Mein ist die Stunde der Nacht
zweiten Stuhl in der vierten Reihe. Sie hörte, wie sich die Tür zum Theatersaal öffnete, drehte sich um und erblickte Jake Perkins, den Reporter der Schülerzeitung.
»Dr. Sheridan?« Der scherzhafte Ton in der Stimme des Angestellten war verschwunden.
»Ja?« Jean merkte, dass sie ihr Handy fester umklammerte. Es ist irgendetwas geschehen, dachte sie. Irgendetwas stimmt nicht.
»Das Zimmermädchen war in Miss Wilcox’ Zimmer. Sie hat nicht in ihrem Bett geschlafen. Ihre Kleider sind noch im Schrank, aber dem Mädchen ist aufgefallen, dass einige ihrer Toilettenartikel, die auf dem Frisiertisch lagen, nicht mehr dort sind. Glauben Sie, dass es ein Problem gibt?«
»Oh, wenn sie ein paar Dinge mitgenommen hat, würde ich sagen, nein. Vielen Dank.«
Laura legt bestimmt keinen großen Wert darauf, dass ich ihr nachspioniere, falls sie mit jemandem durchgebrannt ist, dachte Jean. Sie drückte auf den Knopf, um das Gespräch zu beenden, und klappte den Deckel zu. Aber mit wem konnte sie zusammen sein? Wenn man Gordon Glauben schenkte, hatte er sie abblitzen lassen. Er sagte, sie habe mit Jack Emerson geflirtet, aber darüber hatte sie weder Mark noch Robby noch Carter vernachlässigt. Gestern beim Mittagessen hatte sie mit Mark gescherzt, seine Sendung sei doch so erfolgreich, und vielleicht sollte sie bei ihm in Therapie gehen. Dann sagte sie zu Carter, sie würde wahnsinnig gern bei einer Broadway-Show mitwirken, und später war sie auf einen Gute-Nacht-Drink mit Robby in der Bar.
»Dr. Sheridan, könnte ich Sie kurz sprechen?«
Jean wirbelte herum. Sie hatte Jake Perkins völlig vergessen. »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte er unbekümmert, »aber könnten Sie mir vielleicht sagen, ob Miss Wilcox heute hier erwartet wird?«
»Ich kenne ihre Pläne nicht«, erwiderte Jean mit einem abwehrenden Lächeln. »Aber jetzt muss ich wirklich wieder zu meinem Tisch.«
Laura hat sich vermutlich beim Dinner gestern Abend jemanden angelacht und ist mit ihm weggegangen, dachte sie. Wenn sie nicht abgereist ist, dann muss sie unweigerlich irgendwann wieder im Hotel aufkreuzen.
Jake Perkins musterte Jeans Miene, als sie an ihm vorüberging. Sie macht sich Sorgen, dachte er. Vielleicht, weil Laura Wilcox nicht erschienen ist? Mein Gott, wäre es möglich, dass sie verschwunden ist? Er zog sein Handy hervor, rief das Glen-Ridge House an und verlangte nach der Rezeption. »Ich soll einen Blumenstrauß für Miss Laura Wilcox liefern«, sagte er, »aber man hat mir gesagt, ich soll mich erst erkundigen, ob sie noch nicht abgereist ist.«
»Nein, sie ist noch nicht abgereist«, sagte der Angestellte, »aber sie hat die letzte Nacht nicht hier verbracht, deshalb kann ich nicht sagen, wann sie kommen wird, um ihr Gepäck zu holen.«
»Wollte sie das ganze Wochenende bleiben?«, fragte Jake möglichst gleichgültig.
»Sie wollte ursprünglich gegen zwei Uhr abreisen. Sie hat ein Taxi für Viertel nach zwei bestellt, das sie zum Flughafen bringen soll, also weiß ich auch nicht, was Sie mit Ihren Blumen am besten machen.«
»Gut, dann werde ich bei meinem Auftraggeber nachfragen. Danke.«
Jake unterbrach die Verbindung und steckte das Handy zurück in die Tasche. Ich weiß schon, wo ich um zwei Uhr sein werde, dachte er – in der Empfangshalle im Glen-Ridge. Dort warte ich ab, ob Laura Wilcox auftaucht.
Langsam schlenderte er den Flur entlang zurück zum Theatersaal. Angenommen, sie taucht nicht mehr auf, dachte er. Angenommen, sie bleibt verschwunden. Wenn das passiert
… Er spürte ein nervöses Kribbeln und begriff, was es war – die Vorahnung eines Journalisten auf eine ganz heiße Story. Das ist eine Nummer zu groß für die Stonecroft Academy Gazette , dachte Jake. Das wäre etwas für die New York Post . Ich werde das Foto von der Tischrunde vergrößern lassen und es für den Artikel bereithalten. Er sah die Schlagzeile vor sich: »Weiteres Opfer aus der Unglücksklasse.« Nicht schlecht.
Oder vielleicht: »Und dann blieb nur noch eine.« Noch besser!
Ich habe ein paar wirklich gute Aufnahmen von Dr. Sheridan gemacht, dachte er. Die werde ich auch vergrößern lassen, um sie der Post zeigen zu können.
Als er die Tür zum Theatersaal öffnete, hatten die versammelten Gäste gerade angehoben, das Schullied zu singen. »Stonecroft, wir bejubeln dich; du Ort unserer Träume …«
Das Jubiläumstreffen ging seinem Ende entgegen.
28
»ICH FÜRCHTE, JETZT muss ich mich verabschieden, Jean. Es war schön,
Weitere Kostenlose Bücher