Mein Ist Die Nacht
Außerdem hat er sich
ziemlich geziert, uns die Liste mit den Wohnungsmietern
auszuhändigen.«
»Vielleicht
stimmt was mit den Abrechnungen nicht.« Er hatte die
Straße erreicht und blickte Franka an. »Was machen wir
mit der Liste?«
Franka seufzte.
»Was sollen wir damit machen? Wir müssen jedem Hinweis
nachgehen. Trotzdem könnte ich meinen Hintern darauf
verwetten, dass die Liste das Papier nicht wert ist, auf dem sie
gedruckt ist.«
»Wir sollten
sein Alibi für die betreffende Nacht
überprüfen«, überlegte Micha und ließ
den Wagen langsam durch den Ort rollen.
»Er ist
verheiratet, und er war bei seiner Frau.«
»Das behauptet
er. Was, wenn er nicht bei ihr war? Würde sie ihn decken, wenn
wir sie fragen würden? Uns ist nicht bekannt, wie es um die
Ehe der beiden steht. Und wenn es so war, wie wir annehmen, dann
hat er sich die Zeit mit einer hübschen jungen Frau
vertrieben. Einer Frau, die angeschafft hat. Ich hätte
große Lust, Baumann erkennungsdienstlich behandeln zu lassen.
Fingerabdrücke, DNA, das volle Programm. Allein schon wegen
seiner unmöglichen Art. Und wenn er seine dreckigen Finger an
Mandy Klimmek hatte, dann haben wir ihn. Und glaub mir, Baumann hat
Dreck am Stecken und ist bestimmt nicht der brave Ehemann, den er
uns eben vorgespielt hat.«
»Du meinst, er
hat die Klimmek auf einer entsprechenden Seite im Internet
kennengelernt?«
»Ich könnte
es mir gut vorstellen, Franka. Und ich könnte mir vorstellen,
dass seine Frau das nicht gutheißen würde, wenn wir sie
mit der Wahrheit konfrontieren.«
Die kleinen
Häuser des Eichenhofer Weges flogen an ihnen vorüber. Am
Kreisverkehr angekommen, nahm Micha die zweite Ausfahrt und bog in
die Schmiedestraße ein. Franka griff zum Telefon und
wählte Georgs Nummer. Von ihm gab es noch nichts
Neues.
»Wenn die beiden
in Kontakt zueinander standen, dann ist es sehr wahrscheinlich,
dass er einen Nickname benutzt hat. Und den herauszufinden, kann
dauern.«
»Was ist mit der
Benutzerkennung, dieser TP oder IP, oder wie ihr Computerfritzen
das nennt?«
»Die lässt
sich zuordnen, ist aber auch nur ein vager
Hinweis.«
»Und ich dachte,
sobald man sich im Internet bewegt, hinterlässt man seine
Spuren«, entgegnete Franka ein wenig enttäuscht.
»Diese Benutzerkennung ist doch so was wie ein
Personalausweis oder habe ich das beim letzten Lehrgang für
Internetkriminalität falsch verstanden?«
Georg lachte leise
auf. »Nein, das war schon richtig, was die euch da
beigebracht haben. Allerdings gibt es Möglichkeiten, das alles
zu umgehen. Möglichkeit eins: Er setzt sich in ein
x-beliebiges Internetcafe und legt sich eine imaginäre
E-Mail-Adresse zu. Dann kann er im Grunde genommen tun und lassen,
was er will. Wenn wir seine Spur zurückverfolgen, stoßen
wir dabei auf die Adresse des Internetcafes, mehr nicht.
Möglichkeit zwei wäre, dass er sich eines ziemlich neuen
Trojaners bedient. Wie du ja vielleicht weißt, sind Trojaner
Computerviren. Bei dieser Art von Trojanern nutzt Baumanns Computer
einen fremden Rechner als Server. Das heißt, er schleust sich
in ein x-beliebiges System ein und geht von dort aus ins Netz. Wenn
wir jetzt die Adresse zurückverfolgen, geraten wir an einen
unbescholtenen Bürger, der gar nichts davon bemerkt hat, dass
sein Rechner gehackt wurde. Die dritte Möglichkeit wäre
die Nutzung von W-Lan. Heutzutage kann fast jeder Rechner schnurlos
ins Netz. Dazu ist eine entsprechende Karte im Rechner verbaut, die
gleichermaßen Sender und Empfänger ist. Theoretisch
könnte Baumann mit einem Laptop durch die Straße fahren
und seinen Rechner ein unverschlüsseltes W-Lan-Netz suchen
lassen. Glaub mir, das dauert in der Stadt keine Minute, bis du zig
unverschlüsselte Zugänge findest, über die du
unerkannt surfen kannst. Und auch hier merkt das keine Sau.«
Georg holte Luft. »Und Möglichkeit vier ist, sich bei
einem Anonymisierungsdienst einzutragen. Dann landen die Daten
niemals da, wo sie eigentlich landen sollten. Glaub mir, da gibt es
die geilsten Programme, um völlig unerkannt zu surfen. Ehrlich
gesagt, habe sogar ich da Probleme, an die gewünschten
Informationen zu kommen, Franka. Und außerdem …«
Er redete mal wieder ohne Punkt und Komma, und unwillkürlich
musste Franka schmunzeln. »Also, du siehst, ganz so einfach
ist das mit der IP nicht mehr
heutzutage.«
»Aber es muss
doch eine Möglichkeit geben …« So leicht wollte
Franka nicht aufgeben. »Kannst du bitte die
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