jetzt kämpfte
das Viertel mit den hohen Leerständen von Wohnungen und
Ladenlokalen. Bislang hatten sich Stadt und Investoren vergeblich
bemüht, dem Röttgen zu seinem alten Glanz zurück zu
verhelfen.
Nachdem Franka den
Wagen dreimal um den Block gelenkt hatte, fand sie eine freie
Parklücke und rangierte den Audi zwischen einen Lieferwagen und eine
Reihe Müllcontainer, die offenbar zur Leerung an der
Straßenrand geschoben worden waren. Sie stiegen aus und
betrachteten die Gegend.
»Du musst dich
doch wie im Osten fühlen«, brummte Micha, während
sein Blick an den Wohnsilos entlang streifte. »Ist fast wie
der Plattenbau drüben, was?«
Franka sparte sich
eine Antwort und schlug das kleine Notizbuch auf, in dem sie die
Anschrift von Mandy Klimmek notiert hatte.
»Von da oben aus
hat man bestimmt eine tolle Aussicht«, bemerkte sie und
deutete auf die eckigen Hochhäuser, die das Straßenbild
in diesem Teil der Stadt prägten.
Micha winkte mit einem
schiefen Grinsen ab. »Schönen Dank, ich hab'
Höhenangst.«
Franka fröstelte
und schlug den Kragen ihrer Steppjacke hoch. Immer, wenn sie
müde war, fror sie erbärmlich. Doch diesmal kam ein
eisiger Wind dazu, der zwischen den Häuserblöcken
hindurch fegte. Die Luft roch nach Schnee, und sie sehnte den
Frühling herbei. Seite an Seite stapften sie auf das Haus zu,
in dem Mandy gelebt hatte.
Franka erinnerte sich
daran, dass in einem dieser Häuser ihre Freundin Christina
gewohnt hatte. Als Kind war sie oft hier gewesen und hatte sich nie
sonderlich wohl gefühlt in diesen Häusern, die von einer
kühlen Anonymität beherrscht wurden. Am liebsten war es
ihr gewesen, wenn Christina sie bis zur Bushaltestelle gebracht
hatte. Den Weg durch das riesige Treppenhaus und den Aufzug hinab
hatte sie nur höchst ungern alleine zurückgelegt.
Unwillkürlich fragte sich Franka, was aus Christina geworden
war. Sicherlich war sie längst verheiratet und hatte Kinder.
Manchmal sehnte sie sich nach einem gutbürgerlichen Leben,
nach einem Leben, dass sie noch vor Kurzem als ödes
Spießerleben bezeichnet hatte.
»Ist
was?«, fragte Micha, dem nicht entgangen war, dass Franka
zögerte.
Franka schüttelte
den Kopf und lächelte. »Nein,
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